Viele SPÖ-Bürgermeister in der Steiermark wollen nach dem Wahlsieg der FPÖ auf Landesebene eine Rot-Blaue Koalition formen. SPÖ-Chef Andreas Babler sieht das zwar ungern, Altlandeshauptmann Franz Voves würde sogar aus der Partei austreten.
Kurt Wallner, SPÖ-Bürgermeister in Leoben, immerhin zweitgrößte Stadt in der Steiermark, nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Zur Koalition mit der FPÖ von Mario Kunasek in der Steiermark gab er in der Zeit im Bild 2 im Interview mit Armin Wolf Einblicke in das Stimmungsbild der steirischen Sozialdemokratie: es sei „fast einhellig die Meinung vorherrschend, dass wir mit der FPÖ Gespräche führen sollten.“ Auch in der internen ZackZack-Umfrage ist die FPÖ-SPÖ Variante in der Steiermark mit Abstand die beliebteste.
Vranitzky-Doktrin zu Ende
Wallner sagte außerdem: „Prinzipiell glaube ich, dass diese Festlegung, mit einer Partei überhaupt nie koalieren zu wollen, falsch ist. Denn man engt sich ja den realpolitischen Spielraum ein.“
Damit wäre die sogenannte Vranitzky-Doktrin – ZackZak berichtete über den berühmten Parteitagsbeschluss von Altkanzler Franz Vranitzky, die eine Zusammenarbeit zischen SPÖ und FPÖ ausschließt, endgültig Geschichte. Anders als von Franz Vranitzky im Standard vor kurzem dargestellt, war für den Altkanzler eine Zusammenarbeit mit der FPÖ auch auf Landesebene ein rotes Tuch. So verurteilte Vranitzky etwa im Jahr 2015 die Regierungsbildung zwischen SPÖ und FPÖ im Burgenland unter SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl, scharf. Jetzt widersprach er sich im Standard selbst: „ich war dafür, dass die Bundesländerparteien ihre Regierungsbündnisse autonom entscheiden sollen. Das sehe ich auch heute noch so“, sagte Vranitzky am Mittwoch. „Vieles von damals, 1986, ist heute nicht mehr anwendbar“, fügte der Altkanzler hinzu – und gab Hinweise darauf, dass die Vranitzky-Doktrin veraltet sei.
Am Montag wurde nicht nur der steirische SPÖ-Chef Anton Lang im Amt bestätigt. Er bekam vom Landesparteitag auch das Mandat, mit allen Parteien Koalitionsgespräche zu führen.
Babler „nicht glücklich“ – Voves vor Parteiaustritt
Im Gespräch mit der „Krone“ zeigte sich SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler alles andere als glücklich über die sich anbahnenden Gespräche zwischen SPÖ und FPÖ in der Steiermark. Aber: er werde die „politische Willensbildung“ im südlichen Bundesland zur Kenntnis nehmen – da er ohnehin kein Durchgriffsrecht in die Länder habe.
Auf Bundesebene schließt Babler eine Koalition mit der FPÖ nach wie vor aus.
Spannend würde bei einer Rot-Blauen Koalition auch die Parteizukunft von Ex-Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) sein. Dieser ließ im Februar 2023 zu seinem 70ten Geburtstag verlautbaren: „Bei FPÖ-SPÖ trete ich aus!“ Voves präzisierte: „Ich sage es in aller Deutlichkeit: Sobald in der steirischen SPÖ oder im Bund jemand vorhat, mit der FPÖ zu regieren, dann werde ich nach 44 Jahren meine SPÖ-Mitgliedschaft zurücklegen.“
Drexler in Bedrängnis
Stark wackeln dürfte indessen der Posten von ÖVP-Steiermark-Chef Christopher Drexler. Wirtschaftsverbände innerhalb der Partei drängten auf einen raschen Rücktritt, berichtet die Krone. Diese würden sich wohl eine schnelle Einigung zwischen ÖVP und FPÖ in der grünen Mark wünschen.
Drexler geriet zuletzt auch in die Schussbahn der ÖVP-Bundespartei. Nach dessen Kritik an den Koalitionsverhandlungen der Bundespartei mit der SPÖ und den NEOS, mahnte Generalsekretär Stocker von Drexler Zurückhaltung ein: „Ich wäre vorsichtig bei Schuldzuweisungen“ drohte Stocker im Ö1-Morgenjournal. Drexlers Kredit in der Bundespartei scheint schon größer gewesen zu sein.
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