Die Betreiberfirma des Schloss Schönbrunn erwarb um stolze 750.000 Euro ein Karussell aus dem Böhmischen Prater – mehr Geld, als im ursprünglichen Angebot. Zulieferer des Projekts sind irritiert, der ehemalige Direktor zeigt kein Verständnis für die Anschaffung.
Es blüht in Schönbrunn. Bei frühsommerlichen Temperaturen tummeln sich dieser Tage besonders viele Besucher rund um das weltberühmte Barockschloss. Entlang der Hietzinger Allee, die vom Schloss Richtung Engelstor führt, ziehen Fiaker voller asiatischer Touristen ihre Bahnen. Auf einer Rasenfläche vor der Kaiserlichen Wagenburg sprießen Gänseblümchen und Löwenzahn, ein Schild der Bundesgärten merkt an: Betreten verboten!
Geht es nach öffentlich bislang nicht bekannten Plänen, soll auf der Wiese bald ein opulentes Fahrgerät installiert werden. Zuständig für die Verwaltung des gesamten Areals ist die Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges. m.b.H. Sie steht zu 100 Prozent im Eigentum der Republik. Politisch verantwortlich ist das Wirtschaftsministerium.
Der Betreiber kaufte im Frühjahr 2024 ein antikes Karussell um eine dreiviertel Million Euro. Rund um den Ringelspiel-Deal läuft seither aber nicht alles schwindelfrei, wie ZackZack-Recherchen zeigen: Ein höherer Kaufpreis sorgt für Verwunderung, irritierte Zulieferer-Firmen blieben bislang auf Kosten sitzen, Kenner der Institution halten die Anschaffung für ungeeignet. Daneben gibt es Gerüchte von Beteiligten, dass das Projekt überhaupt platzen könnte. Aber der Reihe nach.
Karussell kostete deutlich mehr
“24 Pferde, 4 Kutschen und Dekorfigurinen, welche sämtlich handgefertigt wurden und noch immer den Originalzustand aus dem Jahr 1903 darstellen.” Das achtseitige Anbot aus dem Jahr 2023 spart nicht mit reizvollen Details für Raritätensammler. Von einem “einzigartigem Karussell” niederländischer Produktion ist die Rede, das auf Jahrmärkten zwei Weltkriege überlebte und 2016 schließlich seinen Weg nach Österreich fand.
Erworben wurde das Gerät damals von Ernst Hrabalek, Unternehmer und Schirrmherr des Böhmischen Praters. Im kultigen Wiener Kleinod war die Attraktion dann mehrere Jahre in Betrieb, ehe Hrabalek vor zwei Jahren mit dem Kaufangebot an Schönbrunn herantrat. Manager Klaus Panholzer zeigte sich begeistert. Im Dezember schrieb die Betreibergesellschaft die Anschaffung eines “historischen Karussells” öffentlich aus. Im Jänner erhielt Hrabalek aus drei eingereichten Bewerbungen den Zuschlag.
Seitdem geht es rund um den Deal einigermaßen holprig zu. Da ist zunächst einmal der Kaufpreis. Waren es ursprünglich 485.000 Euro, die Hrabalek in seinem Angebot selbst voranschlagte, blätterte die Schönbrunn Betreibergesellschaft schließlich satte 750.000 Euro hin – also ganze 265.000 mehr.
Schönbrunn-Betreiber spricht von “Geschäftsgeheimnis”
Zwar war im achtseitigen Kaufangebot auch von manchen Zusatzkosten die Rede – Transport, TÜV, Montage und Restauration könnten weitere 145.300 Euro notwendig machen, hieß es – allerdings ergibt sich daraus immer noch eine Differenz von knapp 120.000 Euro. Und: Bereits 2019 war das Karussell laut öffentlichen Aussagen Hrabaleks rundum erneuert worden. Wieso also eine weitere Restaurierung um stolze 100.000 Euro nur vier Jahre später?
Schönbrunns Betreiberfirma will sich zu den Unterschieden in Angebot und Kaufpreis auf ZackZack-Anfrage nicht äußern. “Diese Frage betrifft Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Vertragspartner, auf Details kann daher nicht eingegangen werden”, teilt eine Sprecherin mit. Auch nicht, ob für das Projekt vorab eine Rentabilitätsrechnung vorgenommen wurde.
Zur Sinnhaftigkeit der Karussell-Anschaffung heißt es, man wolle sein Angebot für Kinder erweitern und habe sich aufgrund des “Entwicklungsprojekts ‘Hietzinger Areal'” schon ab Oktober 2022 nach einem Ringelspiel umgesehen. “Aus gartenhistorischer Sicht waren Gärten spätestens seit der Barockzeit Teil des Vergnügens der Adeligen. Die temporäre Aufstellung eines Karussells im Schönbrunner Schlosspark ist zwar archivalisch nicht nachweisbar, kann aber vermutet werden.” Hrabaleks Angebot sei nicht ausschlaggebend gewesen, heißt es; die Anschaffung zudem dem Aufsichtsrat “vorgestellt und durch diesen genehmigt” worden. Derzeit plane man, das Gerät im Herbst 2025 aufzustellen.
Der ehemalige Geschäftsführer von Schönbrunns Betreibergesellschaft, Franz Sattlecker, zeigt auf ZackZack-Anfrage wenig Verständnis für die Anschaffung. Bereits unter seiner Zeit als Direktor sei ihm ein Karussell angeboten worden. Er habe aber abgelehnt. Denn aus der Sicht Sattleckers sei so ein Gerät nicht mit dem Welterbe-Status eines barocken Schlosses vereinbar. “Kein vergleichbares europäisches Schloss, das zum UNESCO-Welterbe gehört, hat oder hatte ein derartiges Jahrmarktkarussell. Die Aufstellung dieses Ringelspiels widerspricht der im Welterbevertrag geforderten Authentizität”, stellt der ehemalige Direktor klar.
Teure Restaurierung
Allzu eilig hat man es in Schönbrunn jedenfalls nicht. Nachdem der Deal im April 2024 vereinbart wurde, dauerte es bis Dezember letzten Jahres, bis sich die Betreibergesellschaft um eine behördliche Bewilligungen kümmerte. “Die Baupolizei hat jedenfalls eine Bewilligung am 7. März ausgestellt.”, so eine Sprecherin der Baupolizei zu ZackZack. Auch das Bundesdenkmalamt musste betraut werden. Das Vorhaben sei “genehmigungsfähig” heißt es seitens eines Sprechers. Ein Bescheid befinde sich in Ausarbeitung.
Dass sich das Projekt in die Länge zieht, hat aber auch mit der Anlieferung des Karussells selbst zu tun. Noch befindet sich das Karussell unter Obhut des Verkäufers Ernst Hrabalek, der laut Eigenaussage allein für die Restaurierung zuständig ist und alle Kosten übernimmt. Von einer halben Million Euro spricht Hrabalek im Gespräch mit ZackZack und betont, er hätte das Karussell gewinnbringender nach Singapur verkaufen können. Ihm sei aber wichtig gewesen, dass das historische Ringelspiel in Österreich verbleibt.
Zulieferer irritiert: Sah bislang kein Geld
Ein Anruf beim steirischen Restaurationsbetrieb “Idee & Design”, der sich der Holzteile des Karussell annahm, zeigt Überraschendes. Geschäftsführer Christian Fuchs erklärte im Gespräch mit ZackZack, Verkäufer Hrabalek hätte ihm vor einigen Wochen vom Ausstieg Schönbrunns aus dem Deal erzählt. Für seine Arbeit habe Fuchs bisher nur eine Zahlung von Hrabalek bekommen, eine Summe unter 100.000 Euro ist hingegen noch offen. Der steirische Restaurator hofft deshalb darauf, dass das Geschäft mit Schönbrunn abgeschlossen wird: “Dann krieg ich vielleicht auch mein restliches Geld.” Die renovierten Holzteile behält er vorerst ein.
Damit erneut konfrontiert stellt Hrabalek die Sache anders dar. Nicht Schönbrunn wollte aus dem Deal aussteigen, sondern er selbst. Das habe er auch Fuchs so erzählt, gibt er im Telefongespräch mit ZackZack an. Die Bürokratie rund um die Vergabe und die Einbindung zahlreicher Rechtsanwälte sei ihm zwischenzeitlich zu kompliziert geworden, so Hrabalek.
Schönbrunn-Management und die ÖVP
In der Karussell-Anschaffung steckt also ordentlich Sand im Getriebe. Auch intern wird die Investition hinterfragt. Zwar gilt das weltberühmte Schloss samt Parkanlage als Cashcow, die stets schwarze Zahlen schreibt, allerdings könnte die Institution die Staatsfinanzen ohne derartige Projekte wohl noch stärker stützen, meinen Schönbrunn-Insider.
Ganz unumstritten war der aktuelle Schönbrunn-Manager Klaus Panholzer schon bei seiner Ernennung durch den damaligen ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner nicht. Die Grünen wollten 2017 in einer parlamentarischen Anfrage wissen, welche relevanten Qualifikationen Panholzer als Direktor einer so bedeutenden Kultureinrichtung mitbringe. Insbesondere die für die Bewerbung notwendigen “Kenntnisse und Erfahrung mit denkmalpflegerischen und bautechnischen Erfordernissen bei der Betreibung kulturhistorischer Anlagen” konnte Panholzer bei seiner Bestellung nicht vorweisen. Beantworten musste Mitterlehner die Fragen aufgrund seines Abganges dann übrigens nicht mehr. Nachfolger Harald Mahrer antwortete knapp, er sei “nicht involviert” gewesen.
Auch der Aufsichtsrat des Schönbrunn-Betriebs fällt durch ÖVP-Nähe auf: Mit der Vorsitzenden Elisabeth Udolf-Strobl und Stellvertreterin Eva Landrichtinger finden sich gleich zwei ehemalige ÖVP-Kabinettsmitarbeiterinnen im Kontrollgremium. ZackZack fragte beim mittlerweile von Wolfgang Hattmannsdorfer geführten Wirtschaftsministerium zur Kritik an der Karussell-Anschaffung an – über die Antwort und weitere Entwicklungen wird berichtet.