Samstag, Juni 21, 2025

Pilnacek-Buch: Generalangriff der Zensur

In acht Tagen will das Innenministerium mein Pilnacek-Buch verbieten lassen. Am 2. Juni um 9.30 Uhr beginnt der Prozess am Landesgericht für Strafsachen in Wien. Er ist der Höhepunkt eine Klagslawine, die ein Ziel hat: ein Medium, das man nicht totschweigen kann, totzuklagen. Inzwischen wächst die Unterstützung für ZackZack.

Fast 30.000 Euro. Drei Tage nach unserem Hilferuf gegen die SLAPP-Lawine haben wir fast ein Drittel unseres Spendenziels erreicht. Mehr als 400 Spenderinnen und Spender wollen nicht, dass organsierte Polizei und Justiz ZackZack mit SLAPP-Klagen zum Schweigen bringen.

Die SLAPP-Methode heißt „Klägersammeln“. Die Klagen gegen das Pilnacek-Buch bestehen über weite Strecken aus Textbausteinen, über die einmal „Michael Takacs, Bundespolizeidirektor“, einmal „Stefan Pfandler, Direktor Landeskriminalamt Niederösterreich“, einmal „Franz Popp, Landespolizeidirektor Niederösterreich“ und ein viertes Mal „Barbara S., Leiterin der Polizeiinspektion Mautern“ geschrieben wurde.

Schlüsselpassagen wie diese sind wortgleich:

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Quelle: Medienrechtliche Anträge von Takacs, Pfandler, Popp und Barbara S. an das Landesgericht für Strafsachen Wien

Die Adressen der wichtigsten Kläger verraten, wer hinter der Aktion „Buchverbot” steht:

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Takacs belastet

Im Gegensatz zu mir wird Takacs inzwischen durch eine Tonaufnahme eines Gesprächs vom 9. Dezember 2023 selbst schwer belastet. Michael Nikbakhsh hat aufgenommen, was Sobotka-Mitarbeiterin Anna P. über „Taki“ und Pilnaceks Laptop berichtete. Das ganze Gespräch findet sich in Nikbakhshs Podcast Die Dunkelkammer und seit Donnerstag in den Akten der WKStA.

Anna P.: Wer es weiß, ist der Takacs Michl, weil der hat zu mir gesagt: „Ja nicht hergeben.“

Karin Wurm: „Lasst‘s ihn verschwinden.“

Anna P.: Hat er gesagt: „Lasst‘s ihn verschwinden.“

Michael Nikbakhsh: Er hat dir das gesagt?

Karin Wurm: Er hat das gesagt, genau

Anna P.: Ja, er hat gesagt: „Macht’s, macht’s, wennst irgendwen hast, dem du vertraust, einfach weg von euch, ausse vom Haus.“

Anna P. hat das bei mindestens drei Anlässen verschiedenen Personen erzählt. Heute leugnet sie den guten Polizeirat ebenso wie Michael Takacs.

Am 9. Dezember 2023 suchten die Kriminalbeamten aus St. Pölten, die Pilnaceks Handy schon der Witwe statt der Staatsanwaltschaft zukommen hatten lassen, noch immer fieberhaft nach dem Laptop. Sobotkas Mitarbeiterin hatte ihn längst vor den Ermittlern versteckt.

Falsche Beschuldigte

Jetzt, würde man annehmen, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Anna P. und Takacs. Und gegen Gerichtspräsidentin Caroline List, die mit dem Handy das wohl wichtigste Pilnacek-Beweismittel vernichtet hat.

Doch List ist ebenso wenig Beschuldigte wie Michael Takacs. Auf der Beschuldigtenliste niederösterreichischer Staatsanwaltschaften von Krems bis St. Pölten stehen ganz Andere:

  • Pilnaceks letzte Gefährtin Karin Wurm, die alles ins Rollen gebracht hat;
  • Krone-Journalist Erich Vogl;
  • IT-Techniker Harald Monschein, der zur Klärung des Verschwindens des Laptops entscheidend beigetragen hat;
  • und ich selbst.

Die Vorwürfe sind absurd: Pilnaceks Laptop war durch kein Passwort gesichert. Trotzdem behauptet die Staatsanwaltschaft St. Pölten, Harald Monschein habe das nicht existente Passwort geknackt – und macht ihn so zum Beschuldigten.

Gerichtspräsidentin List hat ohne den geringsten Beweis in einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft Krems behauptet, ich wäre der Hehler des Pilnacek-Laptops. Inzwischen bestätigt eine Reihe von Zeugen, dass ich nicht einmal in die Nähe des Laptops gekommen bin. Trotzdem verfolgen die Staatsanwaltschaften Krems und St. Pölten nicht List wegen Verleumdung und Vernichtung eines Beweismittels, sondern mich wegen Hehlerei.

ÖVP-Macht statt Rechtsstaat

Ich habe inzwischen meine Lektion gelernt. Wer wie im Fall „Pilnacek“ in ein türkises Wespennest sticht, muss damit rechnen, dass Innenministerium, Polizeichefs, Staatsanwälte, Gerichtspräsidentinnen und Richter zurückstechen.

Im Fall „Pilnacek“ geht es für beide Seiten um viel: für die ÖVP um ihre Macht über Polizei und Strafjustiz; für uns um Rechtsstaat und Pressefreiheit. Tag für Tag erleben wir jetzt, wie es enger wird. Jede SLAPP-Klage tritt als Einzelfall auf. Ein Staatsanwalt begründet, warum wir etwas Verbotenes veröffentlicht oder etwas neuerdings Privates aus Akten zitiert hätten. Ein Richter prüft den Einzelfall – und verurteilt uns, immer öfter. Dann folgt der nächste Einzelfall.

Am Ende steht ein Gesamtschaden als Bilanz der Zensur einer organisierten Justiz.

Wie in Ungarn

Wie in Ungarn wird der Raum zwischen „Amtsgeheimnis“ und „Privatsphäre“ immer enger. Immer öfter dürfen wir unsere Beweise nicht mehr verwenden, weil sie plötzlich als verboten gelten.

Jetzt, Ende Mai 2025, geht es für uns um Alles. Nach wie vor können wir gewinnen. Am Höhepunkt unseres Erfolges können wir aber auch alles verlieren.

Eines sollten alle wissen: Nach uns kommen andere, vielleicht Der Standard, Nikbakhshs Die Dunkelkammer oder sogar Der Falter.

Wir haben noch einen Monat Zeit.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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