Samstag, Juni 21, 2025

Sag ich es halt in ein Sackerl

Klagen bedrohen unsere Existenz. Unser längjähriger Kolumnist und Autor Daniel Wisser erklärt, was ZackZack ausmacht, warum er für ZackZack schreibt und was ihn persönlich antreibt.

Wenn ZackZack in Kürze aufhören sollte zu existieren, werden wir die geistige Kleinlichkeit, das Fehlen der Vielfalt und den Druck der Politik auf die Medien, die seit 2018 in diesem Land so bedrohlich zugenommen haben, noch stärker spüren. Denn viele in diesem Land meinen nicht nur, dass »das Recht der Politik zu folgen hat«, sondern dass auch die Medien der Politik zu folgen haben. Womit aus Information Propaganda wird.

Diese autoritäre Stimmung, die 2018 an die Regierung kam und diese Forderungen offen aussprach, scheint durch den Durchgriff der Regierung bei Medien (»ZackZack«, sagte H.C. Strache auf Ibiza) auch nach Ibiza für viele Politiker geltendes Ziel zu sein. Um dagegen zu kämpfen, wurde ZackZack gegründet. Um dagegen zu kämpfen, begann ich politische Artikel zu schreiben.

Keine Zensur

Bis zum Jahr 2020 habe ich nur wenige politische Kommentare geschrieben. Die Rede zum Tag der Freude im Jahr 2019 und einige Beitrage für die Rubrik Kommentar der anderen in der Tageszeitung Der Standard waren Ausnahmen. Dann, eben im Jahr 2020, bat mich ein großes österreichisches Medium um einen Artikel. In einem Nebensatz kritisierte ich ein bestimmtes Vorgehen der Regierung in der Corona-Pandemie, woraufhin man den Artikel nicht bringen wollte, da man – so das Medium – »eng mit der Regierung kooperiere«. Man bot mir ein Abstandshonorar an, das ich ablehnte. Der Artikel kam nicht.

Zur selben Zeit kam das Angebot, für ZackZack zu schreiben, das ich nach diesem Vorfall annahm. Und ich muss sagen: In all den Jahren wurde ich dort niemals zensiert.

Für Alle

Man muss mich nicht mögen, nicht das mögen, was ich schreibe, man muss mein Weltbild nicht mögen und meine Artikel nicht mögen. Ein paar Menschen allerdings gibt es, die sie mögen. Fast nach jeder Lesung kommt ein Mensch oder manchmal sogar mehrere auf mich zu, um mit mir über einen Artikel hier zu diskutieren oder sich zu bedanken, dass ich sie schreibe. Unlängst hat mir ein Buchbinder meine ZackZack-Artikel der letzten beiden Jahre, von ihm selbst zu einem Buch gebunden, überreicht. Ich will jetzt nicht angeben oder am Ende Rührung zeigen. Es ist für mich nur immer wichtig gewesen, dafür Feedback und auch Bestätigung zu bekommen, da das Terrain des politischen Kommentars ein schwieriges, sehr schnelllebiges ist und ich als Buchautor andere Arbeitsweisen gewohnter bin. Meine Artikel sollten immer für alle sein. Das war zumindest mein Anspruch.

Man braucht mich aber auch nicht zu delegitimieren, indem man mir sagt, ich sei kein Journalist. Ich habe Publizistik studiert und bin Mitglied des Presseclubs Concordia. Und auch ohne diese Referenzen darf man wohl seine Meinung schreiben. Unrichtig ist auch, wie mir der Chefredakteur einer Zeitung einmal in einem erbosten E-Mail schrieb, dass ich die Propaganda von Peter Pilz verbreite. Abgesehen davon, Pilz‘ Arbeit als Propaganda abzuwerten, sage ich dazu nur: Das tue ich nicht und es wurde auch niemals von mir verlangt. Ich verbreite keine Propaganda, oder – wenn man mich unbedingt zum Propagandisten machen will – ausschließlich meine Propaganda.

Gegen das Verstummen

Ich habe es oft in Interviews gesagt: Ich schreibe diese Artikel nur, weil ich darüber entsetzt bin, in welche Richtung dieses Land und leider auch die Mehrheit seiner Medien (genauer gesagt ihrer Politikredaktionen) gehen. Eigentlich sollte das jemand anderer schreiben. Daher will ich einer Stimme Worte geben, einer Stimme, die durch mich hindurchtönt, die im ganzen Land schwach zu hören ist; eine Stimme, die sagt: »Wir wollen etwas anderes.« Doch vielerorts verstummen die Menschen besonders seit 2018 zu wichtigen Fragen, die mich aufregen und alle aufregen sollten. Weil es um die Menschen in diesem Land, ihr demokratisches Zusammenleben und ihre Freiheit geht. Um nichts weniger. Diese sind seit Jahren bedroht und es gibt nichts Schlimmeres, als diese Bedrohung zu spät zu erkennen. So viel muss jede und jeder aus der Geschichte erkannt haben.

Das Aus von ZackZack wäre für mich kein Ende. Ich habe die Texte für meine Existenzen als Autor Daniel Wisser und Simon Ammer zu schreiben und bin gut ausgelastet. Es liegt über diesem möglichen Aus ausschließlich meine Traurigkeit über unseren gesellschaftlichen Zustand.

Für interessierte Leser

Dennoch dürfen Wehleidigkeit und Trauer keinen Platz haben. Ich bin überzeugt davon, dass man sich der Aufgabe stellen muss, die Trauer über das schnelle Heranwachsen der nächsten Generation, das Sterben der älteren Generation und das eigene Altern zu transzendieren und das Fortschreiten der Zeit und die Veränderungen, die sie bringt, mit Gleichmut zu betrachten, ihnen dabei aber scharf ins Auge zu sehen und sich nicht dem Eskapismus hinzugeben. Aus diesem Gleichmut kann man einerseits den Humor schöpfen, der die Betrachtung unserer Zeit lesbar und unterhaltsam macht (das ist mir hoffentlich mit dem Roman 0 1 2 und dem unter dem Pseudonym Simon Ammer erschienenen Krimi Auf dem Gipfel ist Ruh‘ gelungen). Man kann aus diesem Gleichmut aber auch jene Klarheit und Bestimmtheit schöpfen, die man in Zeiten der untergehenden Demokratie und der längst begonnen habenden Oligarchie braucht. Auch den Mut, das, was man wahrnimmt, zu beschreiben, und das, was man darüber denkt, zu sagen.

Man kann Medien umdrehen oder zu parteipolitischen Medien machen. Damit vergrault man jene interessierte Leserschaft, die eine ordentliche Zeitung haben will. Das ist der größte Fehler, den die Qualitätszeitungen in Österreich zurzeit machen. Sie verstehen nicht, dass sie mit ihrer politischen Instrumentalisierung nicht die Linken und Liberalen vergraulen, sondern vor allem das bürgerliche Publikum, das etwas Gescheiteres lesen will als Propaganda und einseitige Berichterstattung.

Für Demokratie

Man kann Medien in die Knie zwingen, wie das bei ZackZack versucht wird. Dann ist etwas einfach nicht mehr da. Es ist weg. Und es kommt nicht wieder. Es sei mächtigen Parteiapparaten unbenommen, darüber zu jubeln. Es zeigt halt nur, wie peinlich und kleinlich sie geworden sind.

Ich habe kein schlechtes Gewissen, hier meine Meinung gesagt zu haben. Ich habe immer wieder Medien und Äußerungen bestimmter Menschen kritisiert, niemals aber, um sie vorzuführen, anzufeinden oder weil ich ORF-Generalintendant werden will. Es ging mir immer um die Sache – die Sache der Demokratie. Wenn ich dabei zu scharf war, bitte ich darum, mir das nachzusehen. Wir haben großartige Politjournalistinnen und Politjournalisten in diesem Land, die vor allem eines brauchen: Mehr Freiheit und weniger Drangsalierung durch Parteizentralen und Quoten- und Erfolgsdruck. Wir haben wunderbare Kulturredaktionen und Redakteurinnen und Redakteure in diesem Land, die vor allem eines brauchen: Mehr Platz in ihren Medien und mehr Wertschätzung für ihre Arbeit und das Feld der Kultur überhaupt.

Für Gleichheit

Ich bin weiterhin gegen den Beitritt-Österreich zu einem Militärbündnis, für die Abwahlmöglichkeit des Nationalratspräsidenten, eine scharfe Deckelung von Regierungsinseraten, dem Stopp der staatlichen Förderung für Boulevardmedien, dafür, dass es vor dem Kauf von Abfangjägern eine Volksabstimmung darüber geben soll, für die Abschaffung des Bundesheers, ein Verbot von Uber und AirBnB, Vermögenssteuern, Arbeitszeitverkürzung, ein autofreies Wien innerhalb des Gürtels und viele viele politische Maßnahmen, die für mich immer einen Grundsatz haben müssen: Gleichheit. Gleichheit nicht national oder nationalstaatlich, sondern globale Gleichheit.

Wenn ZackZack in Kürze aufhören sollte zu existieren, wird das Leben weitergehen. Es wird ein Leben, das wieder ein wenig ärmer und armseliger geworden ist. Die Abwertungen, die Abwärtsbewegung, das Verschwinden vieler Dinge, die es einmal gab, und den Abstieg Österreichs in vielen Bereichen sind wir schon seit Jahren gewohnt. Aber vielleicht gibt es Menschen, die unser Land auch wieder auf die richtige Spur zurückbringen wollen. Dazu braucht es kritische Medien.


Klagen und Prozesse bringen ZackZack an den Rand der Existenz. Am 1. Juli wissen wir: Schaffen wir es gemeinsam – oder sperrt ZackZack zu?

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Titelbild: Miriam Moné

Autor

  • Daniel Wisser

    Daniel Wisser ist preisgekrönter Autor von Romanen und Kurzgeschichten. Scharf und genau beschreibt er, wie ein Land das Gleichgewicht verliert.

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