Die Verhaftung von René Benko wirft ihre Schatten auf weitere Personen. Vor allem der ehemalige Aufsichtsrat rund um Alfred Gusenbauer hatte laut Masseverwalter Norbert Abel ebenfalls Gläubigerinteressen verletzt.
René Benko ist endgültig tief gefallen. Am Donnerstag wurde der Immobilienpleitier in seiner Innsbrucker Villa auf Anordnung der WKStA verhaftet. Beamte der SOKO Signa aus dem Bundeskriminalamt ließen schließlich die Handschellen klicken. Die Festnahme erfolgte wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr, die Vorwürfe sind umfangreich und reichen bis nach Deutschland und Italien. (Details siehe unten) Benko wird etwa vorgeworfen, Gläubigerinteressen bewusst geschädigt zu haben – also Geld vorbei am Involvenzverwalter verschoben zu haben, um seine tatsächlichen Vermögenswerte zu verheimlichen. Insbesondere der verheimlichte Umstand, dass Benko „faktischer Machthaber und wirtschaftlich berechtigter der Laura Privatstiftung“ war, sorgte bei der WKStA für Handlungsbedarf.
Benko wurde bereits einvernommen und seine Einlieferung in die Justizanstalt angeordnet, wie die WKStA verlautbarte.
Deren langjähriger Vertrauter, der Südtiroler Heinz Peter Hager, wurde in Italien nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Trient im Dezember 2024 unter Hausarrest gestellt und zog sich Mitte Dezember aus der Privatstiftung zurück.
Außerdem soll Benko Rechnungen gefälscht haben, um wertvolle Schusswaffen vor den Behörden zu verstecken.
Durch die Festnahme von Benko wird es nicht nur für den ehemaligen SIGNA-Chef immer enger. Auch dessen ehemalige Weggefährten im SIGNA-Komplex geraten immer mehr in Erklärungsnot. Für die Banken, die an Benko hohe Kredite vergeben haben, bessert sich die Lage ebenfalls nicht.
Gusenbauer, Riess-Hahn & Sevelda
Die Festnahme Benkos wirft ihren Schatten auch auf die Aufsichtsratsfunktionen von Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer, Ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn und Ex-Raiffeisen-International-Vorstand Karl Sevelda, sowie Ex-Bank Austria-Chef Karl Samstag. Alle saßen für die SIGNA Prime Selection AG im Aufsichtsrat und sollten die zweifelhaften Geschäftstätigkeiten der Benko-Geschäftsführer und ihres frisch verhafteten Hintermanns eigentlich überwachen. Laut Masseverwalter Norbert Abel hat der damalige Aufsichtsrat seine Funktion jedoch nicht erfüllt.
Geld wurde zum Schaden des Unternehmens herumgeschoben, Gläubiger würden durch die Finger schauen. So habe die SIGNA Prime Selection AG etwa einen Kredit in Höhe von 252 Millionen Euro an die SIGNA Prime Holding GmbH gewährt – obwohl diese bereits insolvent war, wie der Masseverwalter feststellte. Für Abel ein “Unikum in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte”. Insgesamt kommt Abel zu dem Schluss, dass der Aufsichtsrat seine Pflicht nicht wahrnahm und „sorgfaltswidrig“ handelte.
Sowohl Gusenbauer, Riess-Hahn, als auch Sevelda versuchten das sinkende SIGNA-Schiff rechtzeitig zu verlassen. Im Februar 2024 traten sie aus dem Aufsichtsrat aus. Doch die Benko-Festnahme könnte die ehemaligen Aufsichtsräte wieder einholen. Auch sie hätten – ähnlich wie Benko – laut Masseverwalter Gläubigerinteressen massiv geschädig. Abel schrieb deshalb im Jänner Haftungsbriefe an die ehemaligen Aufsichtsräte. Er machte sie für einen Schaden von mehr als einer Milliarde Euro verantwortlich. Der Anwalt Gusenbauers wies die Haftung seines Mandanten zurück.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Banken in der Kreide
Die im Raum stehende Schädigung von Gläubigerinteressen trifft auch österreichische Banken – allen voran diejenigen, deren Ex-Vorstände im Aufsichtsrat der SIGNA Prime saßen: Raiffeisen und Bank Austria. Der Raiffeisengruppe schuldet das SIGNA-Imperium 1,2 Milliarden Euro, der Bank Austria 600 Millionen.
Die aktuellen Vorwürfe der WKStA im Detail:
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