In ihrer Einvernahme bei der WKStA belastete Pilnacek-Gefährtin Karin Wurm Bundespolizeidirektor Michael Takacs schwer. ZackZack hat das Protokoll.
Am 28. Februar 2025 äußerte Rechtsanwalt Volkert Sackmann für seine Mandantin eine Bitte. Pilnaceks letzte Gefährtin Karin Wurm wollte die Aussage, die sie am 4. April 2024 in der WKStA gemacht hatte, „ergänzen“. Am 4. März 2025 saß Wurm um 10 Uhr ein zweites Mal in der WKStA. Bald stellte sich heraus, dass Wurm ihre erste Aussage in einem wesentlichen Punkt ändern wollte. Für Bundespolizeidirektor Michael Takacs verhieß das nichts Gutes.
Schmutzwäsche
Im April 2024 hatte Wurm noch nichts über das Schicksal von Pilnaceks privatem Laptop berichtet. Jetzt konnte sie sich genau erinnern.
Kurz nach 10 Uhr begann Wurm auszupacken. Zuerst ging es um eine unangenehme Erfahrung mit einem Journalisten: „Grund meines Erscheinens ist, dass in den Medien „Schmutzwäsche“ gegen mich gewaschen und von Herrn Rohrhofer geschrieben wird, dass ich einen Datenträger verkauft hätte und ich mir dadurch ein Geschäft in Krems erworben hätte. Das glauben die Menschen in Krems, die Geschäftsumsätze gehen zurück und es kommen weniger Leute zu mir ins Geschäft.“
Gernot Rohrhofer ist der Presse-Redakteur, dessen Pilnacek-Buch von Sebastian Kurz auf X begeistert beworben wird.
Telefonate mit Takacs und Sobotka
Die Staatsanwältin wollte mehr wissen. Wurm wohnte damals mit Anna P., einer persönlichen Mitarbeiterin von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, in ihrem Haus in Rossatz. Christian Pilnacek übernachtete dort jeden zweiten Tag.
Anna P. hatte gute Verbindungen ins Innenministerium. Wurm sagte aus: „P. hat mehrmals mir gegenüber gesagt, dass sie sich schon um die Sache mit dem Laptop kümmern werde, ´wozu habe man schließlich Kontakte´. Ich habe mitbekommen, dass sie mehrmals mit Takacs und ihrem (damaligen) Chef Mag. Wolfgang Sobotka telefoniert hat.“
Dann wurde Wurm konkret: „An ein Gespräch kann ich mich sehr gut erinnern, und zwar hat sie mir das nachher erzählt. ´Der „Taki” hat gesagt, ich soll ihn verschwinden lassen´.“ Aber wen sollte Anna P. verschwinden lassen? Wurm antwortete: „Mit ´ihn verschwinden lassen´ war sicherlich der Laptop gemeint.“
Ein paar Tage nach Pilnaceks Tod
An diesem Punkt wollte die Staatsanwältin wissen, wann Takacs mit Anna P. dieses Telefonat geführt habe. „Auf Nachfrage gebe ich an, dass all die beschriebenen Vorkommnisse noch zu der Zeit waren, als Frau P. noch bei mir gewohnt hat. Frau P. ist dann etwa 3 bis 4 Wochen nach dem Auffinden von Pilnacek ausgezogen.“
Später wurde Wurm genauer: „Ein paar Tage nach dem Tod von Pilnacek habe ich ein Gespräch zwischen P. und Takacs mitbekommen, in dem er zu P. gesagt hat, ´lass ihn
Verschwinden´.“ Wurm hatte das Gespräch nicht persönlich gehört. „Ich war bei diesem Gespräch nicht selbst dabei. P. hat mir gleich nach dem Gespräch mit Takacs, das sie bei mir im Haus geführt hat, davon erzählt, und gesagt, dass sie den Laptop verschwinden lassen soll. Das habe ihr Takacs am Telefon geraten.“
„auf freundschaftlicher Ebene“
Am 23. Mai 2024 saß Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. als Zeugin bei der WKStA. Die Staatsanwältin wollte wissen, welche Rolle Takacs in den Morgenstunden, als Anna P. und Karin Wurm gemeinsam nach Pilnacek suchten, gespielt hatte: „Wann und warum wurde von Ihnen Gen Michael Takacs kontaktiert?“
Anna P. antwortete: „Ich habe ihn angerufen, weil Karin mir sagte, dass Mag. Pilnacek nicht aufzufinden wäre. Mir kam das komisch vor und ich war sehr aufgeregt. Ich habe versucht, zwei Polizisten, die in Mautern Dienst machen, zu erreichen. Diese kenne ich privat, ich habe sie jedoch nicht erreicht. Daraufhin habe ich Gen Takacs angerufen, diesen kenne ich vom Dienst her. Ich habe ihn um Rat gefragt und er meinte, dass wir ihn erst einmal selbst suchen sollten.“
Die Staatsanwältin fragte nach: „Haben Sie General Michael Takacs zu einem späteren Zeitpunkt nochmals kontaktiert?“ Anna P. gab zu Protokoll: „Ich habe ihn später angerufen und ihm nur gesagt, dass wir Mag. Pilnacek tot aufgefunden hätten. Ich konnte das Gespräch aufgrund der emotionalen Lage nicht länger fortsetzen.“
Dann kam Anna P. zu einem entscheidenden Punkt: „Ich telefonierte dann in den nächsten Tagen mehrmals privat mit Gen Takacs, er wollte wissen, wie es mir gehe und ob ich etwas brauchen würde. Das waren Telefonate auf freundschaftlicher Ebene.“
Wildschaden und Laptop
Damit war klar, dass Takacs kurz nach Pilnaceks Tod von Anna P. wissen wollte, „ob sie etwas brauchen würde“. Am 27. Februar 2025 versuchte Takacs, sich in der Kronen Zeitung zu rechtfertigen: „Den angeblichen Rat hat es nicht gegeben.“ Aber dann erinnerte sich Takacs doch: „Richtig ist, dass die gemeinsame Bekannte wegen der persönlichen Gegenstände angerufen hat.“ Der Krone-Redakteur fragte nicht nach, wer die „gemeinsame Bekannte“ war und wegen welcher „persönlicher Gegenstände“ Anna P. den Polizeichef um Rat gefragt hatte.
Für Takacs war alles nichts Besonderes: „Dass sich jemand in so einer Situation an eine Vertrauensperson wendet, ist völlig normal. Denken Sie an einen Wildschaden-Unfall oder einen Einbruch: Die meisten Menschen rufen dann jemanden an, der sich auskennt – einen Polizisten, einen Anwalt, vielleicht einfach einen erfahrenen Bekannten. Das ist nichts Ungewöhnliches.“ Der Unterschied zwischen Pilnaceks Laptop und einem Reh schien für Takacs nicht ins Gewicht zu fallen.
Wurm berichtete der Staatsanwältin über die Begründung, die Anna P. für ihren Auszug aus dem Haus in Rossatz: gab „Sie hat mir auch gesagt, dass der Wolfgang sie unter Druck setzte und das der Grund war, dass sie auszog. P. sagte mir auch, dass Sobotka gesagt hätte, dass ich mich von Journalisten fernhalten sollte, ´Pilnacek habe sich umgebracht und dabei bleibt es!´”
Angst vor Sobotka
Aber warum hatte Wurm das alles der WKStA bei ihrer ersten Einvernahme im April 2024 verschwiegen? Wurm versuchte sich zu rechtfertigen: „Ich weiß, dass ich dies bereits bei meiner ersten Aussage am 4. April 2024 vor der WKStA hätte zu Protokoll geben können. Warum ich es nicht getan habe, beantworte ich damit, dass ich verstört gewesen bin; ich hatte auch Angst, dass mir durch die Sache Nachteile erwachsen hätten können. Jetzt merke ich, dass das auch tatsächlich so ist.“
Dann wurde Wurm genauer: „Ich hatte mich aufgrund der Äußerungen von Sobotka gegenüber P. eingeschüchtert gefühlt.“
An dem Punkt hielt die Staatsanwältin Wurm vor, dass sich Chefinspektor Hannes Fellner mehrmals bei ihr nach dem Laptop erkundigt habe. Wurm antwortete: „Anna P. hat gesagt, ich soll niemanden etwas über den Laptop sagen und ich habe mich daran gehalten. Das war der Grund, warum ich nichts über den Verbleib des Laptops gesagt habe. Man weiß auch nicht, wem man vertrauen kann. Der Umstand, dass Anna P. auch Takacs mit dem Laptop befasst hat, hat mich damals beruhigt.“
Der höchste Polizist
Anna P. nannte Takacs auch Wurm gegenüber „Taki“. Wurm erklärte: „Ich habe auch P. gefragt, wer der „Taki“ sei und sie hat mir darauf geantwortet, dass das der höchste Polizist sei.“ Die Staatsanwältin fragte nach dem Verhältnis der beiden. Wurm antwortete: „Es ist ein freundschaftliches Verhältnis und es wurden auch private Themen zwischen den beiden besprochen. Ich weiß auch, dass sie ihn öfters im Innenministerium besucht hat.“
ZackZack hat General Takacs elf Fragen gestellt.
Takacs hat die Frist ohne Reaktion verstreichen lassen. Nach wie vor beantwortet Takacs keine Fragen von ZackZack.
p.s.: Das Pilnacek-Buch, das die Volksanwältin von der Notwendigkeit der Prüfung überzeugt hat, gibt es hier im ZackZack-Shop mit exklusiver Widmung.
Titelbild: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com / EVA MANHART / APA / picturedesk.com / LKA Niederösterreich