Dass Superreiche und ihre Freunde im All umherschwirren zeigt, wie weit sie vom Leben normaler Menschen entfernt sind. Zeit, die Macht dieser Oligarchie zu brechen anstatt ihrer medialen Dauershow zu verfallen.
Der einzige Sinn der Raumfahrt lag von jeher in ihrer medialen Gewalt; in der Demonstration von Macht, sei es technologische oder politische. Der bemannte Mondflug, von John F. Kennedy als Ziel ausgerufen in einer Zeit, in der die UdSSR den USA technisch voraus war, war das Zeichen des Triumphs der Vereinigten Staaten. Er zeigte eine Vormachtstellung. Aber seine Bedeutung war eine rein symbolische.
Von Mondmission zu Mondmission nahm das Interesse des Publikums ab. Der letzte bemannte Mondflug (der Apollo-17) im Jahr 1972 brach alle Rekorde und versuchte mit Farbbildern zu locken. Aber die Medien konnten das Publikum damit nicht mehr locken. Im Gegenteil: Die Öffentlichkeit reagierte immer mehr mit Desinteresse.
Soziale Gleichgültigkeit
Einige der Astronauten der Mondmissionen wurden Politiker der republikanischen Partei. Eugene Cernan, der letzte Mensch, der auf der Mondoberfläche stand (im Jahr 1972) sagte im Wahlkampf 2012, der nächste republikanische Präsident Amerikas werde bis zum Ende seiner zweiten Amtsperiode den Bau einer Mondkolonie abgeschlossen und mit der Bevölkerung des Mondes begonnen haben. Daraus wurde anscheinend nichts.
Die Machtdemonstration der Reise ins Weltall ist den USA als Staat abhanden gekommen und in die Hände von Oligarchen gewandert. Hatte man in den Jahren 1969 bis 1972 vor dem sinnlosen Einsammeln von Steinen und Geröll auf dem Mond noch wenigstens einigermaßen Respekt, so wird heute klar, dass die Raumfahrt als Schmuck der Oligarchie nur mehr in ihren negativen Dimensionen Aussagekraft hat: Sie ist Beweis der sozialen Gleichgültigkeit und Rücksichtslosigkeit einer verkommenen Schicht von Super-Reichen, die von allem gelangweilt ist, die menschenverachtend und dumm ist.
Am Boden bleiben
Hundert Kilometer über der Erde, also nicht einmal in der sogenannten Exosphäre verbrachten statt beim Friseur sitzend auf Sitze geschnallt sechs Damen, die weder der Gleichberechtigung der Frau noch der Menschen damit etwas Gutes tun und auch nichts Gutes tun wollen. Was sie danach über dieses Spektakel von sich geben, ist ebenso dumm wie das Spektakel selbst. Dennoch ist damit viel gesagt; wenn wir mit unseren Gedanken am Boden bleiben.
Schauen wir uns heute auf der Welt um, so erkennen wir, dass die Medien, die bereits in Hand von Oligarchen sind, die Menschen vom tatsächlichen Weltgeschehen ablenken. Sie haben, ganz im Sinne Goebbels‘, nur mehr zwei Aufgaben: Propaganda und Ablenkung.
Die Un-Waren
Die Rechnung für das fehlende Interesse am politischen Geschehen wird den Menschen aber selbstverständlich präsentiert. Sie bezahlen schließlich für Propaganda und Ablenkung gleichermaßen. Und sie haben auch den »Raumflug« bezahlt, der Katy Perry zu folgender Erkenntnis bewegt hat: »Der Weltraum wird endlich glamourös.«
Dieses entbehrliche Schauspiel, bezahlt von Amazon-Kunden und viel zu niedrig entlohnten Boten und Produzenten, ist der Motor der Oligarchie. Neid kann diese Kaste nur mehr empfinden, wenn es Dinge gibt, die so wertvoll sind, dass man sie nicht bepreisen kann: Bildung, Kultur, Wissenschaft, Demokratie, Engagement, Gleichheit. Also bekämpft sie diese unglamorösen Un-Waren, um sie in jenen Ländern auszurotten, wo ihre Statthalter schon im Regierungsgebäude Platz genommen haben.
Zehn Minuten
Insofern ist der »Weltraumausflug« der sechs Damen ein Statement: Er zeigt uns, dass man von uns erwartet, wie sie Speichellecker und Arschkriecher der Oligarchen zu werden – einer beinahe ausschließlich männlichen Oberschicht. Er zeigt uns, dass sich die Oligarchie heute alles zutraut. In jedem Feld wird sie die Macht übernehmen und jene zurückdrängen, vertreiben und ausrotten, die sich durch jahrelange Beschäftigung Kompetenz erworben haben.
Ich warte nur drauf, dass die sechs Damen nach einem zehnminütigen Studium in adretten Anzügen von einer von Trump oder Bezos geschaffenen Elite-Universität mit ihren Diplomen zurückkommen und vor die Kameras treten. Was auch immer sie dort in diesen zehn Minuten studiert haben werden – sie werden in jedem Fall sagen können: »Philosophie wird endlich glamourös.«
Weniger glamouröse Dinge
Derweil, auf dem Boden der Erde und der Tatsachen, werden andere Dinge vorfallen, die weniger glamourös sein werden. Ob sich noch jemand um diese Dinge kümmern wird, ist eine andere Frage.
Wir sollten uns darum kümmern. Damit wir das aber tun können, müssen wir die Oligarchie von der politischen Macht abhalten. Wir müssen die Oligarchie zerstören, bevor sie uns zerstört. Für die überwältigende Mehrheit der Nicht-Oligarchen, die auf dieser Welt leben und noch nie tausend Kilometer über der Erdoberfläche auf einen Sitz geschnallt zehn glamouröse Minuten verbracht haben, sollte das eine Leichtigkeit sein – möchte man meinen.
Titelbild: Miriam Moné, pixabay / Montage ZackZack