Samstag, April 27, 2024

Richter-Präsidentin: »Personalsituation wird immer prekärer«

Sabine Matejka, die Präsidentin der Richtervereinigung klagt über eine erschreckende Personallage an österreichischen Gerichten. Es gebe massive Probleme, offene Stellen nachzubesetzen. Dies bleibe nicht ohne Folgen.

Wien, 19. Mai 2022 | Die Justiz steht vor zwei großen Problemen: Das Vertrauen in die Rechtsprechung sinkt und die Personalsituation ist “zunehmend prekär”, warnte Richter-Präsidentin Sabine Matejka im Ö1-„Journal um 8“ am Donnerstagmorgen.

Bei den Richterinnen und Richtern würden zu viele Stellen derzeit nicht nachbesetzt. Zurückzuführen sei dies auch auf die Sparpolitik der vergangenen Jahre, aber auch auf „interne Umstrukturierungen“. Betroffen sie hier auch besonders das nicht-richterliche Personal, die Pensionswelle täte ihr Übriges und „schlage voll zu“, so Matejka gegenüber Ö1. Letzteres würde sich in Zukunft auch noch weiterverschärfen, was die Präsidentin mit „großer Sorge“ sieht. Die Konsequenz: „Wir haben mit zunehmend weniger Personal dieselbe Arbeit zu bewältigen und das führt zunehmend auch zu Problemen.“

Auf Nachfrage bestätigte sie, dass es in Graz im Moment keinen einzigen Sprengelrichter mehr gebe, hier kann niemand mehr bei einem Krankenstand einspringen. Matejka: „Wenn Richterstellen über Monate unbesetzt sind, führt das natürlich zu Verfahrensverzögerungen.“ Juristinnen und Juristen zieht es offenbar nicht mehr so stark ins Gericht wie in der Vergangenheit. Gerichte stünden in einem starken „Konkurrenzkampf“ mit anderen Bereichen: „Alle suchen gute Juristen“, so Matejka im „Journal um 8“. Gerichte müssten sich Umstrukturierungen überlegen.

Bessere Entlohnung

Die Problematik der Nachbesetzung offener Stellen – gerade im nicht-richterlichen Bereich, also beispielsweise Kanzlei- oder EDV-Mitarbeiter, die auch Dolmetscher oder Sachverständige bestellen, Verhandlungen vorbereiten etc. – läge dabei allerdings nicht an fehlenden Mitteln, sondern vielmehr daran, dass schlicht Bewerbungen ausblieben: „Es bewerben sich zu wenig geeignete Interessenten.“ Um hier gegenzusteuern, müsse man laut Matejka „dringend am Jobprofil arbeiten“, sprich: attraktivere Aussichten schaffen. „Bessere Löhne sind hier sicher auch ein Thema“, fügt die Präsidentin der Richtervereinigung an. Eine Erleichterung in diesem Bereich wäre eine „Win-Win-Situation“, weil auf diese Weise auch Richter und Richterinnen mancherorts freigespielt würden.

„Frau Bundesministerin“ gefordert

Eine gute Öffentlichkeitsarbeit spiele dafür, aber auch beim Vertrauen in die Justiz in der Gesellschaft allgemein eine tragende Rolle: „In der Öffentlichkeit beschäftigen wir uns derzeit mit einem sehr kleinen Bereich der Justiz und einer Handvoll Personen, die für Negativschlagzeilen sorgen“, so Matejka, „die vielen positiven Leistungen der Justiz fallen hier völlig unter den Teppich.“ Gegenüber der APA sagte sie: „Ein durchschnittlicher Bürger ist in der Regel nicht von WKStA-Ermittlungen betroffen und im Strafverfahren nur Zeuge. Wenn er mit Gericht zu tun hat, dann in Zivil- und Verwaltungsverfahren.” Man müsse wieder betonen, dass die Justiz „nach wie vor für die Menschen da sei“ und man sich auf sie verlassen könnte. Dies zu verbessern sei in erster Linie Aufgabe „der Frau Bundesministerin“ und ihres Ressorts, gemeint ist Justizministerin Alma Zadic von den Grünen.

(am)

Titelbild: APA Picturedesk

Anja Melzer
Anja Melzer
Hält sich für die österreichischste Piefke der Welt, redet gerne, sehr viel und vor allem sehr schnell, hegt eine Vorliebe für Mord(s)themen. Stellvertretende Chefredakteurin. Sie twittert unter @mauerfallkind.
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17 Kommentare

  1. Durch absichtliches Ignorieren notwendiger Personalmaßnahmen, kann man die Justiz subtil schwächen. Sparen klingt für naive Pöbelianer meist seriös, am falschen Platz jedoch kann selbiges zu Kollateralschäden führen…
    Wichtig ist, dass sich in den Ministerkabinetten mittlerweile eine Unmenge an devoten Parteisoldaten tummeln, welche fürstlich auf unsere Kosten entlohnt werden.
    Es muss heller werden Österreich!

    • Die Richter jammern nur als erstes und am lautesten. Die sollen einmal in die Spitäler zu den Ärzten schauen gehen oder in die Privatwirtschaft.

  2. Zum ersten Mal vorm Gericht wurde ich wegen “Versuch einer Körperverletzung” ohne Beweis zwar freigesprochen, jedoch der wahre Täter (Beweis blutende Wunde mit Foto) ebenso. Die Argumente der Richterin schienen mir haarsträubend und unglaubwürdig, fürchterlich, einfach arg. Ja mein Entlastungszeuge hätte Corona.
    Ist man da als unbescholtener älterer Staatsbürger, früher mit vielen Jahren für die KollegInnen ehrenamtlich, nicht freigestellt, tätig, derart ausgeliefert?
    Gibt es keine Möglichkeit, die Arbeit eines Richters etwas würdiger zu gestalten. Ohne etwaige Befangenheit zu erwecken?
    Die vielen Zuschauer werden sich sicher ihren Reim darauf gemacht haben.
    Auch vorhergehende Ladung aufs Kommissariat war im Ablauf äußerst unangenehm. Habe ich als beinhart und unfreundlich empfunden und auch gesagt. Ohne Anwalt würde ich das nicht mehr machen.

  3. Richter sind “Machtgeil, bequem, entscheidungsfaul” so Thorsten Schleif selbst Richter. Es gibt nicht zu wenig Richter, sie sind nur das arbeiten nicht (mehr) gewöhnt und haben zahlreiche Nebenbeschäftigungen.

    Wenn die Medien nicht berichten wird ohnehin eingestellt und unter den Teppich gekehrt. Man geht lieber ins Kaffeehaus oder, in letzter Zeit auch sehr beliebt, arbeitet von zu Hause aus. Es ist immer Freizeit in Konkurrenz mit der Arbeit, die man erledigen sollte. Daher sind die Urteile oft schlampig und mit copy/paste zusammengefügt.

    Richtig wäre eine Anwesenheitspflicht und eine funktionierende Kontrolle. Derzeit kontrolliert die Richterschaft sich selbst und das funktioniert überhaupt nicht. Schlendrian und Korruption sind die Folge. Die Richterschaft ist mehr am Image in der Öffentlichkeit als am Rechtsstaat an und für sich interessiert. Man kennt sich und man richtet sich’s – darum heißen sie ja Richter

    • Das wäre ja viel schlimmer, als ich mit meinem Beitrag als Kakadu48 geschrieben hatte. Sind da die Volksanwälte so zahnlos, unsere Institutionen demokratischer zu verändern? Liebe Grüße und weiter Mut, Missstände aufzudecken. Vom Volk und für das Volk,zu einer besser funktionierenden Demokratie.

  4. Mit Sparen im System (Justiz, Gesundheitswesen, Heer, teilstaatl. Eigentum, Pensionsanspruchshöhe Asv, ÖGK … ) kommt das raus.
    Danke schwarze Brut. Hauptsache die Boni werden in den Führungsetagen gesichert und regelmäßig ausbezahlt sowie die Dividenden trotz staatlicher Unterstützung an die Aktionäre fließen.
    Nicht einmal die teilstaatl. DIVIDENDEN werden der Bevölkerung zurück gegeben.
    Der erwirtschaftete Umsatz/ Gewinn fließt in diverse Taschen von ÖVP nahen Gierschläuchen.
    Und es wird weiter gespart im System.

  5. Gibt es die Frau Justizministerin überhaupt noch?
    Kürzlich habe ich gelesen, sie freut sich bereits auf die zweite Halbzeit?

    Eher habe ich aber den Eindruck, dass sie weiter untätig bleibt und maximal ein paar Ankündigungen macht und dann wohl, wenn sie wegen ihrem Plagiat Anfang Herbst zurücktreten muss, ihre Schuldigkeit insofern getant hat, dass weiter alles beim Alten bleiben und die kriminellen Organisationen weiter geschützt bleiben können und dazu noch mit den Verjährungen ihrer Straftaten weiter kalkulieren können…

    Ich bin sicher, sie kriegt dann auch so einen tollen Job wie der Basti für ihre Zeit nach ihrer Ministertätigkeit zugeschanzt und wird dann wohl auch ausgesorgt haben…

      • Das ist doch schön
        Nein, ich glaube sie tut sehr sehr viel, aber eben hauptsächlich für ihren Regierungspartner und da ist NICHTS eben das ALLERBESTE und damit hat sich “das Mama sein” auch redlich verdient

        • Jetzt hätten wir es doch bald verschrien.
          Ein wahrlich tolles Paket hat unsere Justizmammi nun für ihre große Justizfamilie heute im Parlamant gerade verabschiedet – Da wird sich diese Familie aber wahrlich freuen.
          Schade, dass die anderen Themen wie nur beispielsweise die Whistlblower Richtlinie hier wieder viel zu kurz kam und der Immunitätserlass weiter seinen Bestand feiern durfte.
          Dafür aber ein tolles Konstrukt mit dem hypbriden Notariatsakt. Da werden sich aber vor allem die so oft im Dunkeln arbeiten müssenden wieder mächtig freuen.
          Heute war sichtlich ein großer “Familientag!” – Es lebe unsere Ministerin, sie leben hoch

    • finds etwas komisch über jahrzehnte die justiz zu zerfi… und jetzt der justizministerin dafür ans bein zu pinkeln

  6. Vielleicht liegt es am fehlenden oder falschen Parteibuch, daß Stellen nicht nachbesetzt werden?

  7. Jus Studenten gibts eh wie Sand am Meer.

    Beim FA Graz Stadt ist das Arbeitspensum von 1 Vollzeitstelle auf 3 Personen verteilt. Dennoch kommt es dort zu massiven Abwicklungsproblemen und Verzögerungen. Es happert hier ganz wo anders.

    Außerdem ist in einer Gesellschaft Produktions- und Innovationskraft entscheidend. Wenn interessieren da die Nichtsnutzigen 12.000 € Richter.

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