Die Politik von US-Präsident Donald Trump stößt bei vielen ehemaligen Verbündeten auf Unverständnis. Nicht nur in Europa formiert sich Widerstand gegen die Vereinigten Staaten unter Trump, Vance und Musk.
“Trump will die EU zerstören” – titelte das Politmagazin “Politico” am Donnerstag. Feindselige Reden, diplomatisch eindeutige Symbolik und der angekündigte Handelskrieg mit Europa: Die USA wollen einen Keil in die EU treiben. Bereits in seiner ersten Amtszeit bezeichnete Trump die Europäische Union als „so böse wie China”. Nun legte er nach: „Die EU ist sehr schlecht für uns” und „absolut brutal im Handel”, so der US-Präsident im Jänner und Februar 2025. In seiner ersten Amtszeit war es Trump nicht gelungen, das enorme Handelsdefizit der USA mit der EU auszugleichen.
Unmut macht sich auch außerhalb der EU breit. Nachdem Trump spontan Zölle von 25 Prozent auf kanadische Waren angekündigt hatte und den nördlichen Nachbarn öffentlich als 51. Bundesstaat betrachtet, grassiert in Kanada zunehmend eine Anti-USA-Stimmung in der Bevölkerung.
Diplomatisches Zähneknirschen in der EU
Noch bewahren alle führenden Köpfe auf beiden Seiten des Atlantiks so weit sie das können die Fassung. Dennoch ist die Verstimmung zwischen EU-Größen und den USA nicht zu überhören. Anlässe dafür gibt es viele.
Da war zunächst die Rede des Vizepräsidenten J.D. Vance in München, in der er der Europäischen Union Zensur und undemokratisches Verhalten vorwarf, weil sie Inhalte in sozialen Medien regulieren will und in Deutschland “Brandmauern” gegen die AfD gebildet würden. Reaktionen von deutschen Spitzenpolitikern fielen danach merkbar vorsichtig aus. Klassische Stehsätze und Begriffe wie “inakzeptabel” und “irritierend” unterstrichen die kalmierenden Absichten Deutschlands gegenüber den USA.
Die öffentliche Vorführung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenksyj in Washington am 28. Februar, haben die USA vom engsten Verbündeten über Nacht zu einem Widersacher der Europäischen Union gemacht. Europa hat die Zeichen der Zeit scheinbar verstanden und rüstet auf – militärisch und verbal.
Zu ernsten Wortgefechten kam es beispielsweise unlängst zwischen Vance, britischen Vertretern und dem französischem Präsidenten Emmanuel Macron. Der US-Vizepräsident machte in einem Statement britische und französische Soldaten lächerlich, als er sagte, der US-Rohstoffdeal mit der Ukraine sei für das Land „eine viel bessere Sicherheitsgarantie als 20.000 Soldaten aus irgendeinem Land, das seit 30 oder 40 Jahren keinen Krieg geführt hat.“
Johnny Mercer, ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium, bezeichnete Vance daraufhin als „Clown“. Lord Alan West, ehemaliger Admiral der Marine schoss nach: „Als ob er [Vance] ein großer Held wäre – alles was er je getan hätte, sei Artikel zu schreiben und Fotos zu machen.“ Macron meinte: „Die französischen und britischen Soldaten, die im Kampf gegen den Terrorismus gestorben sind, die an der Seite amerikanischer Soldaten gekämpft und manchmal ihr Leben gelassen haben, verdienen mehr als die Geringschätzung des amerikanischen Vizepräsidenten.“
Freundlich dürften die Beziehungen derzeit nur zu einem EU-Land sein: Ungarn. Die USA unter Trump können sich auf das trojanische Pferd Viktor Orbán und dessen Destabiliserungsversuche in der EU bisher verlassen. Erst kürzlich versuchte Orbán, Milliarden an Militärhilfen für die Ukraine zu blockieren.
Doch die anderen 26 Staatschefs ließen sich von Ungarn nicht beeindrucken. Stattdessen sei Orbán nun zunehmend isoliert, schreibt das Handelsblatt, das EU-Vertreter mit der Frage „wie lange die EU Ungarns Blockadepolitik noch tolerieren könne” zitiert. Trumps Ziel, die EU zu schwächen scheint bislang nach hinten loszugehen. Die EU gibt ein selten geeintes Bild ab.
Anti-USA Stimmung
Wozu die diplomatischen Verstimmungen konkret führen können, konnte man vielerorts bereits beobachten. Nach der Demütigung Selenskyjs im Weißen Haus drohte der größte norwegische maritime Treibstoff-Konzern “Haltbakk Bunkers” US-Kriegsschiffe nicht mehr mit Treibstoff zu versorgen. In einem Statement schrieb Haltbakk: „Wir haben beschlossen, die Versorgung der amerikanischen Streitkräfte in Norwegen und ihrer Schiffe, die norwegische Häfen anlaufen, mit Kraftstoff sofort einzustellen. Kein Treibstoff für Amerikaner!“ Der norwegische Verteidigungsminister Tore Sandvik geriet unter Druck und ließ verlautbaren, dass amerikanische Schiffe weiterhin in Norwegen tanken könnten.
Unbequem wird die antiamerikanische Stimmung in der Bevölkerung für US-Unternehmen in Kanada. Nach den angekündigten Zöllen von 25 Prozent auf kanadische Produkte, die bereits wieder pausiert sind, formierte sich beim nördlichen Nachbarn die Konsumbewegung “Buy Canadian”, die US-Produkte boykottierte. Das könnte auch zu verstärkter wirtschaftlicher Zusammenarbeit zwischen der EU und Kanada führen – zum Nachteil der USA. Bereits jetzt importiert Kanada Produkte wie Zitrusfrüchte, Wein und Käse zunehmend aus der Europäischen Union.
Bewegungen, US-Produkte zu meiden, gibt es mittlerweile auch in Europa, wo die Anti-USA-Stimmung immer lauter wird. In Dänemark hat die “Salling Group”, die größte Einzelhandelskette im Lebensmittelbereich, eigene Labels für EU-Produkte eingeführt, um Kunden die Kaufentscheidung zugunsten europäischer Produkte zu erleichtern. Wegen Spannungen mit Trump rund um die Annexion Grönlands würden dänische Konsumenten US-Produkte vermeiden, schrieb das Onlinemagazin NordiskPost. Doch die Anti-USA-Stimmung geht weit über Norwegen und Dänemark hinaus, ist längst auch in Finnland, Schweden und Deutschland angekommen.
Auch in Umfragen schlägt sich das verbale Säbelrasseln nieder: Nur noch jeder oder jede sechste Deutsche sieht die USA als Verbündeten. Ähnlich eine EU-Umfrage des European Council on Foreign Relations (ECFR) mit 18.500 Befragten. Demnach seien die USA ein “notwendiger Partner”, aber kein Verbündeter.