Freitag, Februar 7, 2025

Knill-Deal: Verbindung zum russischen Militärapparat enthüllt

Nun ist bekannt: Der russische Auftraggeber der steirischen Knill-Gruppe steht im Dienst von Putins Armee. Trotzdem wollte IV-Präsident Georg Knill Ende 2021 einen weiteren Glasfaser-Großauftrag für sein Unternehmen annehmen.

Am Mittwoch berichtete ZackZack exklusiv über die fragwürdigen Hintergründe der Russland-Geschäfte von IV-Präsident Georg Knill: Dessen steirische Unternehmensgruppe baute von 2011 bis 2015 die erste staatliche Glasfaser-Fabrik Russlands und lieferte damit wichtige Technologie für Russlands kritische Infrastruktur. Putins Armee setzt gegen die Ukraine zuletzt sogar neuartige, besonders gefährliche Drohnen ein, die per Glasfaserkabel gesteuert werden.

Eine Verbindung vom russischen Militär zum steirischen Know-How wird nun immer deutlicher: Nach ZackZack-Recherchen zeigt sich, dass der russische Auftraggeber der Knill-Gruppe auch für die russischen Streitkräfte produzierte. Dennoch reiste Knill Ende 2021 erneut nach Russland, um mit einem Politiker der Putin-Partei Einiges Russland den Ausbau des Werks voranzutreiben. Ein Vorgehen, das auch der deutsche Militär- und Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann als “grob fahrlässig” bezeichnet.

Glasfasern für Putins Armee

Schon der ursprüngliche Auftrag, den die Knill-Gruppe im Jahr 2011 um 50 Millionen Euro ergatterte, war kein gewöhnlicher: Die Betreiberfirma der errichteten Glasfaserfabrik in Saransk hat einen eindeutigen staatlichen Hintergrund, Gesellschafter von “Optical Fiber Systems” sind die Teilrepublik Mordwinien sowie die staatliche Beteiligungsgesellschaft RUSNANO. Wie ZackZack berichtete, sprach sich sogar Wladimir Putin persönlich für das Projekt aus. 2015 ging das Werk dann in Produktion, bis heute rühmt es sich auf seiner Website, der erste und einzige russische Hersteller im Land zu sein.

Spätestens seit 2019 musste Knills Unternehmen dann klar sein, dass “Optic Fiber Systems” nicht bloß beim Ausbau von zivilen Telekommunikationsnetzwerken tätig ist, sondern direkt dem russischen Militär zuarbeitet: Am 26. und 27. Juni fand am Flugplatz Kubinka, 60 Kilometer südwestlich von Moskau, das Militärforum “Army 2019” statt, veranstaltet vom russischen Verteidigungsministerium. Anwesend waren auch einige, für das Regime relevante Unternehmen – und mitten drin Vertreter von “Optical Fiber Systems”.

Gegenüber dem Nachrichtenportal comnews sprach Firmenchef Andrey Nikolaev dort offen an, im Dienste des russischen Militärs zu stehen: „Das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation hat den Einsatz von Glasfaser-Kommunikationskabeln mit von unserem Unternehmen hergestellten, optischen Fasern in den Streitkräften der Russischen Föderation unterstützt.“ Und Nikolaev warb weiter für sein Unternehmen als Partner des Regimes: „Die Sicherstellung der Entwicklung und Umsetzung neuer Technologien in der Verteidigungsindustrie ist heute eine der Prioritäten, um den Kurs zur Importsubstitution beizubehalten.”

Knill-Geschäftsanbahnung trotz Sanktionen

Im Statement des Firmenchefs klingt mit der “Importsubstitution” bereits durch: Russland stand im Jahr 2019 längst unter Sanktionen, der Krieg in der Ostukraine tobte schon seit 2014, Handelsschwierigkeiten wurden sichtbar. Die Russen wollten die heimische Glasfaserproduktion deshalb weiter ausbauen, um ihre Abhängigkeit aus dem Ausland zu reduzieren. So klopfte man erneut bei der Knill-Gruppe an – und Vorstand Georg Knill zeigte sich bereit für eine weitere Zusammenarbeit.

Im November 2021, als Russland bereits massenhaft Truppen an der ukrainischen Grenze stationierte, kam es zu einem Treffen zwischen Knill, mittlerweile Präsident der Industriellenvereinigung, und dem Präsidenten der Teilrepublik Mordwinien, Artyom Zdunov, ein strammer Handlanger und Parteifreund von Wladimir Putin. „Ich kenne Ihre Republik gut, es ist sehr wichtig für uns, unsere Partnerschaft mit dem Glasfaserwerk Saransk auszubauen“, wurde Knill von russischen Medien bei diesem Treffen zitiert. „Ich hoffe und bin sicher, dass wir auch hinsichtlich der von Ihnen gerade angesprochenen Zukunftsthemen mit der neuen Regierung sehr eng zusammenarbeiten werden”, sagte der Steirer vor Kameras.

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Georg Knill besprach mit Putin-Politiker Zdunov Ende 2021 weiteren Werksausbau. Screenshot via ntm13

Schon damals kam der sich anbahnende Deal kritischen Beobachtern anrüchig vor. Das Portal Radio Free Europa recherchierte im Dezember 2021 zu dem Geschäft mit den Österreichern und stellte der Knill-Gruppe und den heimischen Behörden die Frage, inwiefern der Deal mit dem Sanktionsregime im Einklang stehe.

Nach längerem hin und her hieß es seitens des Unternehmens gegenüber dem Medium, dass man „aufgrund einer Geheimhaltungsvereinbarung keine Informationen weitergeben” könne. Und das zuständige österreichische Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort teilte mit: „Wir werden das Vorgehen von Rosendahl Nextrom (Tochterfirma der Knill-Gruppe, Anm.) sorgfältig prüfen, wenn ein österreichisches Unternehmen gegen Embargomaßnahmen gegen Russland verstößt, sind wir verpflichtet, dies den zuständigen Ermittlungsbehörden in Österreich zu melden.” Kurze Zeit später, als Russland die Ukraine überfiel, war das mögliche Geschäft dann auch für die Knill-Gruppe vom Tisch, man zog sich laut eigenen Angaben aus Russland zurück.

Sicherheitsexperte: Vorgang “grob fahrlässig”

Dass der österreichische Industrielle noch Ende 2021 nach Russland reiste und sich für einen weiteren Großauftrag andiente, hält der deutsche Militär- und Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann für problematisch: “Wenn sich Herr Knill noch 2021 für einen Ausbau des Werks aussprach muss man sagen: Das geht gar nicht”, heißt es gegenüber ZackZack.

Für Hoffmann, der an der Universität Oslo zu Militärstrategien- und Technologien forscht, mussten europäische Firmen zu dieser Zeit wissen, dass sie mit ihrem Engagement dem militärisch-industriellen Komplex Russlands zuarbeiteten. “Das ist eine Frage der unternehmerischen Verantwortung, damals war das bereits grob fahrlässig.”

Die Technologie, die die Knill-Gruppe in Russland einführte, sei für militärische Zwecke generell von großer Bedeutung: “Bei den neu aufgetauchten Drohnen ist die Verwendung der Glasfaserkabeln für jeden Laien mit freiem Auge erkennbar. Es gibt aber auch viele andere Bereiche, wo Glasfasern schon lange militärisch zur Anwendung kommen – allen voran in der militärischen Kommunikation und Datenübertragung.” Als Beispiel nennt Hoffmann Flugabwehrsysteme, Startvorrichtungen oder Kommunikationszentralen, die allesamt mit Glasfaserverbindungen vernetzt sind. “Für das Militär ist die Technologie unfassbar wichtig.” Der Technologie-Transfer aus Österreich war somit von Anfang an bedenklich.

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Der deutsche Militär- und Sicherheitsexperte Fabian Hoffmann sieht das Vorgehen Knills problematisch: “Das geht gar nicht.”

Kein Statement zu Militär-Verbindung

Gegenüber ZackZack betonte Georg Knill am Mittwoch, dass er seit dem russischen Überfall in der Ukraine alle Aktivitäten in Russland eingestellt habe und die europäischen Sanktionen unterstütze. ZackZack stellte nun Nachfragen, seit wann dem IV-Präsidenten die Verbindung des Werks in Saransk mit dem russischen Militär bekannt ist; wie der 2021 zugesagte Ausbau der Fabrik mit den damals aufrechten Sanktionen vereinbar war; und ob sein damaliger Besuch mit der Industriellenvereinigung abgestimmt wurde. Antworten blieben bislang aus.

Dafür fiel Knill in der Öffentlichkeit zuletzt als prominenter Fürsprecher einer blau-türkisen Bundesregierung auf. Aus einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ, die den Russland-Sanktionen bekanntlich ablehnend gegenübersteht, könne “ein starkes Team” entstehen, hieß es von ihm jüngst.


Titelbild: ANDY WENZEL / APA / picturedesk.com, https://pixabay.com/photos/parade-victory-day-samara-russia-182515/

Autoren

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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