Montag, März 17, 2025

Prozess gegen Ott und Jenewein: Lederhosen und Kickls Spitzel

Der holprige Gerichtsprozess gegen Egisto Ott und FPÖ-Mann Hans-Jörg Jenewein wird ab heute erneut verhandelt – und vergrößert. Es wird noch blauer: Eine Mitarbeiterin aus dem früheren Kickl-Kabinett ist wegen Amtsmissbrauchs angeklagt.

Für Egisto Ott und Hans-Jörg Jenewein geht es zurück an den Start. Der Prozess gegen den früheren Staatsschützer und seinen mitangeklagten Politiker-Freund – Jenewein saß für die FPÖ von 2017 bis 2019 im Nationalrat und arbeitet auch aktuell wieder für die Blauen im Parlament – begann eigentlich schon im vergangenen Herbst (ZackZack berichtete).

Mehrmals musste aber vertagt werden: Erst verzögerte Jeneweins Anwalt mit einem Stunt rund um Immunitätsfragen das Verfahren; im Dezember meldete sich der Politiker dann krank. In der Zwischenzeit trudelten gegen beide Männer weitere, fertige Strafanträge ein, was einen Richterwechsel nach sich zog und nun zu einer Neuauflage führt.

Diesmal sitzen Ott und Jenewein aber nicht alleine auf der Anklagebank: Durch die Anklage-Erweiterung werden auch die frühere Kickl-Kabinettsmitarbeiterin N. und ein ehemaliger Informant des österreichischen Staatsschutzes, der Deutsche H., vor Gericht Platz nehmen. Den vier Angeklagten ist eines gemein: Sie sollen sich laut Staatsanwaltschaft zwischen 2018 und 2021 gegenseitig geheime Informationen geschickt- oder zu Verletzung des Amtsgeheimnisses angestiftet haben. Im Fall von Jenewein und der Kickl-Mitarbeiterin N. geht es sogar um Amtsmissbrauch, wo ein Strafrahmen bis zu fünf Jahren möglich wäre. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Hintergrund: die schwarz-blaue Staatsaffäre

Die Causa geht auf die Skandaljahre des 2021 aufgelösten Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämofung (BVT) zurück. Das Amt war in den 2010ern von Intrigen, Informationsabflüssen und dubiosen Nebengeschäften beherrscht. Herbert Kickl griff als Innenminister 2018 brachial in den Machtkampf ein, ließ die Behörde von Polizisten stürmen und wollte sie politisch unter Kontrolle bringen – von traditionell Schwarz Richtung Blau.

Damit nicht genug wird diesen Jahren aber auch gefährliche Einflussnahme aus Moskau zugeschrieben. Der flüchtige Wirecard-Manager Jan Marsalek soll schon ab 2013 für den russischen Geheimdienst FSB tätig gewesen sein, hatte sowohl gute Kontakte zu ÖVP und FPÖ und ging im Innenministerium öfters ein und aus. Marsaleks engster Mann war der bis 2017 tätige BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss, der seit 2021 ebenfalls flüchtig ist und sich wohl in Dubai aufhält. Ihm war wiederum Egisto Ott als Beamter stets treu ergeben, beide begehrten gegen die damalige BMI-Führungsriege auf.

Ermittlungen gegen Ott starteten schon Ende 2017, gestalteten sich lange Zeit schleppend. Zudem ist die zuständige, eingesetzte Sonderermittlungsgruppe “AG Fama” nicht unumstritten – ihr wurde wiederholt Befangenheit und ÖVP-Nähe vorgeworfen. Gegen Weiss, der sich seit Frühjahr 2021 dem Verfahren entzieht, regten die Ermittler erst im September 2023 Fahndungsmaßnahmen an. Nun liegt es an der Justiz, die vielen Vorwürfe und Ermittlungsstränge nach und nach abzuarbeiten. Während die großen Spionageermittlungen noch laufen, landen kleinere Causen wie das heutige Verfahren schon vor Gericht.

Zwei Kickl-Vertraute vor Gericht

Zu den Vorwürfen: Bekannt ist, dass sich Ott und Jenewein rund um den BVT-U-Ausschuss (auch eine Folge von Kickls Razzia, Anm.) eifrig austauschten. Für den Staatsanwalt bestand darin eine “Kooperation”, die man politisch bzw. medial verwerten wollte; Ott behauptet wiederum, er habe nur “unbeschreibliche Missstände” aufzeigen wollen. Jedenfalls schickte er Jenewein im Herbst 2018 Infos zu einem Geheimdiensttreffen, der FPÖ-Politiker fotografierte wiederum – verbotenerweise – Ausschuss-Zeugen und versendete die Bilder an Ott und eine FPÖ-Medienmitarbeiterin. “War nicht die beste Idee”, zeigte sich Jenewein in der ersten Prozessauflage zerknirscht.

Nun kommt ein weiteres Faktum hinzu: Ott soll Jenewein damals auch zwei Fotos und Namen von BVT-Beamten und Vertretern des südkoreanischen Geheimdienstes in Lederhosen geschickt haben. Die Weitergabe der 2016 in Wien aufgenommenen Bilder wird vom Staatsanwalt ebenfalls als illegal gewertet. Im Zusammenhang mit dem südkoreanischen Partnerdienst waren einst Vorwürfe gegen BVT-Beamte aufgekommen, die auch von Ott ventiliert wurden. Es ging um Spesenrechnungen und die Weitergabe nordkoreanischer Passrohlinge. Strafrechtlich blieb davon jedoch nichts übrig.

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Das inkriminierte Lederhosen-Bild.

Neu vor Gericht ist der Fall der früher im Kickl-Kabinett tätigen Mitarbeiterin N. Auch sie fiel im damaligen U-Ausschuss auf fragwürdige Weise auf: Unter Vorlage eines Presseausweises mischte sich die Referentin damals unter Medienvertreter, was für Irritationen sorgte. Angeklagt ist die Freiheitliche wegen Amtsmissbrauch. Jenewein soll auch sie angestiftet haben, Berichte zu Geheimdiensttreffen sowie eine Zeugenaussage des SPÖ-Politikers Franz Schnabl zu beschaffen.

Der dubiose Deutsche

Ein weiterer, neuer Vorwurf betrifft Egisto Ott und dessen deutschen Kontaktmann H., der seit über 25 Jahren in Wien lebt. Der 61-Jährige hat eine einigermaßen undurchsichtige Vita im Geheimdienst-Milieu. In den 1990er Jahren arbeitete er mit dem deutschen Geheimdienstkoordinator und CDU-Politiker Bernd Schmidbauer zusammen, ehe er nach Österreich zog.

Aus ZackZack vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass H. bereits unter dem früheren BVT-Chef Gert Polli 2004 an den österreichischen Staatsschutz andockte und bezahlter Informant des BVT wurde. Besonders eng arbeitete er mit dem flüchtigen Martin Weiss zusammen, soll bei der Geiselbefreiung eines Österreichers in Libyen mitgeholfen haben. H.s Informanten-Honorar beim BVT belief sich etwa in den Jahren 2014 bis 2016 laut eigenen Einvernahmen auf rund 20.000 Euro. Einbezahlt habe er das Geld auf ein Konto in Dubai.

Mit dem Abgang von Weiss aus dem Amt sei der Deutsche 2017 offiziell als Quelle stillgelegt worden, spielte aber weiterhin eine gewisse Rolle. Im April 2018 soll es etwa ein Treffen zwischen Weiss und Schmidbauer bei der damaligen Außenministerin Karin Kneissl und ihrem Generalsekretär Johannes Peterlik gegeben haben, H. habe derweil vor der Tür gewartet. Auch Schmidbauer bestätigte einen persönlichen Austausch. In Ermittlungsakten werden die Treffen mit möglichen Umstrukturierungen des BVT bzw. des Außenministeriums in Zusammenhang gebracht. Mit Ott stand H. ebenfalls in Kontakt. Dieser soll dem Deutschen im Juni 2020 vertrauliche Informationen zu zwei BVT-Beamten und einem verdeckten Ermittler “gesteckt” haben, die in weiterer Folge vermutlich den Weg nach Deutschland fanden. 

Anberaumt sind als Prozesstage bislang der heutige Freitag sowie der kommende Montag.


Titelbild: HELMUT FOHRINGER / ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com / Christopher Glanzl

Autor

  • Thomas Hoisl

    Ist seit April 2024 bei ZackZack. Arbeitete zuvor u.a. für "profil". Widmet sich oft Sicherheitsthemen oder Korruptionsfällen.

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