Es gibt Zeiten, in denen das Unternehmen zum Verbrechen, das Verbrechen zum Unternehmen und beides zur Politik wird. In solchen Zeiten leben wir in Russland, in den USA und demnächst in Österreich.
Donald Trump ist der erste US-Präsident, der die neue Dreieinigkeit verkörpert. Er ist Unternehmer, verurteilter Verbrecher und demnächst wieder Präsident. Früher, als es noch zu enge Anzüge und Sonnenbrillen trug und sich darauf verließ, dass nichts über die Linien, die die sizilianischen Familienverhältnisse zogen, hinausging, war das Verbrechen an der Politik interessiert. Über den Mafia-Sänger Frank Sinatra schaffte es die Familie bis ins Vorzimmer des jungen US-Präsidenten, der sich die Bosse zuführen ließ. Die Mafia selbst blieb im Hintergrund, denn sie wollte nur eines: geduldet werden.
Heute ist das anders. Die neue Mafia sitzt selbst ganz oben, weil sie gelernt hat, dass sich das große Verbrechen nicht mehr verstecken muss. In demokratischen Rechtsstaaten sind Verbrecher Außenseiter. Das hat sich in den letzten zwanzig Jahren nicht geändert. Geändert hat sich nur eines: die Rolle des Außenseiters. Er ist heute der „Herausforderer“, den die unzufriedenen Millionen als Zeichen ihrer Ablehnung des „Systems“ wählen.
Trump + Musk = Trusk
Die Maschinenpistole als alte Waffe der Mafia hat dem Sozialen Medium Platz gemacht. Da kommt Elon Musk ins Spiel. Mit Tesla ist er groß geworden, aber nicht am Markt. Rund neun Milliarden Dollar hat Tesla seit 2009 vom US-Staat mit CO2-Zertifikaten kassiert. Jetzt holt sich Musk seine Wettbewerbsvorteile im autoritären China. „Der Elektroautobauer von Elon Musk soll bei den Besitzverhältnissen seines chinesischen Betriebs Vorteile gegenüber anderen ausländischen Autobauern genossen haben“, berichtetet das Manager Magazin.
Mit Twitter hat Musk die neue US-Mafia medial bewaffnet. Jetzt nimmt er sich gemeinsam mit Trump das amerikanische System vor. Ihr offenes Ziel ist der autoritäre Staat, den sie als Familie kontrollieren. Trump plus Musk ist „Trusk“. Das ist die neue Formel, mit der die USA zum ersten Mal in Richtung Diktatur abdriften.
Putins Vorsprung
In Russland ist längst alles erledigt. Die Moskauer Fassadendemokratie legt immer weniger Wert auf die Verschleierung der realen Verhältnisse. Dort war der demokratische und rechtsstaatliche Frühling zu kurz, um nachhaltige Spuren in der Gesellschaft zu hinterlassen.
Ungarn, Israel und die Türkei sind auf Putins Weg. Von Fidesz bis AKP und Likud sind aus Parteien kampfbereite Familien geworden. Überall stehen neben „äußeren Feinden“ Verfassungsgerichte und unabhängige Medien ganz oben auf den Abschusslisten.
Genau dorthin steuern Trump und Musk. Zum ersten Mal droht dem demokratischen Europa die politische Einkesselung durch die neuen Volksrepubliken. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni steht schon auf der anderen Seite. Frankreich gilt als nächster Dominostein. In Deutschland setzt Elon Musk bereits offen auf die AfD.
In Moskau kann sich Putin zurücklehnen und zusehen, wie alles ins Abrutschen kommt. Mit den Familien, die Staat für Staat die Macht übernehmen, kann er ganz anders ins Geschäft kommen als mit der Europäischen Union und den Regierungen, die sie noch stützen.
Und Österreich?
In Österreich ist klar, wer „Familie“ ist. Die ÖVP klagt nicht einmal mehr, wenn man beschreibt, wie genau der Mafiaparagraf des Strafgesetzbuches auf sie passt. Im großen CASAG-Verfahren ist sie als Partei nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz Beschuldigte und hat gute Chancen, als erste Regierungspartei Österreichs verurteilt zu werden.
Die große Verwandlung von Partei in Familie verdankt die ÖVP zwei politischen Pionieren: Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz. Der eine hat die Weichen in Richtung autoritäre Partei gestellt. Der andere hat aus Orbáns Rezept einen Plan für Österreich gemacht.
Benko, Wolf, Pierer
Die Unternehmer dahinter deckten die ganze Breite ab. René Benko spezialisierte sich wie Trump auf undurchsichtige Immobiliengeschäfte. Sigi Wolf zeigte von Eurofighter bis OMV-Gaszprom, wie es auf russische Art geht. Wie Stefan Pierer als Dritter im türkisen Bund scheinen sie bereit, von KIKA/Leiner bis KTM und MAN Steyr über Tausende Arbeitsplätze zu gehen. Dazu kommt mit Raiffeisen ein Finanzgeflecht, das von Moskau bis Linz weiß, wie man das Geschäft macht und wen man dafür braucht.
Die Familienunternehmer sind akut in Schwierigkeiten. René Benko hat ebenso die Strafjustiz am Hals wie Sigi Wolf, gegen den die WKStA die Anklage mit ergänzenden Ermittlungen rund um die „Gegengeschäfte“ im Komplex „Eurofighter/Zypern“ vorbereitet. Das Giebelkreuz kracht unter den Belastungen aus Russland und SIGNA.
Trump gibt ihnen Hoffnung. Er zeigt, wie man mit einem Wahlsieg Verfahren erschlägt und sich selbst die Bahn zu mehr Geschäft und mehr Macht freimacht.
Leuchtwackeltürme
An diesem Punkt stehen wir in Österreich. Während die Beschäftigten von KIKA, KTM und Steyr Automotive so gut es noch geht Weihnachten feiern, treffen sich die Verhandler von ÖVP, SPÖ und Neos in einer „Budgetgruppe“ und einer „Leuchtturmgruppe“. Dabei geht es vor allem um sie. Karl Nehammer und Andreas Babler wissen, dass das ihre letzte Chance ist. Beate Meinl-Reisinger dürfte es ahnen. Die Leuchttürme, die sie suchen, werden am Ende sie selbst sein.
Im Jänner, vermute ich, steht die Übergangsregierung, die mit dem Namen „Ömpel“ leben muss. Nach ihr kommt der Rechtsblock, so wie man es von Raiffeisen und ÖAAB bis zum Inseratenboulevard wünscht. Dann ist Schluss mit Vermögenssteuern und WKStA. Dann wackelt der Dominostein Österreich ein letztes Mal und fällt um.