Während Familienmedien der ÖVP Gerhard Karner und Alfred Gusenbauer feiern, klären wir den Fall „Pilnacek“.
Als Innenminister Gerhard Karner der Kleinen Zeitung neulich ein Interview gab, stand er sichtlich nicht unter Wahrheitspflicht: „Kickl und Pilz bilden eine neue Verlierer-Koalition“.
Damit doppelt besser hält, ließ Karner gleich auch in Die Presse die „Verliererkoalition aus Pilz und Kickl“ mit fast wortgleichen Ansagen ins Blatt rücken.
An Karners Doppel-Ansage ist nur zweierlei falsch: Die ÖVP und nicht Kickl hat die letzte Wahl verloren, und: Im Gegensatz zur ÖVP suche ich keine Koalition mit der FPÖ. Ich bin nur dafür, dass die ÖVP-Affäre „Pilnacek“ parlamentarisch aufgeklärt wird. Genau das macht die FPÖ möglich, und darüber werden wir in ZackZack berichten.
Schützend vor Polizei und Partei
In seiner Doppelpack-Verteidigung zeigte der Minister Nerven. Die „Arbeit der Polizei schlechtzumachen, das finde ich schäbig.“ Aber schlechte Arbeit wie im Fall „Pilnacek“ kann man nicht schlechtmachen. Man kann nur aufklären, warum Karners Beamte weit dümmer schienen als es die Polizei normalerweise erlaubt.
„Ich stelle mich schützend vor die Arbeit der Polizei.“ Dieser Satz des Ministers beschreibt den politischen Teil des Problems. Karner stellte sich schützend vor eine Polizeiarbeit, die auf der Skala zwischen „grottenschlecht“ und „amtsmissbräuchlich“ noch genau eingeordnet werden muss. Die Beamten, die statt einer Todesursache nach Datenträgern gesucht haben, können selbstverständlich weitermachen. In St. Pölten und Wien werden sie offensichtlich noch gebraucht.
Dringender gebraucht werden im Moment aber Zeitungen, die sich schützend vor den Minister stellen. Seit sich abzeichnet, dass mein Pilnacek-Buch einen U-Ausschuss nach sich zieht, wollen Medien von Kronen Zeitung bis Standard genauer wissen, was rund um den dubiosen Tod von Christian Pilnacek wirklich geschehen ist. Mit Verzögerung hat es die Affäre „Pilnacek“ sogar in den ORF geschafft. Jetzt gibt es nicht mehr viele, die aus Sicht der ÖVP noch „halten“.
Zwei Familien
So wie Kurier und Profil bei Raiffeisen sind auch Kleine Zeitung und Presse Mitglieder einer Familie: der Styria Media Group. 98,33 Prozent davon gehören dem Katholischen Presseverein, der direkten Verbindung zur zweiten Familie: der ÖVP.
Im Familienjournalismus ist es üblich, dass man gruppenweise zum Ministerinterview einbestellt wird. Vorführungen wie die bei Karner sagen wenig über die Journalistinnen, die hingehen müssen, und viel über ihre Chefs, die sie hinschicken.
Gusenbauer donnert
Der Chef der Kleinen Zeitung hatte dazu noch anderes zu tun. „Unter der Schirmherrschaft von Dr. Alfred Gusenbauer stand neben anregenden Diskussionen und Keynotes dieses Jahr ein Gala Dinner im Falkensteiner Salon-Restaurant sowie mit Verkostung von Weinen des Weinguts Allegrini aus dem Valpolicella Classica-Gebiet auf dem Programm.“ Ein IT-Unternehmen hatte es mit Hilfe eines SPÖ-nahen „Beraters“ geschafft, den gescheiterten deutschen Verteidigungsminister Guttenberg, den Benko-Spezi und Ex-Kanzler Gusenbauer und die freiheitliche Spitzenkraft Barbara Kolm nach Velden zu bringen.
Kleine Zeitung-Herausgeber Hubert Patterer war aus Graz angereist und berichtete staunend: „Dann spricht der frühere SPÖ-Kanzler über die Notwendigkeit der Deregulierung, des Aufrüstens („Ich war Friedensaktivist“) und des Freihandelsvertrags mit den Lateinamerikanern: Die große Unordnung mache es notwendig, Mercosur rasch zu ratifizieren, was denn sonst.“
Patterer spürte, dass er Zeuge eines historischen Gusenbauer-Ausbruchs wurde: „Gusenbauer donnert die Forderung auf spanisch in den Saal.“ Kurz darauf stand der Zeitungs-Herausgeber mit dem Ex-Benko-Aufsichtsratschef im Freien und resumierte: „Erfrischende Chaos-Vermessung, so erfrischend wie der Aperol und der Frühlingswind draußen an den Gestaden des Sees.“
So ungefähr muss es wohl auf einer Wörthersee-Titanic zugehen: Der Herausgeber prostet dem Benko-Chefspezi zu, beide vermessen das politische Chaos und denken bei Aperol und Wein ein paar Stunden nicht daran, dass die Zeitung längst um ihre Leser und der Ex-Kanzler um weit mehr zittert.
Wunderkinder
Seinerzeit hat Patterer reumütig beschrieben, wie er auf Justizminister Wolfgang Brandstetter hineingefallen ist. Jetzt preist er Gusenbauer, den SPÖ-Kanzler, der seit Jahrzehnten in Säle, Parteivorstände und Aufsichtsratssitzungen donnert und irgendwann auf seinem Weg die Amtsgier gegen die Geldgier getauscht hat.
Grasser, Gusenbauer, Brandstetter, Benko und zuletzt Kurz – das waren die Wunderkinder, die von so unterschiedlichen Herausgebern wie Wolfgang Fellner und Hubert Patterer großgejubelt worden sind.
Ihnen ist es nie um Alternativen zur vorherrschenden Politik, sondern nur um Stars in immer demselben Theater gegangen. Wenn ihre Stars verglüht und immer öfter vor einem Strafrichter gelandet waren, kam keine neue Politik, sondern das nächste Sternchen.
Die letzte Suppe
Es war eine lange Starnacht am Wörthersee. Patterer musste sich mit Gusenbauer begnügen, weil Karl Nehammer und Christian Stocker nicht einmal mehr startauglich sind. Nehammer hat ein verheerendes Budgetloch gerissen und sich mit seinem Finanzminister gerade noch rechtzeitig in lukrative Posten jenseits der Grenzen verdrückt.
Stocker badet die letzte Suppe der ÖVP aus. Inserate und Familieninteressen werden dafür sorgen, dass auch er sich noch schöne Interviews und die Titel dazu bestellen kann. Einige Herausgeber werden mit ihren Lieblingen wohl noch ein paar Starnächte feiern, auch weil sie wissen, dass man im Wörthersee nicht tief sinken kann.
Wir brauchen euch
Dass der Fall „Pilnacek“ trotz der Familienmedien unter Kreuz und Giebelkreuz aufgeklärt wird, dafür sorgen wir mit ZackZack, so wie wir für die einzigen Berichte über Österreichs Putin-Dealer von Raiffeisen über Industriellen-Chef Georg Knill bis zu Swarowskis Militäroptik sorgen.
Im Gegensatz zu Raiffeisen- und Styria-Medien bekommen wir dafür keine Regierungsinserate. Wir brauchen euch als Clubmitglieder, weil unser Geld trotz unserer Erfolge knapp ist.
Der Link ist hier. Wir haben viel vor. Ihr entscheidet, wie stark wir weitermachen können.
p.s.: Mein Pilnacek-Buch, das Polizeichef Takacs und Kripo-Chef Pfandler verbieten lassen wollen, gibt es hier. Ich schreibe auch gerne eine Widmung hinein.