Weiter Aufregung um radikale Moschee: Im Mai predigte man am Salafisten-Standort in der Josefstadt, “menschengemachte” Gesetze abzulehnen. Die Betreiber der Moschee wollten die Infos dazu nun diskret verschwinden lassen – vergeblich. Das Innenministerium gibt sich indessen bedeckt.
Ein unscheinbares Kellerlokal am Wiener Gürtel ist Teil eines extremistischen, Al-Qaida-affinen Netzwerkes – das förderten ZackZack-Recherchen am Mittwoch zu Tage. Immer wieder gehen in der “En-Nasiha”-Moschee radikalisierte Jugendliche ein und aus, demokratiefeindliche Prediger werden eingeladen; in einer mit der Moschee eng vernetzten Telegram-Gruppe wird verstörende Hetze betrieben. Auf Nachfrage gab die Islamische Glaubensgemeinschaft an, dass man aktuell eine Auflösung der Moscheegemeinde prüfe.
Kurs gegen “menschengemachte Gesetze”
ZackZack liegt nun ein weiterer Beleg vor, dass an dem Standort in Wien-Josefstadt staatsfeindliche Töne angeschlagen werden. Auf dem offiziellen Telegram-Kanal der Moschee, in dem – oberflächlich gesehen – nur nüchterne Veranstaltungshinweise und Gebetstermine geteilt werden, lud man heuer im Mai zum Islamkurs “Das Urteilen mit menschengemachten Gesetzen.”
Das für die Kurse verwendete Werk geht auf den saudischen Mufti Muhammad Ibnu Ibrahim zurück, der die Abhandlung um das Jahr 1960 herum verfasste. Darin argumentierte er, dass die Einhaltung menschengemachter Gesetze im Gegensatz zur Scharia einen Unglauben (“Kufr”) darstellt, der sogar zum Ausschluss aus dem Islam führen würde. Hintergrund waren damals Streitereien um die politische Führung auf der Arabischen Halbinsel. Bei radikalisierten Personen spielt das Werk immer wieder eine Rolle, wie vom Verein Derad, der auf islamistischen Extremismus und Deradikalisierung spezialisiert ist, bestätigt wird: “Der Mufti hat das Werk Jahre später relativiert und den möglichen Ausschluss aus dem Glauben massiv abgeschwächt. Extremistische Gruppen wie Al-Qaida oder den IS leugnen das jedoch bewusst, um die politischen Herrscher in Saudi Arabien und anderen Staaten zu Ungläubigen zu erklären und sie zu delegitimieren.”
ZackZack konfrontierte damit schon am Dienstag die Moschee, die mit der Lehre dieser Uralt-Version die Regeln des Rechtsstaates völlig konterkarieren würde. Eine Antwort gab es nicht. Dafür verschwand das Sujet zur Veranstaltung nun ganz plötzlich aus dem Kanal, wurde zuvor aber freilich gesichert.
Dabei handelt es sich nicht um die einzige Verschleierungs-Aktion seit den ZackZack-Recherchen. In einer mit der Moschee verbundenen, zweiten Telegram-Gruppe, in der laufend extremistische Inhalte und Dschihad-Verherrlichung betrieben wird (wir berichteten), verschwand seit Mittwoch ebenfalls “rein zufällig” ein Beitrag. Ein Video aus dem Inneren der Moschee vom heurigen August wurde dort nun gelöscht. Ein weiterer Beleg dafür, wie eng die Moschee mit dem Kanal vernetzt ist – und wie dreist man nun versucht, zu tricksen.
Innenministerium bleibt Antwort schuldig
Beobachter fragen sich schon seit Längerem, warum der Standort bislang unbehelligt blieb und dort etliche Jugendliche indoktriniert werden konnten. ZackZack fragte dazu beim Innenministerium nach, wo man auf den einzelnen Fall jedoch nicht eingehen möchte. Nach ZackZack-Informationen stand der Verfassungsschutz mit dem Moschee-Standort im Zuge von Sicherheitsdialogen jedenfalls schon ab 2016 in Kontakt. Wie fruchtvoll diese verliefen, sei dahingestellt.
Aus der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) wird allgemein mitgeteilt: “Im Bereich der islamistischen Szene ist die Bedeutung von Moscheen in den letzten Jahren tendenziell zwar zurückgegangen, einschlägige Moscheen dienen dennoch weiterhin als Treffpunkt und zum Teil als Hubs für Radikalisierung und Rekrutierung.”
Und man beteuert: “Wo extremistische Vorkommnisse, Akteure, sowie Örtlichkeiten der islamistischen und jihadistischen Szene bekannt werden, wird diesen im Rahmen der Aufgabenerfüllung nachgegangen. Strafrechtlich relevante Sachverhalte werden umgehend bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht.” Ob dies etwa mit Hassbotschaften wie den “Tod als beste Medizin” für Homosexuelle passiert ist, bleibt weiter unklar.
Titelbild: ZackZack-Montage