Montag, Januar 20, 2025

Nehammer und der Justizminister: Alles daschlogn!

In den Regierungsverhandlungen kämpft die ÖVP, dass ihre Spezis sowohl auf großem als auch auf freiem Fuß weiterleben können. Dazu braucht sie den Justizminister und ihr Netzwerk türkiser Staatsanwälte.

Zwei Sätze geben dem politischen Verbrechen in Österreich neue Hoffnung. Der erste Satz verweist auf einen Erfolg:

„Wie in Verteidigerkreisen zu hören ist, hat sich die Lage etwas entspannt – neue Kräfte hätten einen frischen Blick in die Ermittlungen gebracht.“

Der zweite Satz drückt den Wunsch aus, „dass ein neuer (parteifreier?) Minister mehr Ruhe in die Justiz bringt.“

Beide Sätze stehen im Kurier, dem Leibblatt von ÖVP und Raiffeisen. Sie beschreiben die Gefahr, die dem Rechtsstaat in den laufenden Regierungsverhandlungen droht. Am Ende, wenn sich ÖVP, SPÖ und Neos geeinigt haben, wird Alma Zadić ihr Ministerium übergeben. Dann kommt von der WKStA über die Berichtskette ein heikles Verfahren nach dem anderen an die Weisungsspitze zum neuen Minister und seinem „Weisungsrat“. Dann soll dort bereits der richtige Mann sitzen.

Beschuldigte „ÖVP“

Am meisten fürchtet sich die ÖVP vor dem „Ibiza-Stammverfahren“. Dort geht es längst nicht mehr um das Video, in dem die Spitzen der FPÖ das einzige Mal seit Menschengedenken die Wahrheit gesagt haben. Dort geht es um Regierungsinserate, um den Kauf von öffentlicher Meinung und Wahlkämpfen, um kriminelle Politiker und ihre Spezis an den Spitzen des Boulevards.

In diesem Verfahren gibt es eine ganz besondere Beschuldigte: die Bundespartei der ÖVP. Der neue Minister entscheidet, ob die Partei selbst nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz wegen schwerer Delikte angeklagt wird.

Dann folgt die nächste Frage: Wer sitzt für die Bundespartei auf der Anklagebank? Bisher hat Karl Nehammer als Obmann seine Partei in allen Belangen nach außen vertreten. Von der illegalen Parteienfinanzierung über Inserate und über Geldflüsse aus Gemeinden und Bundesländern weiß er genug, um auf der Anklagebank mit Detailkenntnissen glänzen zu können.

Aber Nehammer, so hört man in der ÖVP und von den Verhandlungspartnern, will nur Bundeskanzler und nicht Angeklagter werden. Also braucht die ÖVP den Justizminister.

Netzwerk türkiser Staatsanwälte

Die Personalauswahl ist groß. Von Staatsanwaltschaften bis zu Gerichten warten unzählige verdiente Justizbeamte auf den Ruf aus der Partei, für die sie von Innsbruck bis Wien immer da waren. Unabhängige Anwälte warten auf ihre Chance, ÖVP-Kriminelle nicht als Verteidiger, sondern als Minister vor Verfolgung zu schützen.

Das, was Sebastian Kurz „Netzwerk roter Staatsanwälte“ getauft hat, war nichts anderes als die Ausnahme von der Regel, dass die österreichische Strafjustiz nur zwei Farben trägt: schwarz und türkis.

Unter Christian Pilnacek und seinen Oberstaatsanwaltschaften konnte man sich darauf verlassen, dass alles und alle „daschlogn“ werden, die gefährlich sind. „Alles“ – das waren von Benko bis Sobotka die Verfahren gegen die „Familie“. Alle – das erlebe ich bis heute in einem Prozess nach dem anderen.

Die, die dabei nicht mitmachten und der Meinung waren, dass die Strafgesetze für alle gleich gelten, waren das „Netzwerk“. Der politische Sumpf, in den sich die Strafjustiz seit 2010 verwandelt hatte, war ihr „Rechtsstaat“.

Kanzler an FPÖ

Genau darum geht es bei den Regierungsverhandlungen. Florian Scheuba hat es auf einen schönen Punkt gebracht: keine Vermögensteuern lassen die Familie auf großem, keine WKStA auf freiem Fuß weiterleben.

Daher ist es wichtig, dass die SPÖ bei Vermögenssteuern und die Neos bei einer Justizministerin aus ihren Reihen hart bleiben. Dann steht die ÖVP vor der Entscheidung: Riskiert sie Serienverurteilungen in den kommenden Prozessen – oder gibt sie der FPÖ den Kanzler, damit endlich Ruhe im Gerichtssaal ist.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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