Freitag, Februar 7, 2025

Justizfall „Pilnacek“: die Unwahrheiten von Gerichtspräsidentin List

Gerichtspräsidentin Caroline List hat eine Anzeige gegen Krone-Journalist Erich Vogl und mich eingebracht. Sie strotzt vor Unwahrheiten. Trotzdem verfolgt uns die Leiterin der Staatsanwaltschaft Krems als Beschuldigte.

„Weil die Anzeigerin die Aktentasche samt Inhalt weder in der gemeinsamen Wohnung in der Ottakringer Straße 215/3/5 noch nach Rückholung des PKW des Mag. Christian Pilnacek durch Freunde der Familie (…) am Abend des 23.10.2023 im Fahrzeug gefunden hat, ersuchte sie CI Hannes F. noch am 23.10.2023, bei Karin Wurm nach dem Verbleib der Aktentasche zu fragen.“ So beginnt die Begründung einer seltsamen Anzeige.

Die „Anzeigerin“ – das ist Caroline List, die Präsidentin des Landesgerichts für Strafsachen in Graz. Sie stellt sich einleitend gleich selbst vor: „Die Anzeigerin Mag. Caroline List war die Ehefrau des am 20. Oktober 2023 verstorbenen Mag. Christian Pilnacek.“

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Die Angezeigten sind Karin Wurm; Erich Vogl, der Investigativ-Journalist der Kronen Zeitung; und ich.

Auf Pilnacek angesetzt

List kommt schnell zum Kern ihrer Geschichte: „Karin Wurm suchte im Juni 2023 offensiv die Bekanntschaft von Mag. Christian Pilnacek. Die kurze Liaison nützte sie zum gezielten Auskundschaften der Kontakte und der Datenträger des Mag. Pilnacek, die sie auch rasch nach seinem Tod der interessierten Öffentlichkeit über das Online-Medium des Dr. Peter Pilz – jedenfalls den Interessen des Mag. Christian Pilnacek diametral zuwiderlaufend – preisgab.“

Aber wer setzte Karin Wurm als Agentin auf Christian Pilnacek an? Darauf antwortete List bei ihrer Einvernahme durch die WKStA im Juli 2024: Aus meiner Sicht war sie angesetzt, sei es von Dr. Pilz oder anderen, meinen Mann auszuspionieren, um an dessen Daten zu gelangen.“

Pilnacek und Wurm lernten sich im Juli 2023 kennen. Ich kenne Wurm seit dem Jänner 2024. Damit stehe ich im Verdacht, die mir damals völlig unbekannte Karin Wurm auf Pilnacek angesetzt zu haben. Manchmal habe ich den Eindruck, dass mir die Präsidentin viel zutraut.

Hat Wurm jetzt versucht, an Pilnaceks Datenträger zu kommen? Mit dem Handy hatte Karin Wurm den wichtigsten Datenträger niederösterreichischen Kriminalpolizisten übergeben, die dafür sorgten, dass es nur wenige Stunden nach Pilnaceks Tod bei Lists Anwalt und später bei ihr persönlich landete. Die WKStA führt aus diesem Grund Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs durch Chefinspektor Hannes F., „Kriminalpolizisten des Landeskriminalamts Niederösterreich“ und „Entscheidungsträger des BMI/Landeskriminalamt NÖ“.

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Auch auf List kommen in diesem Zusammenhang heikle Fragen zu.

Zwanglose Unwahrheiten

Dann gelingt List ihr entscheidender Satz: „Dass es Dr. Peter Pilz war, dem Karin Wurm den Laptop des Mag. Christian Pilnacek übergab, lässt sich zwanglos aus dessen zeitnahen Veröffentlichungen in seinem Online-Medium erschließen.“

Das Einzige, was an diesem Satz stimmt, sind die Veröffentlichungen zum „Polizeifall Pilnacek“ auf ZackZack. Alles andere ist falsch. Ich habe den Laptop bis heute nicht gesehen. Aber das versuchte eine Gerichtspräsidentin in ihrer Zwanglosigkeit gar nicht zu überprüfen.

List fabuliert weiter: „Laut vom Anwaltsgeheimnis geschützten Informationen der rechtsfreundlichen Vertretung der Anzeigerin aus zuverlässiger Quelle haben Dr. Peter Pilz und/oder Dr. Erich Vogl professionelle IT-Spezialisten mit der Überwindung der Sicherheitsvorrichtung des Laptop des Mag. Christian Pilnacek beauftragt und auf diese Weise den Zugang zu den darauf gespeicherten Daten erhalten, über die keiner der beiden Genannten verfügen durfte.“

Der „rechtsfreundliche Vertreter“ der Präsidentin ist laut Der Standard der Wiener Anwalt Peter Zöchbauer. Die “zuverlässige Quelle” musste wohl aufgrund ihrer “Zuverlässigkeit” geheim gehalten werden.

Meine „Überwindung der Sicherheitsvorrichtung des Laptop“ kann aus zwei Gründen nicht stattgefunden haben: erstens, weil ich nie Zugang zum Laptop hatte; und zweitens, weil der Laptop selbst durch kein Passwort gesichert war. Wer ihn einschaltete, konnte sofort auf seine Dokumente zugreifen.

Hehlerei und noch mehr

Dann kommt List zum Höhepunkt: „Dr. Peter Pilz steht im Verdacht, er habe Karin Wurm dabei unterstützt den von ihr durch die Unterschlagung erlangten Laptop zu verheimlichen oder zu verwerten oder diesen zumindest (vorübergehend) an sich gebracht und dadurch das Vergehen der Hehlerei nach § 164 Abs 1 oder 2 StGB begangen.“

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List-Anzeige, StA Krems, 7 St 74/24b, ON 8, 8

Aber das war nicht alles. List ging noch weiter: „Dr. Peter Pilz und Dr. Erich Vogl stehen zudem im Verdacht, sie hätten zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt nach dem 20.10.2023 ein Computerpasswort, einen Zugangscode oder vergleichbare Daten, die den Zugriff auf ein Computersystem oder einen Teil davon ermöglichen, sich verschafft, um sich damit zu einem Computersystem oder den Teil eines solchen, über das er nicht verfügen darf bzw. sie nicht verfügen durften, nämlich zum Laptop des Mag. Christian Pilnacek und/oder die darauf gespeicherten Dateien durch Überwindung einer spezifischen Sicherheitsvorkehrung im Computersystem, nämlich des nur Mag. Christian Pilnacek bekannten Passworts, in der Absicht Zugang verschafft Mag. Caroline List und Andere durch die Verwendung von im System gespeicherten Daten, deren Kenntnis sie sich verschafft haben, einen Nachteil zuzufügen und dadurch das Vergehen des Missbrauchs von Computersystemen und Zugangsdaten nach § 126c Abs 1 Z 2, Abs 1a (§ 118a Abs 1 Z 2 1. Fall) StGB begangen.“

Der Satz hatscht wie die Fakten darin. Passwort gab es keines, also konnten Erich Vogl und ich auch keines ausspionieren. Und Caroline List interessierte damals niemanden von uns. Erst später kam ich im Lauf meiner Pilnacek-Recherchen darauf, dass sich die Gerichtspräsidentin in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt in St. Pölten Erstaunliches geleistet hatte.

Unterdrückung

Dann setzte List noch eins drauf: „Weiters stehen Karin Wurm und Dr. Peter Pilz im Verdacht seit etwa Anfang 2024 den Laptop, der seither auch als Beweismittel in den von der WKStA gegen unbekannte Täter der ÖVP geführten Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung dient, zu unterdrücken. wobei sie mit dem Vorsatz handelten zu verhindern dass das Beweismittel in den Verfahren gebraucht werde und dadurch das Vergehen der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB zu begehen.“

Auch das ist Unsinn. Im Frühjahr 2024 erlangte ich wie andere Journalisten Zugriff zu den Daten der Festplatte. Die speicherte ich auf einen USB-Stick und übergab ihn Martin Kreutner, dem Vorsitzenden der Pilnacek-Untersuchungskommission der Justizministerin mit der Bitte, ihn an die WKStA weiterzuleiten. So mache ich das immer, weil ich die Bekämpfung der politischen Korruption durch Gerichte, Parlament und Medien unterstütze.

Beschuldigt in Krems

Die List-Anzeige langte am 18. Oktober 2024 bei der Staatsanwaltschaft Krems ein. Genau dort waren die Ermittlungen zur Todesursache im Fall „Pilnacek“ bemerkenswert oberflächlich geführt worden. Aufgabe der Staatsanwaltschaft war jetzt die Prüfung des Anfangsverdachts. Aus Verfahren gegen Spitzenpolitiker der ÖVP weiß man, dass hier sehr strenge Maßstäbe gelten.

Im Fall von Wurm, Vogl und mir war das anders. Nach einer Überprüfung, die in ihrer Qualität den Ermittlungen zum Todesfall „Pilnacek“ um nichts nachstanden, ließ uns Susanne Waidecker als Leiterin der Staatsanwaltschaft Krems am 10. November 2024 als Beschuldigte in den Akt eintragen.

Seitdem warten wir auf eine Ladung zur Einvernahme. Mein Anwalt bereitet inzwischen die notwendigen rechtlichen Schritte gegen die zwanglose Präsidentin vor.

Text ergänzt am 15.1.2025 um 10.50 Uhr


Titelbild: Helmut Fohringer / APA / picturedesk.com, Erwin Scheriau / APA / picturedesk.com, krone.at (Screenshot)

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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