Samstag, März 22, 2025

Staatsanwaltschaft Krems: Pilnacek-Verfahren „daschlogn“

Mit einer Anfrage von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker geraten Staatsanwaltschaft Krems und Oberstaatsanwaltschaft Wien ins Visier der parlamentarischen Kontrolle. Jetzt wird auch den Freunden des Landeskriminalamts Niederösterreich auf die Finger geschaut.

Lange wollte in Rossatz niemand den Mund aufmachen. Den Feuerwehrleuten, die Christian Pilnaceks leblosen Körper aus dem Wasser gezogen hatte, wurde gleich vor Ort klargemacht, dass sie ihn halten sollten.

Pilnaceks letzte Gefährtin Karin Wurm berichtet über ihre Mitbewohnerin im Haus in Rossatz, Sobotkas Mitarbeiterin Anna P.: „Es wurde ihr vom Herrn Sobotka gesagt, sie soll sich von mir fernhalten, sie soll aufpassen, dass ich nicht mit Journalisten spreche und sie soll mir sagen, dass es Selbstmord war, und dabei bleibt´s!“

Notärztin Dagmar W. ließ sich als einzige nicht einschüchtern und setzte gegen Polizeibeamte die Obduktion durch.

Selbstmord stand fest

Noch bevor die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Krems wegen fahrlässiger Tötung begonnen hatten, stand mit „Selbstmord“ ihr Ergebnis fest. Weil zur Aufklärung des „Selbstmords“ Pilnaceks Handy nicht gebraucht wurde, konnte es vom Landeskriminalamt St. Pölten schnell zur Grazer Gerichtspräsidentin Caroline List entsorgt werden. Dort wurde das Beweismittel bekanntlich vernichtet.

Bisher trafen die Vorwürfe der gezielten Vertuschung die Kriminalpolizei in St. Pölten. Doch jetzt gerät immer mehr die Herrin des Verfahrens ins Visier: die Staatsanwaltschaft Krems. Dort begannen am 20. Oktober 2023 die Ermittlungen. Das Delikt hieß „fahrlässige Tötung“. Auch in Krems weiß man, dass es zur fahrlässigen Tötung neben Pilnacek noch einer weiteren Person bedarf. Aber nach der wurde mit allen Mitteln nicht gesucht. Damit wurden wichtige Regeln seriöser staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen verletzt:

  • Bei einem Tötungsdelikt werden sofort die Rufdaten des Handys des Opfers erfasst. Damit weiß man, mit wem das Opfer in seinen letzten Stunden Kontakt hatte und wo es sich aufhielt. Die Staatsanwaltschaft Krems wollte das alles offensichtlich nicht wissen.
  • Dann wird das Handy selbst ausgewertet. Im Fall „Pilnacek“ hätte man damit gewusst, wem er die vielen Nachrichten seiner letzten Stunden geschickt hatte – und mit wem er ein Treffen wenige Stunden vor seinem Tod vereinbart hatte. Aber der Staatsanwaltschaft war Pilnaceks Handy egal.
  • Später erfuhr die StA Krems, dass das Landeskriminalamt das Handy noch am selben Tag hinter ihrem Rücken aus den Ermittlungen verschwinden hatte lassen – und deckte das Verhalten der Kriminalpolizisten.
  • Am Ufer wurden unterschiedliche Fußspuren gefunden. Aber niemand in der StA Krems fragte nach, wie viele Personen auf Grund der Spuren am Ufer gewesen waren.

Die “Ermittlungen” des Landeskriminalamts St. Pölten sind inzwischen Gegenstand eines Verfahrens, das die WKStA wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet hat. Gegen die Leitung der Staatsanwaltschaft Krems wird derzeit noch nicht ermittelt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Anfrage der FPÖ

Immer mehr deutet darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft Krems bei der Vertuschung des Tötungsfalls „Pilnacek“ die Komplizin der Kriminalpolizei gewesen ist. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker hat dazu eine parlamentarische Anfrage an die neue Justizministerin eingebracht.

Seine erste Frage richtet sich auf das seltsame Verhalten der gemeinsamen Oberbehörde von StA Krems und WKStA – der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Hafenecker fragt: „Warum widersprechen sich die OStA Wien, als übergeordnete Behörde, und die WKStA in ihren öffentlichen Äußerungen und Einschätzungen zum Ableben Pilnaceks und dem Vorgehen der involvierten Behörden, insbesondere der StA Krems?“

Dann kommt der freiheitliche Abgeordnete zur Todesursache: „Wie ist es zu erklären, dass im von der StA Krems beauftragten Gutachten nicht von einem „Suizid“ gesprochen wird, dies aber immer noch als offizielle Todesursache Pilnaceks gilt?“

Deckel bleibt drauf

Dann kommt Hafenecker zur heikelsten Frage: „Warum wurde trotz dem öffentlichen Bekanntwerden von zwei neuen gerichtsmedizinisch-forensischen Gutachten zum Ableben Pilnaceks keine Verfahrenswiederaufnahme eingeleitet? Warum gibt es bisher keine Ermittlung wegen des Verdachts auf ein Tötungsdelikt bzw. Mord?“ Und: „Wurden besagte Gutachten von den zuständigen Behörden angefordert und/oder eingesehen?“

Die Antwort auf diese letzten Fragen ist einfach: Nein. Bis heute interessiert sich niemand in Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium für die zwei neuen Gutachten renommierter Gerichtsmediziner aus Berlin und Innsbruck, die Suizid ausschließen und klar auf ein Tötungsdelikt hinweisen. Oberstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft Krems versuchen immer noch alles, damit der Deckel auf dem vorschnell geschlossenen Akt bleibt.

Aufdecker statt Täterin verfolgt

Doch die StA Krems geht noch weiter. Obwohl durch Zeugenaussagen längst klar ist, dass ich Pilnaceks Laptop nicht einmal gesehen habe, wird genau wegen dieses Datenträgers gegen mich wegen widerrechtlichem Zugriff auf ein Computersystem, Diebstahl, schwerem Diebstahl, Unterschlagung, Hehlerei und Unterdrückung eines Beweismittels ermittelt. Die Staatsanwältin, die mich fälschlich verfolgt, weiß genau, dass längst feststeht, das nicht ich, sondern Sobotkas Mitarbeiterin Anna P. den Laptop aus dem Haus in Rossatz verschwinden hat lassen.

Das einzige Delikt, dass mir die StA Krems vorwerfen könnte, ist Ruhestörung im Pilnacek-Verfahren. Diese Ruhe ist die Friedhofsruhe eines „daschlogenen“ Verfahrens. Die störe ich gerne, aber längst nicht mehr allein.

Im Nationalrat haben FPÖ und Grüne begonnen, den Fall „Pilnacek“ mit ihren Mitteln aufzuklären. Der nächste Schritt heißt dann wohl „Untersuchungsausschuss“. Seine Einsetzung liegt in den Händen der FPÖ.

Seit mein Buch zum Fall „Pilnacek“ erschienen ist, weicht in Rossatz die Angst einem neuen Gefühl. Immer mehr Zeugen der Vorgänge melden sich und wollen zur Aufklärung beitragen. Darüber werden wir auf ZackZack gerne und ausführlich berichten.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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