In einem Falter-Kommentar erhebt Florian Klenk schwere Vorwürfe gegen die Pilnacek-Recherchen von ZackZack-Herausgeber Peter Pilz. Der Faktencheck ergibt: Klenks Behauptungen sind durchgehend falsch.
Im Faktencheck überprüft ZackZack anhand der Akten und Dokumente die wichtigsten Klenk-Behauptungen.
Klenk schreibt: „Was will uns Pilz glauben machen? Dass Christian Pilnacek am 18. Oktober 2023 als Geisterfahrer betrunken festgenommen wurde und der ÖVP sogleich via SMS mit peinlichen Enthüllungen drohte, sollte sie die Anzeige nicht löschen?“
Am Abend des 18. Oktober 2023 war Pilnacek längst in Rossatz. Es war der 19. Oktober, als der Sektionschef zum betrunkenen Geisterfahrer wurde – und Pilnacek ist auch nicht festgenommen worden.
Niemand behauptete, dass Pilnacek „der ÖVP“ mit Enthüllungen drohte. Wie viele andere fragt auch ZackZack seit Monaten, warum es niemanden in Polizei und Staatsanwaltschaft interessierte, an wen Pilnacek nach der Führerscheinabnahme im Auto und später in Rossatz fieberhaft Nachrichten schrieb; ob diese Nachrichten Versuche waren, ein drohendes Strafverfahren wegen Gemeingefährdung als Geisterfahrer abzuwenden; ob dabei ein Treffen mitten in der Nacht in Rossatz vereinbart wurde; warum keine Rufdatenrückerfassung angeordnete wurde; und warum das Beweismittel „Handy“, mit dem das alles schnell geklärt werden hätte können, in einer Blitzaktion Pilnaceks Witwe „vererbt“ wurde.
Klenk: „Deshalb sei er von Handlangern der Partei bei einem Streit in die Donau gejagt worden.“
Der Berliner Gerichtsmediziner Michael Tsokos stellte in seinem Gutachten für ZackZack die Frage: „Könnte nicht doch ein Kampf am Ufer, verbunden mit Flucht des CP [Christian Pilnacek] am Ufer und anschließendem Hineinspringen (zur Selbstrettung), Hineinfallen (aufgrund der Dunkelheit und widrigen örtlichen Gegebenheiten am Ufer?) oder Hineingestoßen werden, für die Vielzahl von Verletzungen ursächlich sein?“
Dieser Frage ist bis heute niemand in Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt nachgegangen. Sie ist der Hauptgrund für eine mögliche Wiederaufnahme des Verfahrens.
Von „Handlangern der Partei“ als möglichen Tätern ist übrigens weder bei Tsokos noch im Pilnacek-Buch die Rede. Nachdem das wichtigste Beweismittel „Handy“ vernichtet und eine Rufdatenrückerfassung verabsäumt wurde, gibt es zwar Hinweise auf eine Tat, aber keine auf mögliche Täter.
Klenk: „Das Gutachten ist eindeutig: kein Fremdverschulden, kein Gift, keine Spuren eines Raufhandels.“
Im offiziellen gerichtsmedizinischen Gutachten heißt es: „Eindeutige Hinweise auf eine grobe Gewalteinwirkung durch fremde Hand ergaben sich nicht.“ Erst das Landeskriminalamt St. Pölten ließ “eindeutig” und “grob” weg und verkürzte alles auf den irreführenden Satz: „Hinweise auf Fremdverschulden konnten nicht gefunden werden.“
Zum Zeitpunkt der Ausfolgung des Handys an den Anwalt von Gerichtspräsidentin List gab es eine einzige medizinische Stellungnahme. Sie stammte von Notärztin Dagmar W., die die erste Leichenbeschau am Auffindungsort durchgeführt hatte. Sie hielt in einer Nachricht an Staatsanwältin Kirstin S. fest: „Sehr geehrte Frau Mag. S., Eine gerichtliche Obduktion bei Hr. Pilnacek Christian ist erforderlich, da ich ein Fremdverschulden nicht ausschließen kann bzw. eine Todesursache für mich nicht feststellbar ist.“
Diese Nachricht hätte von der Polizei umgehend der Staatsanwältin übermittelt werden sollen. Sie kam nie an.
Die Gutachten der Gerichtsmediziner Longato/Innsbruck und Tsokos/Berlin schließen inzwischen „Suizid“ als Todesursache aus.
Klenk: „Auch laut WKStA gibt es ´keine Hinweise auf ein Fremdverschulden´.“
Wer den gesamten Pilnacek-Akt der WKStA auf die Wortfolge „keine Hinweise auf ein Fremdverschulden“ durchsucht, erhält eine Antwort: „keine Ergebnisse“. Das Zitat, das Klenk der WKStA zuschreibt, findet sich auf 1.444 Seiten kein einziges Mal.
In der WKStA-Begründung für die Einstellung des Verfahrens gegen den Leiter der polizeilichen Pilnacek-Ermittlungen findet sich nur ein Hinweis, dass die Staatsanwaltschaft Krems – und nicht die WKStA – dieser Meinung gewesen sei.
In diesem Fall verfügte Klenk über die Dokumente aus der Ediktsdatei. Hier kann ein Mangel an Aktenkenntnis die Falschbehauptung nicht erklären. Auf der Plattform Bluesky explizit darauf angesprochen, wich der Falter-Chefredakteur aus.
Klenk: „Denkbar wäre laut Experten auch, dass Pilnacek – schwer betrunken – über eine steinige Böschung stolperte, kopfüber aufschlug, im Wasser landete, kurzzeitig das Bewusstsein verlor und ertrank.“
Pilnacek wurde am 20. Oktober 2023 um 7.51 Uhr rund zwanzig Meter von dieser Stelle entfernt gefunden. Auf der Sandbank unter der Stelle, die Klenk für den Absturz bezeichnete, fanden sich weder Fuß- noch Blutspuren. Die Fußspuren wurden rund zwanzig Meter weiter Richtung Donau dokumentiert.
In der Nacht des 20. Oktober 2023 gab es im Donau-Altarm keine Strömung und von der von Klenk genannten Stelle aus keine Möglichkeit, bewusstlos und ohne Hinterlassen von Schuhspuren an die Stelle des Ertrinkens zu kommen.
Klenk: „Könnte er auch ermordet worden sein? Nein. Am Tatort gab es in der Sandbank nur seine Fußspuren.“
Dort hielt die Tatortgruppe der Polizei am Ufer und direkt darüber am Treppelweg Spuren mit dem Vermerk „Schuhspuren des Pilnacek“ fest. Sie finden sich auf den Lichtbildern 23 bis 26 der Lichtbildmappe im Akt. Neben den Lichtbildern 19 bis 22 steht „Schuhspur“ – ohne „Pilnacek“. Bis heute ist nicht klar, von wem sie stammen und welches Muster über den gesamten Auffindungsort sie ergeben.
Ein Lichtbild zeigt neben dem Pilnacek-Fußabdruck die Spuren eines Fahrzeugs, das nach Auffinden des Leichnams weiter ungehindert durch die Spuren fahren konnte.
Klenk: „schwer betrunken“
Der letzte Satz des offiziellen gerichtsmedizinischen Gutachtens der Staatsanwaltschaft Krems widerlegt auch das: „Auch fanden sich keine Hinweise auf eine maßgebliche Einschränkung der Handlungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Ins-Wasser-Gelangens.“
Klenk: „Auch Pilz´ Behauptung, ein ÖVP-Daten-Putztrupp habe das Handy an sich gebracht, ist falsch. Wurm und ihre Freundin nahmen diese und viele weitere Vorwürfe zurück. Sie selbst habe die Beamten gebeten, das Handy seiner Witwe Caroline List zu übergeben.“
Sobotka-Mitarbeiterin und Wurm-Mitbewohnerin Anna P. sagte bei ihrer ersten Einvernahme bei der WKStA am 23. Mai 2024 aus: „Ich kann mich erinnern, dass wir, als wir bei der Einvernahme waren, dass wir, also Karin und ich gemeinsam, nach Ende der Vernehmungen, gefragt haben, was wir mit den Sachen, die noch im Haus liegen würden, machen sollen. Die Beamten sagten, dass die Sachen der Gattin von Mag. PILNACEK gehören würden und dass diese an sie, also die Gattin zu übergeben seien. Wir wurden auch gefragt, ob wir das machen würden, oder ob es uns lieber sei, dass sie, also die Polizeibeamten die Übergabe für uns erledigen sollten.“
Wurm bestätigte diese Darstellung bei der WKStA. Die Frauen wollten offensichtlich nur wissen, was sie mit Handy und Schlüsseln tun sollten. Die Beamten machten ihnen, so behaupten beide übereinstimmend, klar, dass „die Sachen“ an List „zu übergeben seien“. List selbst hatte nicht nach dem Handy verlangt.
Die Initiative der Polizisten, das Handy hinter dem Rücken der Staatsanwaltschaft ohne Klärung der Erbberechtigung an Gerichtspräsidentin List zu „vererben“, wird von der WKStA kritisiert: „Dass vor diesem Hintergrund Gegenstände, die ganz offensichtlich nicht von geringem Wert waren, nicht an den Gerichtskommissär, sondern an den Rechtsanwalt der Ehegattin ausgefolgt wurden, kann nicht nachvollzogen werden.“
Klenk: „Diese (Pilnacek-Witwe und Gerichtspräsidentin Caroline List, Anm. der Redaktion) vernichtete es später aus Kummer mit dem Bunsenbrenner – strafbar ist das nicht, allenfalls sonderbar.“
Bis heute ist nicht untersucht worden, ob Caroline List mit dem Handy vorsätzlich ein Beweismittel vernichtet und damit eine Straftat nach § 295 StGB begangen hat. Diese Klärung steht noch immer aus.
Die WKStA hält dazu fest: „Dass allen in die Ermittlungen zum Todesfall des Mag. Pilnacek involvierten Kriminalbeamten des LKA Niederösterreich eindeutig bewusst war, dass es sich beim Mobiltelefon des Mag. Pilnacek nicht um ein gewöhnliches Handy, sondern um einen Datenträger von besonderer Brisanz handelte, verdeutlicht der Umstand, dass einzelne in der Vergangenheit bekanntgewordene Chatnachrichten zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Mag. Pilnacek sowie zu seiner Suspendierung als Sektionschef geführt haben.
In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage von Mag. List von Bedeutung, wonach sie das Mobiltelefon zerstört habe, da ihr Nachrichten ihres Ehegatten in der Vergangenheit großen Kummer verursacht haben.“
Klenk: „Der von Pilz attackierte Mordermittler Johann Fellner ist unschuldig. Die 32 Seiten lange Begründung der WKStA ist auf der Edikte-Datei des Justizministeriums nachzulesen.“
„Johann Fellner“ heißt nicht Johann, sondern Hannes.
Klenk lässt entscheidende Feststellungen der WKStA aus: „Die Todesursache war am Tag des Ablebens nicht geklärt, ein Ermittlungsverfahren samt Obduktion offen und der Beweiswert des Mobiltelefons für die beiden Ermittler evident.“
Die WKStA ging noch weiter: „Dieses Prozedere lässt vermuten, dass die am 20. Oktober 2023 erfolgte Ausfolgung der persönlichen Gegenstände, insbesondere des möglicherweise beweisrelevanten Mobiltelefons an Mag. S. vom LKA Niederösterreich bewusst nicht nach außen offengelegt werden sollte, weil dieses Vorgehen ohne Rechtsgrundlage in aller Eile ohne dokumentierte staatsanwaltschaftliche Einbindung erfolgt ist“.
Möglicherweise hat Klenk aber nur die Fassung, die auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft erstellt wurde, gelesen. In dieser Weisung wurde der WKStA befohlen, ihre Begründung in entscheidenden Punkten zugunsten der Polizisten abzuändern.
Falter-Bestellung
Warum riskiert Klenk seinen guten Ruf als Journalist durch eine weitgehend tatsachenwidrige Polemik? Hätte Klenk die vier Pilnacek-Akte der Staatsanwaltschaften in Krems und St. Pölten und der WKStA gekannt, hätte er wohl selbst die größten Pannen vermieden.
Am 22. Mai 2025 bekamen wir von Klenks Redaktionsassistentin im Falter ein Mail: „Ich würde gerne für unseren Chefredakteur Florian Klenk einmal das Buch: “Pilnacek, Der Tod des Sektionschefs” von Peter Pilz bestellen.“ Wir hätten ihm das Buch schneller schicken sollen.
Innenministerium will Buch verbieten
Am kommenden Montag steht ZackZack wieder vor Gericht. Das Innenministerium will das Pilnacek-Buch gerichtlich verbieten lassen. Unter dem finanziellen Druck der SLAPP-Klagen kämpft ZackZack ums wirtschaftliche Überleben.
Als Klenk seine tatsachenwidrigen Behauptungen wenige Tage vor dem entscheidenden Prozess veröffentlichte, musste er wissen, was er tat. Vielleicht weiß er auch, warum er es tat.
Link zur Diskussion auf Bluesky.
Klagen und Prozesse bringen ZackZack an den Rand der Existenz. Am 1. Juli wissen wir: Schaffen wir es gemeinsam – oder sperrt ZackZack zu?
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Titelbild: HELMUT FOHRINGER / apa / picturedesk.com, ZackZack