Montag, Januar 20, 2025

Putin & Benko: So gefährdet ist das Raiffeisen-Imperium

Droht im Raiffeisen-Bankenkonzern eine zweite Hypo Alpe Adria? Das Russlandgeschäft und die Benko-Kredite bringen das Giebelkreuz in Schieflage.

Über ein Thema wird in den meisten österreichischen Medien laut geschwiegen: die Zukunft der Raiffeisenbanken. Von der Raiffeisenbank International (RBI) über die Landesbanken muss das System Raiffeisen mit großen Schwierigkeiten kämpfen. Allen voran die Geschäfte in Russland trüben die Euphorie des Bankenimperiums. Denn unbeschadet wird die Raiffeisen kaum aus Moskau entkommen. Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist Raiffeisen längst eines der größten Sorgenkinder: „Die EZB sieht die RBI derzeit sehr, sehr kritisch”, zitiert das Handelsblatt erst im November einen Insider.

Im Würgegriff Putins

Grund für die verzwickte Lage in Russland sind einerseits die Sanktionen der EU und der USA, wodurch russische Banken nur sehr schwer am internationalen Zahlungsverkehr teilnehmen können. Andererseits ist die Zwangsverstaatlichung durch Putin ein ernstzunehmendes Szenario, mit dem sich die Bank auch selbst beschäftigt. Die Raiffeisenbank International (RBI) ist auf der westlichen und der russischen Front in Bedrängnis. Sie darf sich keine Fehltritte erlauben.

Warum die russische RBI-Tochter AO Raiffeisenbank so bedeutend ist, verrät ein Blick auf das Firmengeflecht des Raiffeisen-Bankenkonzerns. Die russische Tochterbank ist eine 100-Prozent Tochter der RBI. An der RBI sind wiederum zahlreiche Landesbanken beteiligt, allen voran die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien mit 25 Prozent. Insgesamt halten die Landesbanken der Raiffeisen über 60 Prozent der RBI-Anteile.

Sollte die internationale Großbank in Turbulenzen geraten, würde das auch die Landesbanken erschüttern. Die Russlandtochter ist deswegen so bedeutend, weil dort gemeinsam mit der mittlerweile verkauften Belarus-Tochter zuletzt rund 60 Prozent der gesamten RBI-Gewinne erzielt wurden.  

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Eine ZackZack-Anfrage zeigt, dass sich die RBI mit einer Verstaatlichung durch Russland ernsthaft befasst. RBI-Sprecher Christof Danz spricht von einem Worst-Case, nämlich dem Fall „dass die RBI die Raiffeisenbank Russland verliert, ohne einen Cent Kompensation für das Eigenkapital der Raiffeisenbank Russland zu erhalten. Zum 3. Quartal 2024 hätte ein solches Szenario zu einem Rückgang der Eigenkapitalquote der RBI auf 15,3 Prozent geführt.“

Wohlgemerkt sind das die bankeigenen Schätzungen, mit denen man die Basel-Kriterien – Vorschriften zur Eigenkapitalquote – noch erfüllen würde. Die Europäische Zentralbank (EZB) überwacht die Performance der Bank, die sie als systemrelevant einstuft. Ein Statement zur RBI wollte die EZB ZackZack gegenüber aber nicht abgeben. „Dies könnte die Märkte verzerren”, hieß es in einer formalen Antwort aus Frankfurt. Insider in Frankfurt berichten, dass RBI die Sorgenliste der EZB anführt.

Auch USA drohen

Noch schmerzlicher als eine russische Verstaatlichung könnten für die Raiffeisen-Banken Sanktionen durch die USA sein. Als russische Bank kann AO Raiffeisen aufgrund der gültigen Sanktionen nicht mit westlichen Firmen und Banken in Geschäftsbeziehungen treten, da sie keinen Zugang zu Fremdwährungen hat und kein Geld ins Ausland transferieren darf. Deshalb sind die riesigen Gewinne der Russlandtochter auch in Russland gefangen.

Bislang fand die Konzernführung der RBI keine Möglichkeit, die russischen Gewinne nach Österreich zu transferieren. Ein entsprechender Deal mit Strabag-Aktien über eine Firma des russischen Oligarchen Oleg Deripaska scheiterte aufgrund von Sanktionsdrohungen der USA.

Im schlimmsten Fall würde die RBI nach US-Sanktionen aus dem Handel mit US-Korrespondenzbanken ausgeschlossen werden. Damit hätte die Bank keinen Zugang zum US-Dollar-Markt und wäre von fast allen internationalen Geschäften ausgeschlossen. Das würde die RBI wohl kaum überleben. Der Verlust der Russland-Tochter scheint da noch das kleinere Übel zu sein.

Das Russland-Geschäft

Aufgrund der drohenden Sanktionen betont die Bank stets, das Geschäft in Russland zurückfahren zu wollen. Dabei gibt es allerdings Medienberichte, die den offiziellen Verlautbarungen der Bank widersprechen. Wie die Financial Times berichtete, warb die AO Raiffeisenbank noch 2023 und Anfang 2024 mit Stellenangeboten in Russland. In einzelnen Anzeigen sei auch von „Wachstum“ der Bank die Rede gewesen.

RBI-Sprecher Danz kann das gegenüber ZackZack nicht nachvollziehen: „Die Raiffeisenbank Russland vergibt keine neuen Kredite und zahlt ihren Kunden keine Zinsen auf ihre Einlagen (der Zentralbankzinssatz beträgt zurzeit 21 Prozent). Daher ist das Volumen an Einlagen im 3. Quartal um 26 Prozent gesunken. Die Reduzierung der Geschäftstätigkeit wird auch im kommenden Jahr weitergehen.“

Die Benko-Milliarden

Neben dem Russland-Klotz hängt noch ein weiterer Klotz am Raiffeisen-Bein: René Benkos SIGNA. Nicht nur die RBI, sondern auch die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich vergab Kredite in dreistelliger Millionenhöhe an den Tiroler Spekulanten. Die Kredite sind unterschiedlich gut abgesichert – laut RBI-Sprecher auf ZackZack-Anfrage durchschnittlich zu 60 Prozent. Allerdings erfuhr ZackZack nicht, ob die größeren Kredite geringer besichert sind.

Am stärksten davon betroffen ist die RBI mit 755 Millionen Euro. Seit der Insolvenz von SIGNA ist noch kein Cent an die RBI geflossen. Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich hatte noch im Jänner rund 182 Millionen in Form von Krediten ausständig. Insgesamt betrug das Kreditvolumen der Raiffeisenbanken bei SIGNA über 1,2 Milliarden Euro.

Bank-Insider rechnen, dass 2025 alle drei Entscheidungen fallen. Im schlimmsten Fall droht RBI in Russland und gemeinsam mit Raiffeisen-Landesbanken bei SIGNA ein mehrfacher Totalverlust. Ob RBI dann noch die Basel-Kriterien erfüllt, ist nicht klar. Wenn dazu noch harte Sanktionen durch das US-Finanzministerium kommen, kann das für den Raiffeisen-Bankenkomplex existenzbedrohende Folgen haben.

Sorge in EZB

Die EZB ist längst gewarnt und beobachtet RBI und RLB OÖ besonders scharf. In der EZB befürchtet man eine Kettenreaktion, die von Wien und Linz ausgehen könnte. Anfang November forderte die EZB laut Handelsblatt die Raiffeisen daher auf, ihr Eigenkapital zu erhöhen. Grund dafür seien Verluste im Immobiliengeschäft hauptsächlich mit SIGNA, die Russland-Aktivitäten und heikle Fremdwährungskredite in Polen.

Nur die sieben Raiffeisen-Vorstände in der RBI zweifeln nicht an ihrem Erfolg. Für 2023 haben sie sich eine Erfolgsprämie von 3,5 Millionen Euro auszahlen lassen.


Titelbild: ZackZack, JOE KLAMAR / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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