ZackZack deckte auf, dass nach Kriegsbeginn Gewehr-Zielfernrohre von Swarovski nach Russland kamen. Das Wirtschaftsministerium verweigerte bislang Auskünfte dazu. Jetzt kommt die Causa über Anfragen der Grünen ins Parlament.
Wie kann es sein, dass sechs Wochen nach Putins Invasion auf die Ukraine, der Verhängung schärfster Sanktionen und dem Bekanntwerden von Kriegsverbrechen hochwertige Gewehr-Zielfernrohre aus Österreich nach Russland geliefert wurden?
Vor zwei Wochen berichtete ZackZack über brisante Details aus geleakten russischen Zolldaten. Aus einem zugespielten Datensatz geht hervor, dass noch Anfang April 2022 eine Zielfernrohr-Lieferung aus Niederösterreich beim russischen Zoll eintraf. Absender war die Kahles Gmbh, eine hundertprozentige Tochter der Swarovski-Gruppe mit Sitz in Guntramsdorf.
Swarovski bestreitet pauschal, dass es nach dem 24. Februar 2022, also dem Tag der russischen Invasion, noch zu Lieferungen nach Russland gekommen wäre. Wann aber die beschriebene Fracht verschickt- beziehungsweise letzte Zielfernrohre Richtung Moskau versandt wurden, verrät der Konzern nicht. Auch das Wirtschaftsministerium als Kontrollbehörde will sich zu den Recherchen bislang mit keinem Wort äußern.
Anfragen an Hattmannsdorfer und Karner
Zwei parlamentarische Anfragen des grünen Nationalratsabgeordneten David Stögmüller sollen das nun ändern. Stögmüller wendet sich einerseits an das Wirtschaftsressort unter Wolfgang Hattmannsdorfer, dem die Exportkontrolle untersteht. Auch das Gerhard Karner geführte Innenministerium, wo strafrechtliche Sanktionsverstöße ermittelt werden, muss Antworten liefern.
ZackZack kennt die Details der Anfragen: So wollen die Grünen zunächst wissen, “auf Basis welcher Rechtsgrundlage” Zielfernrohre bereits ab 2014 nach Russland ausgeführt werden konnten – und “in welchem Umfang” Swarovski/Kahles dies jährlich tat. Denn schon nach der Krim-Annexion und dem russischen Abschuss eines Passagierflugzeuges in der Ostukraine wurden Sanktionen verhängt, welche Exporte mit möglicher, militärischer Nutzung stark beschränkten.
Konkret werden die ÖVP-Minister dann auch gefragt, welche Lieferungen noch für das Jahr 2022 bekannt sind; vor allem, wie die aufgedeckte Sendung vom April 2022 zustande kam. Laut dem ZackZack vorliegenden Datensatz exportierte die Swarovski-Gruppe in den Wochen rund um die Invasion noch Zielfernrohre mit einem Gesamtwert von 470.000 Euro.
Auch das Zusammenspiel mit den Behörden wird untersucht: “Wie sah das Prozedere für die Ausfuhr von Zielfernrohren für das Jahr 2022 (bis zum 24. Februar und danach) allgemein aus? Inwiefern traten Unternehmen mit der Exportkontrolle in Kontakt, wenn sie Zielfernrohre exportieren wollten?“, wollen die Grünen wissen.
Grüne fragen nach Umgehungskonstruktionen
Gegenstand der Anfrage wird zudem sein, ob seit Kriegsbeginn Lieferungen bemerkt wurden, die zwar nicht direkt, aber über Drittländer für Russland gelangten. Auffällig ist etwa, dass Kahles auf seiner Website nach wie vor sieben russische Händler listet. Dort sind auch noch über drei Jahre nach Kriegsbeginn ausreichend Zielfernrohre aus Österreich vorrätig. Dass Kahles-Produkte mitunter bei Scharfschützen russischer Einheiten begehrt sind und an der ukrainischen Front landen, hat ZackZack bereits berichtet.
Swarovski erklärte, sich nicht mehr weiter zur Causa äußern zu wollen. Die beiden ÖVP-Minister haben nun wiederum zwei Monate Zeit, um Antworten an das Parlament zu liefern.
Klagen und Prozesse bringen ZackZack an den Rand der Existenz. Am 1. Juli wissen wir: Schaffen wir es gemeinsam – oder sperrt ZackZack zu?
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Titelbild: ZackZack, Reddit, Montage