Dienstag, März 25, 2025

Chefinspektor Fellner griff Pilnacek-Obduktion vor – und verfolgt nun ZackZack

Chefinspektor Hannes Fellner will gerichtlich gegen die ZackZack-Enthüllungen zu Pilnacek vorgehen. Dabei ist Fellner wegen mutmaßlichem Amtsmissbrauch in der Causa selbst Beschuldigter. Nun ist ein neues, brisantes Detail aus den fragwürdigen Ermittlungen des Mordkommissars aufgetaucht.

Am 22. März 2024 veröffentlichte Peter Pilz auf ZackZack den ersten Bericht über die Polizeiaffäre „Pilnacek“. Pilz hatte recherchiert, dass die niederösterreichische Polizei Pilnaceks privates Handy, seine Brieftasche und seine Schlüssel hinter dem Rücken der Staatsanwaltschaft verschwinden ließ. Wir richteten detaillierte Fragen an das Landeskriminalamt Niederösterreich – und bekamen keine Antworten.

Bald darauf zeigte Martin Kreutner als Vorsitzender der vom Justizministerium beauftragten Pilnacek-Kommission den Sachverhalt bei der WKStA an. Am 3. April 2024 wurde Chefinspektor Fellner dann als Beschuldigter eingetragen. Das Delikt lautet „§ 302 StGB“ – Amtsmissbrauch. Auch gegen seinen Stellvertreter und unbekannte Täter wird seither ermittelt.

Wenige Tage später entschied sich Fellner zu einer Art Flucht nach vorn – und zeigte ZackZack am 12. April 2024 wegen der Recherchen an. Seine medienrechtliche Klage wird nun am morgigen Mittwoch am Landesgericht Wien verhandelt. Der öffentliche Prozess beginnt um 9:30 Uhr im Saal 206.

Was Fellner ZackZack vorwirft

Fellner unterstellt ZackZack eine Unterstellung: Wir hätten in unserem Artikel im März 2024 behauptet, dass er von der Einschüchterung der Ärztin bis zur illegalen Sicherstellung des Handys alles persönlich getan habe. Der Chefinspektor meint, damit sei üble Nachrede erfüllt.

Nur – Fellner kommt bis in die Mittagsstunden des Artikels gar nicht vor: „Schon zu Mittag sind Wurm und P. zur polizeilichen Einvernahme nach Mautern bei Krems bestellt. Chefinspektor Hannes Fellner hat im Landeskriminalamt in St. Pölten die Ermittlungen übernommen. Fellner leitet die Gruppe „Leib und Leben“ des niederösterreichischen Landeskriminalamts. In den nächsten Wochen wird er in der Suche nach den Pilnacek-Spuren eine Rolle spielen“, hieß es in unserem Artikel.

Peter Pilz, der als Zeuge am Mittwoch aussagen wird, kommentiert: “Ich verstehe Fellners Klage nicht, weil sie auf einer Behauptung beruht: Dass Chefinspektor Fellner von Chefinspektor Fellner zu Mittag die Ermittlungen übernommen hat. Das erscheint mir nicht plausibel.” Vertreten wird der Polizist übrigens von Peter Zöchbauer, der als Medienanwalt von Pilnacek-Witwe Caroline List, BKA-Chef Andreas Holzer und Millarden-Pleitier Rene Benko schon etliche Male versuchte, gegen ZackZack vorzugehen.

Neues Detail: Fellner griff Obduktionsbericht vor

Inzwischen tauchen neue Fakten auf, die Fellner belasten. Es geht um den „Selbstmord“, den Fellner und seine Mitpolizisten wenige Stunden nach Pilnaceks Tod behaupteten. Die Tatortgruppe des Landeskriminalamts lieferte noch am selben Tag ihren ersten Bericht. Das Kästchen „Anhaltspunkte für Fremdverschulden“ füllten die Beamten nicht aus.

Notärztin Dagmar W. hatte bereits gegen den Widerstand von Polizeibeamten die Obduktion durchgesetzt. Jetzt ging es um das gerichtsmedizinische Ergebnis. Die Obduktion fand am 26. Oktober 2023 in Wien statt. Gerichtsmediziner Christian M. nahm sich vier Wochen Zeit, um zu einem Gutachten zu kommen. Aber Fellner hatte es eiliger.

Schon am 27. Oktober 2023 hielt er in seinem „Anlassbericht“ fest: „Die Beamten der Tatortgruppe des LKA NÖ waren bei der Obduktion anwesend. Als vorläufiges Obduktionsergebnis wurde von Dr. M. „Tod durch Ertrinken“ festgestellt. Hinweise auf Fremdverschulden konnten dabei nicht gefunden werden.“

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Die fetten Hervorhebungen stammen von Fellner. Entscheidend ist aber der Satz, der darauf folgt. Er ist falsch. Im Gutachten, das Gerichtsmediziner Christian M. am 21. November 2023 unterschrieb, heißt es: „Eindeutige Hinweise auf eine grobe Gewalteinwirkung durch fremde Hand ergaben sich nicht.“ Jeder, der sinnerfassend lesen kann, merkt den Unterschied. Im Gegensatz zum Gerichtsmediziner schloss Fellner voreilig jedes Fremdverschulden aus. Das gelang ihm durch das Auslassen zweier Wörter: „Eindeutig“ und „grob“.

Damit konnte der Chefinspektor seine Behauptung „Selbstmord“ begründen und damit erklären, warum er Pilnaceks privates Handy noch am selben Tag aus den Ermittlungen verschwinden lassen konnte.

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Wenn es Selbstmord war, musste man nach Ansicht der Kriminalbeamten auch nicht nachsehen, wem Pilnacek kurz vor seinem Tod Nachrichten gesandt und mit wem er möglicherweise ein Treffen für die Stunden vor seinem Tod vereinbart hatte.

„Selbstmord“ war die Freikarte für das Verschwinden des Handys. Doch im Gutachten kamen zwei Wörter nicht vor: „Selbstmord“ und „Suizid“. Bis heute hat Fellner nicht erklärt, wie er schon am 27. Oktober über die Frage des Fremdverschuldens etwas behaupten konnte, was sich Wochen später im Obduktionsbericht nicht fand.


Titelbild: HERBERT PFARRHOFER / APA / picturedesk.com, Screenshot StA Krems, HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com, Auszug Anlassbericht LKA NÖ

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