Die Wiener ÖVP ist im Ausnahmezustand. Der wegen Untreue angeklagte Wiener Parteichef Karl Mahrer verlor intern massiv an Rückhalt. Dass Mahrer auch nach der Wahl noch Parteichef sein wird, gilt als unwahrscheinlich. Jetzt führt er seine Partei in den bevorstehenden Absturz.
Seit ZackZack die Anklage gegen den Wiener ÖVP-Obmann Karl Mahrer öffentlich gemacht hat, brennt es in der Wiener Volkspartei. Mahrer hat mit Walter Ruck einen mächtigen internen Gegenspieler auf den Plan gerufen. Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, erklärte nach der Anklage zuletzt öffentlich: „Ich denke, dass es eine sehr ernste Situation ist, die der Parteiobmann unterschätzt, wenn er glaubt, wir gehen zur Tagesordnung über.“ Sind die Tage Mahrers an der Spitze der Wiener ÖVP gezählt? Am Freitagabend entscheidet die Wiener ÖVP, wer als Spitzenkandidat für die Wien-Wahl ins Rennen gehen wird.
ÖVP in der Mahrer-Falle
Mahrer selbst denkt nicht an Rücktritt. Er habe ein „gutes Gewissen“ und sprach im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen ihn von „Vorverurteilung“. Damit droht der ÖVP das Szenario, mit einem angeklagten Spitzenkandidaten in die Wien-Wahl gehen zu müssen. Genau das wollten Mahrers Gegenspieler rund um Walter Ruck offenbar vermeiden, denn die Wahlprognosen zeigen auch ohne vorbelasteten Spitzenkandidaten für die ÖVP steil nach unten.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hatte Ruck bereits den Döblinger Bezirksvorsteher Daniel Resch in Stellung gebracht. Laut Krone und Faß ohne Boden wurde zudem Rucks Sohn Alexander in Döbling zum Spitzenkandidaten gekürt. Bestätigen wollte die ÖVP Wien das ZackZack gegenüber allerdings nicht: „Kein Kommentar“, hieß es vonseiten eines Sprechers.
Letzte Tat: Bauernopfer
Dass Mahrer wirklich noch vor der Wahl seinen Sessel räumen muss, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Mittlerweile soll auch Ruck nach internen Auseinandersetzungen in der Partei aufgehört haben, noch vor der Wahl an Mahrers Sessel zu sägen, wie ZackZack nach Telefongesprächen mit informierten Quellen erfuhr.
Angesichts realistischer Verluste von 10 Prozent bei der Wahl, also einer Halbierung des Wahlergebnisses, wäre Mahrer nach der Wien-Wahl als Obmann kaum mehr tragbar. Das wissen seine Unterstützer genauso gut wie seine Kritiker. Alles deutet daraufhin, dass die Wiener ÖVP den vorbelasteten Karl Mahrer an den Wahlurnen opfert, um sich nach der Wahl neu positionieren zu können.
Mahrer und seine Partei hoffen nach wie vor, ein einstelliges Ergebnis vermeiden zu können.
Die neue neue Volkspartei
In der Kleinen Zeitung wird bereits Nico Marchetti als möglicher Nachfolger Mahrers gehandelt. Dann könnte es auch für Gemeinderätin Laura Sachslehner eng werden. Für die rechte Einpeitscherin in den Reihen der ÖVP dürfte es unter dem liberalen Marchetti schwierig werden, einen Platz als Landtagsabgeordnete zu ergattern. Die Plätze gelten angesichts der drohenden Verluste für die ÖVP schon jetzt als heftig umkämpft. Hält die ÖVP in der Bundeshauptstadt derzeit bei 21 Abgeordneten, werden es Prognosen zufolge in den kommenden Jahren nur noch 10 bis 12 sein.
Walter Ruck hofft nach der Wahl jedenfalls auf eine Regierungsbeteiligung als Junior-Partner der SPÖ, wie ZackZack in Gesprächen erfuhr. Der bestens vernetzte WKW-Präsident arbeitet seit Jahren gut mit der roten Stadtpolitik zusammen.
Karl Mahrer wollte auf ZackZack-Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
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