Trumps wirre Ankündigung zu Importzöllen schadet vor allem der US-Wirtschaft und den Konsumentinnen und Konsumenten in den USA. Vielleicht sind es aber nicht nur wirre Ankündigungen – vielleicht macht der Präsident ja gerade damit gutes Geld.
Es wird so viel geschrieben über Trumps sogenannte Zoll-Politik oder einen sogenannten Zoll-Krieg. Und es wird dabei oft vergessen, die genauen Umstände im Auge zu behalten. Die Erhöhung von Importzöllen aus anderen Ländern trifft erst sekundär den ausländischen Exporteur (denn er hat ja noch andere Abnehmerländer als die USA), primär aber den inländischen Importeur. Trump bestraft mit seinen Ankündigungen also vor allem US-amerikanische Unternehmen. So hat das ganze Hin und Her begonnen, das BR24 (Bayerischer Rundfunk) lapidar kommentiert:
US-Präsident Trump macht einen weiteren Rückzieher in seinem Zoll-Rundumschlag: Die US-Regierung hat überraschend Smartphones, Laptops und andere Elektronik von Sonderzöllen gegen zahlreiche Länder – darunter China – ausgenommen. Die Ausnahme ist eine große Erleichterung für amerikanische Anbieter von Computertechnik, die ihre Geräte größtenteils in Asien herstellen lassen.
Trumps Politik gegen US-Konsumenten
Es sind also Zölle vor allem gegen die eigenen US-amerikanischen Unternehmen. Und wenn sie tatsächlich in Kraft treten, betreffen sie zunächst die US-amerikanischen Konsumentinnen und Konsumenten. BR24 weiter:
Eine Begründung wurde zunächst weder von der Behörde noch vom Präsidialamt genannt. Die Ausnahmeregelungen deuten darauf hin, dass sich Trumps Regierung zunehmend bewusst wird, wie sehr die neuen Zölle auch US-Verbraucher mittelbar durch Preiserhöhungen treffen. Denn US-Technologiekonzerne wie der iPhone- und iPad-Hersteller Apple lassen ihre Produkte meist in China produzieren und hätten damit unter den neuen Zöllen stark gelitten.
Ein Rückgang bei Smartphones und Tablets hätte auch bald Auswirkungen auf alle jene Konzerne, die im Wesentlichen von deren Benutzerinnen und Benutzern abhängig sind: das sind großen Social-Media-Kartelle, die Online-Versandhäuser aber auch die Big-Data-Konzerne und Datenkraken wie Peter Thiels Palantir. Sie alle brauchen eine steigende Anzahl von Online-Nutzern und diese sitzen heute mehrheitlich nicht mehr an einem Desktop oder Laptop, sondern konsumieren via Smartphone und Tablet.
Der Himmel wird nicht herunterfallen
In China ist man sich der Tatsache bewusst, dass Trump vor allem den US-amerikanischen Markt bedroht. Thomas Hale aus Shanghai für die Financial Times:
„Der Himmel wird nicht einstürzen“, sagte der Sprecher der chinesischen Zollverwaltung, Lu Daliang, am Montag nach Angaben der staatlichen Medien. Er verwies auf die „enorme“ Inlandsnachfrage und wiederholte eine Reihe offizieller Kommentare, die die Widerstandsfähigkeit des Landes betonen.
Sogar Milliardäre in den USA, wie der Hedgefonds-Manager Ray Dalio sagen, wie The Guardian berichtet, ganz offen, dass die derzeitige Politik vor allem die USA selbst schwächt:
Der Milliardär und Investor Ray Dalio befürchtet, dass die USA aufgrund der Handelspolitik von Donald Trump „etwas Schlimmeres als eine Rezession“ erleben werden. In der NBC-Sendung Meet the Press am Sonntag sagte der 75-jährige Hedgefonds-Manager: “Ich denke, dass wir uns im Moment an einem Entscheidungspunkt befinden und einer Rezession sehr nahe sind. Und ich mache mir Sorgen über etwas Schlimmeres als eine Rezession, wenn wir nicht gut damit umgehen.”
Das iPhone kommt aus China
Nun ist es wohl richtig, dass die USA sich unter anderem auch in der Computertechnologie von asiatischen Ländern und vor allem von China abhängig gemacht haben: das iPhone kommt ebenso aus China wie andere Handys und Tablets und ein Großteil aller Produkte der Halbleiterindustrie. Doch weder ist das in wenigen Tagen oder Wochen so gekommen, sondern eine Entwicklung, die seit vielen Jahren vor sich geht, noch lässt sie sich durch einmalige Ankündigungen des Präsidenten umkehren.
Trumps Ankündigungspolitik mag in den Medien funktionieren. Obwohl die Leserinnen und Leserinnen nicht vier Jahre lang dabei durchhalten werden, jeden Tag neue Zahlen von Importzöllen zu lesen. Ein wirklicher Kampf gegen die Abhängigkeit von China wäre mit langfristigen Investitionen, eigener Produktion, der Ausbildung von Fachkräften und der Schaffung von Beschäftigung verbunden. Der SPIEGEL dazu:
Das Ziel der Trump-Regierung, mit ihrer Zollpolitik die heimische Produktion zu stärken, dürfte in der Praxis auf erhebliche Hürden stoßen. Ein Beispiel ist Lutnicks Vorstellung, iPhones künftig mithilfe von Robotern in den USA fertigen zu lassen. Branchenexperten halten das für kaum realistisch. Es fehle an qualifizierten Fachkräften, spezialisierten Zulieferern und der nötigen Infrastruktur. Zudem würde eine Verlagerung der Produktion in die Vereinigten Staaten die Geräte voraussichtlich deutlich verteuern.
Es ist nicht in Sicht, dass die derzeitige US-Regierung auch nur einen Schritt in diese Richtung geht. Wahrscheinlicher ist auch, dass Trumps anscheinend sinnloses und wirres Hin und Her von Ankündigungen ganz andere Hintergründe hat, als die Abhängigkeit von China zu verringern. Zu Recht wird gemutmaßt, dass bestimmte Spekulanten an der Ankündigungspolitik des Präsidenten verdienen. Es wäre ein Wunder, wenn der Geschäftsmann Trump da nicht selbst mitschneidet. Der SPIEGEL dazu:
Das handelspolitische Hin und Her der US-Regierung sorgt nicht nur international für Verunsicherung an den Börsen, sondern trifft auch US-Unternehmen und Verbraucher. Entsprechend deutlich fällt die Kritik der Demokraten aus, die im Kongress in beiden Kammern in der Minderheit sind. Eine konsistente Zollpolitik sei nicht erkennbar, sagte etwa die demokratische Senatorin Elizabeth Warren. »Das ist alles nur Chaos und Korruption«, sagte sie dem Sender ABC News und fragte mit Blick auf die Trump-Regierung: »Wie kann man nur einem dieser Typen glauben?«
Aufgrund der extremen Marktschwankungen, die mit Trumps Zollankündigungen einhergehen, haben Warren und andere Demokraten eine Untersuchung darüber gefordert, ob Mitglieder seiner Regierung sich möglicherweise unrechtmäßig an der Börse bereicherten.
Trump ist eben Geschäftsmann und kein Politiker. Er wurde aber von Primaten mit Smartphone gewählt. Wenn er ihnen das Smartphone wegnimmt, kann es sein, dass sie ihn nicht mehr so gerne haben.
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