Vor 40 Jahren kam in Österreich das erste Kind zur Welt, das mittels künstlicher Befruchtung gezeugt wurde. Es war eines der ersten Retortenbabys weltweit.
Wien, 5. August 2022 | Einem Ärzte-Team des AKH Wien und zwei Pionieren der Reproduktionsmedizin, Wilfried Feichtinger und Peter Kemeter, gelang im Jahr 1982 ein revolutionärer medizinischer Eingriff. Als sechstes Team weltweit hatten sie eine Befruchtung im Reagenzglas (In-Vitro-Fertilisation – IVF) durchgeführt.
Damit wurde nicht nur einem Paar der Kinderwunsch erfüll, sondern auch das erste Retortenbaby Österreichs, Zlatan Jovanovic, gezeugt. Heute wird Zlatan 40 Jahre alt.
Jährlich 18.000 künstliche Befruchtungen
Die erste Befruchtung einer menschlichen Eizelle in einer Petrischale wurde in Großbritannien 1978 vom britischen Medizin-Pionier Robert Edwards durchgeführt. 2010 erhielt er dafür den Nobelpreis. Was damals als Sensation gefeiert wurde, ist heute Alltag in der Reproduktionsmedizin. Laut einer Statistik der Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Embryologie von 2018 wurden bis dahin über acht Millionen Menschen mithilfe einer künstlichen Befruchtung gezeugt.
In Österreich werden laut der Gesundheit Österreich GmbH jährlich rund 18.000 künstliche Befruchtungen in den 21 Vertragszentren österreichweit durchgeführt. Die meisten davon finden in Wien entweder im AKH oder einer der sieben privaten Kinderwunschkliniken statt.
Österreichs Pionier verstorben
Österreichs IVF-Pionier Feichtinger hat die Methode Mitte der 80er Jahre adaptiert und eine schonende Vorgehensweise bei der vaginalen, Ultraschall-gezielten Entnahme der Eizellen entwickelt, die sich weltweit durchgesetzt hat. 1984 gründete Feichtinger eine private Kinderwunschklinik, die heute von seinem Sohn geleitet wird.
Letztes Jahr ist Feichtinger im Alter von 71 Jahren verstorben. „Professor Feichtinger hat mir jedes Jahr zum Geburtstag gratuliert. Sein frühes Ableben im Juni 2021 hat mich sehr betroffen. Er hat auch stets betont, wie sehr er auf diese gelungene Behandlung stolz war, die am Beginn seiner so erfolgreichen Laufbahn stand“, bedauert Jovanovic in einer Aussendung.
70 Prozent Kostenersatz für Kinderwunschpaare
Bei den 18.000 jährlich durchgeführten IVF kommt es nur bei einem Viertel zu einer Schwangerschaft. Die Kosten pro Eingriff liegen bei 1.000 Euro. Für eine erfolgreiche Schwangerschaft sind jedoch mehrere Eingriffe notwendig. Der Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation (IVF-Fonds) übernimmt 70 Prozent der Kosten für höchstens vier Versuche.
Die betroffenen Kinderwunschpaare müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Ein Paar gilt als anspruchsberechtigt, wenn eine Sterilität bei der Frau und/oder beim Mann vorliegt und alle Möglichkeiten zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ausgeschöpft wurden. Die Frau, die das Kind austrägt, darf außerdem zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung das 40. Lebensjahr nicht überschritten haben und der Partner oder die Partnerin nicht das 50. In Fällen, wo Spendersamen oder Spenderinneneizellen erforderlich sind, werden allerdings die Kosten für die Bereitstellung vom Fonds nicht getragen.
(nb)
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