Gestern wurde die Pilnacek-Rechtfertigung des Innenministeriums Kurier und Kronen Zeitung zugespielt. In acht zentralen Punkten ist sie nachweislich falsch.
Auf 22 Seiten versucht Franz Ruf als Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit im Namen des Innenministeriums, die Fragen, die ihm FPÖ-Volksanwältin Elisabeth Schwetz am 24. März 2025 gestellt hatte, zu beantworten.
Der Bericht zeigt vor allem eines: Die Vertuschungsversuche gehen weiter. ZackZack hat den BMI-Bericht und die Dokumente, die ihn widerlegen.
Falsch 1: Kripo ordnete Obduktion an
Das ist unwahr. Die Gemeindeärztin schilderte bei der WKStA eindringlich, wie Polizeibeamte auf sie Druck ausübten und so verhindern wollten, dass sie bei der Staatsanwaltschaft Krems eine Obduktion anregte.
Der Verhinderung der Obduktion scheiterte, weil die Polizisten an der Gemeindeärztin scheiterten.
Falsch 2: LKW außerhalb des Tatortbereichs
Pilnaceks letzte Gefährtin Karin Wurm gab als Zeugin an, wie der weiße LKW der ViaDonau GmbH direkt am Ablageort des Leichnams vorbei ungehindert über den Treppelweg mitten durch Pilnacek-Spuren fahren konnte.
Dieses Foto findet sich im Akt:
Es widerlegt auch diese Schutzbehauptung des Innenministeriums und zeigt, wie Reifenspuren direkt durch und über die Schuhspuren führten.
Falsch 3: “100 bis 200 Meter”
Die vermutliche Einstiegsstelle befand sich etwa 20 Meter vom Ort, an dem Pilnaceks Leichnam am Rand des Treppelwegs am Donaualtarm abgelegt wurde. Die „100 bis 200 Meter“ sind eine Irreführung.
Das beweist auch ein Tatortfoto des Landeskriminalamts St. Pölten. Schräg über dem „Fundort Zigarettenpackung“ wurde Pilnaceks Leichnam am gut sichtbaren Treppelweg abgelegt.
Falsch 4: „Keine Zigarettenstummel“
Das ist die Unwahrheit. Die Leiterin der Amtshandlung am Treppelweg, Kontrollinspektorin Barbara S. von der Polizeiinspektion Mautern, gab bei der WKStA an:
Der Fund der Zigarettenstummel kann ebenso wenig geleugnet werden wie das Ignorieren dieses Beweismittels durch das Landeskriminalamt.
Auch die „Schuhabdruckspuren im Flussbett“ sucht man heute im Akt vergeblich.
Falsch 5: Keine fremden Schuhabdrücke
Im Akt der Staatsanwaltschaft sind die Schuhspuren von Pilnacek genau beschrieben:
Daneben finden sich Bilder mit anderen Schuhspuren vom Tatort, die nicht mit „Pilnacek“ beschriftet sind:
Sie sind bis heute nicht zufriedenstellend ausgewertet worden.
Falsch 6: Handy nicht relevant
Am Mobiltelefon fanden sich alle Nachrichten, die Pilnacek kurz vor seinem Verschwinden nach Aussage von Zeuginnen hektisch versandt hatte. Darin fanden sich auch die SMS, die von der Polizei als „Beweise“ für Pilnaceks Suizid verwendet wurden.
Auch im BMI-Bericht werden die beiden SMS als Entlastungsbeweise für das Landeskriminalamt angeführt:
Dort führt das BMI die beiden SMS an:
Trotzdem unternahmen die Kriminalbeamten alles, um am Handy nicht nachsehen und es nicht als Beweismittel behandeln zu müssen.
Damit sorgten sie dafür, dass die letzten Kontakte und die letzten Nachrichten von Christian Pilnacek nicht bekannt wurden.
Falsch 7: Handy „eigeninitiativ“ an List
Durch die Zeugeneinvernahmen von Karin Wurm und ihrer Mitbewohnerin Anna P. ist das längst widerlegt. Die Initiative zum beschleunigten „Vererben“ des Handys an die Grazer Gerichtspräsidentin Caroline List ging nicht von den beiden Frauen aus. Sie wollten das Handy nicht aus den Ermittlungen verschwinden lassen.
Falsch 8: „Geringfügiges“ Handy
Das ist durch eine rechtliche Stellungnahme des Innenministeriums selbst längst widerlegt. Ein Handy ist nach BMI kein „geringfügiges Gut“.
Richtig 1: Aktion „Handy“ monatelang verschwiegen
Eines ist allerdings ebenso richtig wie bedenklich:
Das Ermittlungsverfahren der StA Krems wurde am 1. März 2024 eingestellt. Jetzt gesteht das Innenministerium zum ersten Mal: Die Staatsanwaltschaft erfuhr erst vier Wochen nach der Einstellung, dass die Kriminalpolizei Pilnaceks Handy bereits am Tag des Todes sichergestellt hatte – und ihr das bis zum Schluss verschwiegen hatte.
Akten wieder verweigert
Inzwischen ist klar, dass sich weitere sensible und möglicherweise belastende Akten im „physischen Kopienakt“ befanden. So bezeichnet das BMI den Handakt, in dem heikle Dokumente landeten, die weder StA Krems noch WKStA ausgehändigt wurden.
Generaldirektor Ruf teilte der Volksanwältin mit:
Kurz (nicht) informiert
Pilnacek-Buch; Prüfung durch die Volksanwältin; demnächst Einsetzung des Pilnacek-Untersuchungsausschusses – Stück für Stück bricht der Pilnacek-Damm der ÖVP. Ein Stück hält gerade noch. Es findet sich auf Seite 8:
Ex-Die Presse-Redakteur Gernot Rohrhofer belastet hier Sebastian Kurz und das Innenministerium schwer. Kurz soll den „Ermittlungsstand Selbstmord“ bereits wenige Stunden nach Pilnaceks Tod gekannt haben. Alle bekannten Spuren führen ins Innenministerium.
Aber dort weiß man noch immer von nichts.
Titelbild: HELMUT FOHRINGER / apa / picturedesk.com, Christopher Glanzl