Der renommierte Korruptionsexperte Martin Kreutner lässt in einem Podcast mit klarer Kritik an den Pilnacek-Ermittlungen aufhorchen: Allein “die zeitliche Abfolge der Geschehnisse” werfe viele Fragen auf. Politische Vertreter hätten früh einen Selbstmord verkündet, moniert Kreutner.
Der Jurist und Antikorruptionsexperte Martin Kreutner leitete bis zum Sommer 2024 die Untersuchungskommission in der Causa Pilnacek. Diese war nach dem Tod des Sektionschefs von Justizministerin Alma Zadic eingesetzt worden. Bereits Kreutners damalige Befunde rüttelten auf. So sprach die Kommission von einer “Zwei-Klassen-Justiz”, die in Österreich vorherrsche und im europäischen Vergleich kein gutes Bild abgebe.
Nach den jüngsten Prozessen gegen ZackZack und der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Kriminalpolizisten in Niederösterreich zeigt sich Kreutner nach wie vor von Unregelmäßigkeiten bei der Ermittlungsarbeit nach Christian Pilnaceks Tod überzeugt. Im Podcast “Rohrer bei Budgen” kritisierte der Experte deutlich die Ermittlungsarbeit und politische Äußerungen rund um den Tod von Christian Pilnacek. Für den Juristen bleiben Fragezeichen.
Zu frühe Suizid-Erzählung von Sebastian Kurz
Kreutner wunderte sich besonders über die sehr früh kursierende Nachricht, es handele sich bei Pilnaceks Ableben um einen Suizid. Als erster hatte Ex-Kanzler Sebastian Kurz diese Theorie bereits am Tag des Ablebens in die Öffentlichkeit gebracht. Er konnte sich aber zu diesem Zeitpunkt auf keine verlässlichen Untersuchungen berufen, ein Obduktionsbericht lag noch lange nicht vor. Es sei „zu einem sehr, sehr frühen Zeitpunkt von sehr namhaften politischen Vertretern von Suizid gesprochen worden, bevor überhaupt noch eine Obduktion eingeleitet worden ist”, so Kreutner wörtlich.
Handy-Auswertung “völlige Routine”
Scharfe Kritik äußert Kreutner auch zu den Ermittlungen rund um das Handy von Christian Pilnacek. Wenn “ermittlungstechnisch maßgebliche Gegenstände wie ein Handy nicht einmal ausgewertet werden”, müsse die Frage erlaubt sein, ob so etwas “lege artis” ist. Aus seiner „Ermittlungserfahrung“ heraus wäre die Auswertung jedenfalls “völlige Routine“, zumal es Aussagen gegeben habe, wonach der Verstorbene vor seinem Auffinden noch am Handy aktiv war.
Am Mobiltelefon, das noch am Todestag an den Anwalt von Pilnaceks Witwe übergeben wurde, die das Telefon in der Folge mittels Bunsenbrenner vernichtete, hätte man „zum Beispiel Botschaften finden können, Abschiedsbriefe, Abschiedsmessages, beziehungsweise auch determinieren oder herausfinden können, warum er auf dem Weg zu diesem Ort umgedreht hat und wieder zurück nach Wien gefahren ist“, sagte Kreutner.
Die Worte Kreutners haben Gewicht: Er war Leiter des Büros für interne Angelegenheiten im österreichischen Innenministerium, sowie Berater für die UN, den Europarat, die OSZE oder die Weltbank.
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