Der wichtigste Mann, um den es bei den laufenden Regierungsverhandlungen geht, ist gar nicht dabei. ÖVP, SPÖ und Neos können sich nicht einigen, ob Stefan Pierer Vermögenssteuern zahlen soll.
Wer wissen will, warum das wichtig ist, sieht am besten in die Zahlen des Internehmens. Der erste Halbjahres-Finanzbericht 2024 zeigt vor allem eines: dass die Pierer Mobility AG Monate vor der Pleite noch 17,1 Millionen Euro an Dividenden auszahlte.
Wäre Pierer Milchbauer, dann würde ich jetzt möglicherweise über eine kranke Kuh, die bis zum Schluss gemolken wurde, schreiben. So schreibe ich darüber, wer die Dividenden bekommen hat. Auch das findet man im Pierer-Finanzbericht.
Von den 67,6 Millionen Euro, die noch 2023 an Dividenden ausbezahlt wurden, ging fast alles an „beherrschende Anteile“. Der beherrschendste Anteil ist nach wie vor Stefan Pierer.
Für 2025 rechnete man im Halbjahresfinanzbericht 2024 mit einem weiteren Freudentag: „6. Mai 2025: Dividenden-Zahltag“.
Offene Taschen
Das ist bekanntlich anders gekommen. Pierers Unternehmen ist pleite. Aber Pierer selbst ist es nicht, genauso wie René Benko, Martin Ho, Sigi Wolf und die anderen Vorzeigeunternehmer von Sebastian Kurz.
Karl Nehammer, Beate Meinl-Reisinger und Andreas Babler wissen das wohl alle. Sie wissen auch, dass Pierer immer offene Taschen für öffentliche Förderungen hatte und dass das Finanzministerium nicht viel besser dasteht als die Pierer Mobility AG.
Finanzminister Magnus Brunner hat bis zum Schluss verschwiegen, dass die ÖVP unter Kurz und Nehammer das Budget ruiniert hat. Brunner hat sich rechtzeitig in Brüssel in Sicherheit gebracht. Nehammer, Babler und Meinl-Reisinger verhandeln jetzt, wer für das kaputte Budget zahlen soll.
Auch das kann man gut am Beispiel von Pierer Mobility beschreiben. ÖVP und Neos wollen, dass die zahlen, die gerade um ihre Arbeitsplätze zittern: mit Steuern auf ihre Arbeit und ihren Konsum.
Leistungsträger
Im Gegensatz zu seinen Beschäftigten ist Stefan Pierer ein „Leistungsträger“. Er soll sich auch weiterhin alles leisten können. Die Gewinnsteuern von Pierer & Co. sollen gesenkt werden, Vermögenssteuern kommen nicht in Frage. Die Begründung dafür lautet: „Geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut.“ Auf ÖVP-Deutsch heißt das: „Geht es Pierer gut, geht es uns allen gut!“
Pierer geht es nach wie vor gut. Wie der Dornauer-Abschuss zeigt, geht es auch René Benko gut. Weniger gut geht es Tausenden Beschäftigten, für die „Mobility“ demnächst Kündigung heißen kann.
Die blaue Braut
Karl Nehammer stellte der SPÖ bereits das X-Ultimatum: Sollte die SPÖ auf Vermögenssteuern bestehen, sind die Verhandlungen „schnell zu Ende“. Für ihn steht fest: Pierer & Co. darf kein Vermögenshaar gekrümmt werden.
Die SPÖ hat damit die Wahl zwischen Ende der Koalitionsverhandlungen und Ende der SPÖ. Wenn sie den Nehammer/Meinl-Reisinger-Kurs mitträgt, werden ihre verbliebenen Wählerinnen und Wähler die Budget-Rechnung zahlen. Ein weiterer Teil wird zur FPÖ abwandern, auch, weil die Steiermark zeigt, dass FPÖ und SPÖ ohnehin miteinander können.
Darüber wird jetzt in der SPÖ von Wien bis Graz gestritten werden. Nächste Station im türkisen Drehbuch ist dann Mitte Dezember. Da kann Nehammer feststellen, dass es mit der SPÖ nicht geht. Dann ist der Weg zur FPÖ frei.
ÖVP und SPÖ hätten dann gemeinsam etwas geschafft, was vor wenigen Jahren niemand für möglich hielt: dass die FPÖ die Braut wird, um die beide werben. Herbert Kickl freut sich schon auf beide.