Samstag, April 27, 2024

Schwerer Abschied – Nachruf auf Rubina Möhring

Nachruf auf Rubina Möhring

Dr. Rubina Möhring starb nach schwerer Krankheit kurz vor ihrem 72. Geburtstag am Mittwoch in Wien. Fritz Hausjell, Zweiter Sprecher von Reporter ohne Grenzen Österreich, schreibt über einen schweren Abschied.

 

Fritz Hausjell

Wien, 04. März 2022 | Sie führte die regierungsunabhängige Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen Österreich“ (ROG) bald nach der Gründung im Jahr 1998 als eigenständigen, gemeinnützigen Verein innerhalb der weltweit tätigen „Reporters sans Frontières International“ (RSF) mit Sitz in Paris zu breiter öffentlicher Wahrnehmung. Damals war ich noch nicht bei ROG, wir kannten uns zwar seit ihrer Arbeit als Wissenschaftsjournalistin im ORF und sie hat mich gelegentlich auf ROG-Podien geladen. Ich erinnere mich auch noch gut an ihre mutige Kritik an den durch die erste schwarz-blaue Regierung härter gewordenen Verhältnissen für Journalist*innen, besonders im ORF, wo sie ja lange gearbeitet hatte.

Für den enormen Aufstieg der Bedeutung von „Reporter ohne Grenzen Österreich“ verantwortlich war zum einen ganz klar das jährlich präsentierte weltweite Pressefreiheitsranking, in dem in den letzten Jahren Österreich unter den von Sebastian Kurz geführten Regierungen erheblich an Terrain verloren hat. „Rubina Möhring hat sich nie gescheut, ihre fundierte Kritik sehr klar öffentlich zu artikulieren. Das war gewiss auch ein Grund, warum Rubina viele für die Mitarbeit bei Reporter ohne Grenzen leicht gewinnen konnte. Denn es gilt frühzeitig auf Verluste an Medienfreiheit aufmerksam zu machen und öffentlich Druck zur Besserung der Verhältnisse zu entwickeln“, betont heute Erhard Stackl, der Vizepräsident von ROG.

Rubina Möhring hatte auch eine ausgeprägte Gabe, geradezu prophetisch in die Zukunft zu sehen und Herausforderungen zu erkennen, so erinnert sich Hannes Tretter, Vorstandsmitglied von ROG Österreich. Er war beispielsweise von ihr im Oktober 2015 eingeladen worden, im Rahmen eines „Dialogue on Journalism“, veranstaltet von der OSCE Representative on Freedom of the Media und ROG Österreich, in der Wiener Hofburg einen „Workshop for young Russian and Ukrainian journalists“ zu halten.

Die Verhältnisse für Journalist*innen unter Putin während des aktuellen Krieges gegen die Ukraine würde Möhring dieser Tage heftig kritisieren. Ebenso werden viele in den kommenden Wochen ihre vertraute Stimme bei Analysen der durch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss hierzulande zutage beförderten polit-medialen Unsitten-Bilder vermissen.

Zurückblickend wird recht klar, dass ein wichtiger Pfeiler ihrer Arbeit in den letzten beiden Jahrzehnten darin lag, auf gefährdete Journalist*innen, insbesondere in Ost- und Südosteuropa, auch in Österreich aufmerksam zu machen und sie durch den „Press Freedom Award“ ab 2001 zu stützen. Die Verleihung im letzten Jahr wurde Covid-bedingt auf heuer verschoben.

Bei der Neuplanung wäre niemand auf die Idee gekommen, dass sie ohne Möhring stattfinden könnte. Denn Rubina war nicht nur eine ungemein mutige, leidenschaftliche Kämpferin für die Freiheit des Journalismus, sondern war selbst durch mehrere gesundheitliche Tiefschläge nicht unterzukriegen. Und davon musste sie in den letzten Jahren leider mehrere einstecken. Vor zwei Tagen telefonierten wir noch über Details jüngster Planungen. Sie lag gerade wieder im Krankenhaus. Sie „gestand“, jetzt ziemlich schwach zu sein. Doch dann folgte rasch ihr erfrischendes helles Lachen. Sie werde auch diesmal wieder hochkommen.

Dieses und vieles andere, das die großartige Journalistin und Aktivistin ausgezeichnet hat, werden ihre guten Freundinnen und Freunde bald noch mehr vermissen. Denn gerade jetzt braucht die liberale Demokratie in Österreich eine starke Pressefreiheits-NGO, die gemeinsam mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft dafür Sorge trägt, dass das Rad der Zeit wieder nach vorne gedreht wird. Rubina Möhring hat es zum Glück verstanden, bei „Reporter ohne Grenzen Österreich“ um sich einen vielfältig kompetenten Vorstand zu scharen, der die von ihr mit Gleich- und Ähnlichgesinnten entzündeten Flammen für die Freiheit des Journalismus nach ihrem unfair frühen Tod kräftig am Lodern halten will.

Sie hatte noch so viele Pläne. Wir saßen diskutierend und Ideen wälzend, oft bis spät in die Nacht, natürlich bei dem guten Glas Wein. Oder wir freuten uns darüber, dass die gemeinsame Arbeit an Texten uns Spass bereitete. Ans Aufhören dachte sie nicht. Aber die ROG-Arbeit auf mehr Schultern aufteilen wollte sie schon. Doch das allermeiste machte immer noch sie. Rubina wusste mich gerne an ihrer Seite, etwa wenn wir in den letzten Jahren gemeinsam die aktuellen Ergebnisse des ROG-Pressefreiheitsrankings präsentierten. Das wollten wir noch länger so machen. Nun reißt Dich der scheiß Tod von hier fort. Das ist so bitter.

Adieu, meine Seelenverwandte!

Reporter ohne Grenzen Österreich: www.rog.at

Titelbild: Reporter Ohne Grenzen Österreich/zVg

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