Wurden die Russland-Geschäfte der Knill-Gruppe vom Wirtschaftsministerium korrekt überwacht? Die SPÖ hat aufgrund der ZackZack-Recherchen eine entsprechende Anfrage im Parlament eingebracht.
Die Berichte rund um die russischen Glasfaser-Geschäfte von IV-Präsident Georg Knill sorgen weiter für Aufregung: Wie von ZackZack enthüllt wurde, bestehen zwischen Knills jahrelangem Kunden, der in Saransk ansässigen Firma “Optical Fiber Systems”, und dem russischen Militär enge Verbindungen.
Mehrfach waren etwa Vertreter der belieferten Staatsfirma bei russischen Militärveranstaltungen anwesend, unterzeichneten dort 2019 namens des Unternehmens sogar eine Kooperationsvereinbarung mit dem Verteidigungsministerium. Schon 2011, kurz vor Baubeginn des Werks, pries der Chef von “Optical Fiber Systems” die Einsatzmöglichkeiten der Glasfasern für die russische Rüstungsindustrie an.
Die Militärexperten Fabian Hoffmann und Gerald Karner kritisierten gegenüber ZackZack die jahrelange Zusammenarbeit der Knill-Gruppe mit “Optical Fiber Systems” scharf – der Nutzen für die Streitkräfte liege “auf der Hand”, hieß es. Noch Ende 2021 plante Knill einen weiteren Ausbau des Regime-nahen Werks. In einem Statement schloss der Steirer eine militärische Verwendung der Güter pauschal aus und will sämtliche Exportbeschränkungen eingehalten haben; auf konkrete Nachfragen und Einwände reagierte Knill jedoch nicht.
Was wusste Kochers Ministerium?
Dafür erreicht die Causa nun das Parlament. Der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer brachte am Donnerstag eine parlamentarische Anfrage im Nationalrat ein. Gerichtet sind die 24 Fragen an das Wirtschaftsministerium von Martin Kocher. Das ÖVP-Ressort war und ist für Exportkontrollen und Überwachung der Russland-Sanktionen zuständig.
“Welche Informationen liegen Ihnen über die Geschäfte der Knill-Gruppe in Russland vor?“, lautet etwa die erste Frage. “Waren die Russland-Sanktionen jemals Thema eines Gesprächs zwischen Ihnen und Georg Knill oder einem anderen Vertreter der Knill-Gruppe?”, die letzte.
Geklärt werden soll, ob die ab 2011 ausgeführten Produkte als “Dual Use”-Güter deklariert waren. Gemeint sind damit Waren und Technologien, die zivil, aber auch militärisch genutzt werden können. Detailliert wird erfragt, wann die Knill-Gruppe welche Ausfuhrgenehmigungen erhielt und ob das Ressort Maßnahmen unternahm, um den Endverbleib der gelieferten Güter festzustellen.
Die Anfrage ist auch insofern förderlich, weil ZackZack vom Wirtschaftsministerium bislang keinerlei Antworten zum Fall erhielt. Das Ministerium hat nun zwei Monate Zeit, die Anfrage zu beantworten. Schon Ende 2021 klopfte das Medium Radio Free Europe bei den österreichischen Behörden an, weil die Geschäfte dem Portal merkwürdig vorkamen. Auch damals kamen Antworten nur zögerlich: “Wir werden die Aktionen von Rosendahl Nextrom (Unternehmen der Knill-Gruppe, Anm.) sorgfältig überprüfen“, hieß es gegenüber dem Medium. Was daraus wurde ist unklar.
Exportverbote nach Russland ab 2014
Bereits im Jahr 2000 wurde von der Europäischen Union per Verordnung das Vorgehen bei der Ausfuhr von “Dual Use”-Gütern geregelt. Deren Export an Drittstaaten benötigt spezielle Ausfuhr- und Verbringungsgenehmigungen der jeweiligen nationalen Behörden.
Ein Blick auf die Liste zeigt, dass schon in der adaptierten Fassung aus dem Jahr 2009 Produkte im Bereich “Lichtwellenleiterkabel, Lichtwellenleiter und Zubehör” angeführt waren. Das Werk zur Herstellung von Glasfasern (auch: “Lichtwellenleiter”), das die Knill-Gruppe ab 2011 nach Russland lieferte, scheint demnach jedenfalls relevant.
Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem Beginn des Krieges in der Ostukraine, an dem Russland militärisch beteiligt war, führte die EU ab Juli 2014 dann auch Sanktionen gegen das Putin-Regime ein. Von den Exportverboten waren Dual Use-Güter explizit betroffen:
“Es ist verboten, Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, unabhängig davon, ob sie ihren Ursprung in der Union haben oder nicht, direkt oder indirekt an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen, wenn diese Güter ganz oder teilweise für militärische Zwecke oder für einen militärischen Endverwender bestimmt sind oder bestimmt sein können“, hieß es in der Verordnung 833/2014 vom 31. Juli 2014.
Zu diesem Zeitpunkt war das von der Knill-Gruppe errichtete Werk noch nicht fertiggestellt – es eröffnete offiziell am 25. September 2015. Und die Geschäftsbeziehung riss nicht ab: Am 30. November 2021 reiste der Präsident der österreichischen Industriellenvereinigung erneut nach Saransk, um einen weiteren Ausbau des Werks zu besprechen. Die vielen Widersprüche erfordern jedenfalls Aufklärung, die parlamentarische Anfrage ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung.
Die eingebrachte parlamentarische Anfrage in voller Länge:
Titelbild: EVA MANHART / APA / picturedesk.com; GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com