Samstag, Mai 4, 2024

Unsterblich Episode 14: Wir und die Zukunft des Neandertalers

Sollen wir den Neandertaler wiederauferstehen lassen? Schließlich haben wir immer noch einiges von ihm in uns.  

Wir Menschen, die uns „homo sapiens“ nennen, sind allein auf diesem Planeten. Alle anderen Mitglieder der Gattung homo, sind ausgestorben. Der Neandertaler, unser nächster Verwandter, lebte bis vor etwa 400.000 Jahren im westlichen Eurasien, bis er vor circa 40.000 Jahren ausgestorben war. Es fragt sich, ob wir eine Mitschuld an dieser Tatsache haben. Seit das Genom des Neandertalers sequenziert wurde, ist es nämlich klar, dass wir Europäer mit den Neandertalern Sex hatten. Das wissen wir, weil in uns Europäern eine beträchtliche Menge der DNA der Neandertaler zu finden ist. Das bedeutet, dass Sapiens und Neandertaler miteinander Nachkommen hatten. Ungefähr 40% der DAN der Neandertaler sind bis heute in den Europäern erhalten geblieben; jeder von uns hat circa 1% – 4% davon in seinem Genom.

Es wird angenommen, dass die Ko-existenz von Sapiens und Neandertaler vor etwa 110.000 Jahren begann und bis vor 40.000 Jahren andauerte, wobei ein Genfluss von Neandertaler zu Sapiens stattgefunden hat. Dem Schweden Svante Pääbo, gelang es bereits als Doktorand, Teile der DNA einer Mumie zu bestimmen. Seinem Team gelang auch die Bestimmung des Genoms des Neandertalers, wofür er 2022 den Nobelpreis erhielt. Eine beachtenswerte Leistung, die unser Weltbild prägt!

Was vom Neandertaler in uns lebt

Welche Gene haben wir vom Neandertaler geerbt? Leider nicht die Besten: Das vererbbare Risiko an Diabetes Typ-2 stammt vom Neandertaler, wie anscheinend auch die Neigung zu Depressionen und Nikotinsucht. Vor Kurzem hat die Arbeitsgruppe von Svante Päävo eine genetische Variante im Neandertaler Genom gefunden, die bewirkt, dass man besonders schwer an COVID-19 erkrankt. Und manche von uns haben diese Variante auch geerbt.

Andererseits haben wir vom Neandertaler Genvarianten geerbt, die es erleichtern, uns an neue klimatische und Umweltbedingungen anzupassen. Dazu zählt UV-Strahlen besser zu vertragen, oder gegen Krankheitserreger resistent zu sein. Auch die Rückenbehaarung, zusammengewachsene Augenbrauen, Haarfarbe, Hautfarbe, aber auch wie gut wir schlafen und wie unsere Stimmung ist sind durch die Überbleibsel des Neandertalers in uns beeinflusst.

Ganz spannend sind neue Erkenntnisse des Max-Plank-Instituts für Psycholinguistik, die besagen, dass unsere Sprache wesentlich älter ist als bisher angenommen. Demnach hätten die Neandertaler bereits Sprache gehabt, die sich mit unseren Sprachen vermischt hätten.  Auch könnte es kulturellen Austausch in der Werkzeugherstellung gegeben haben.

Kein Nießreflex bei Schokolade?!

Etwas hat mich persönlich belustigt, als ich meine DNA von 3 verschiedenen Firmen bestimmen habe lassen. Ich habe auch mein gesamtes Genom von der Firma Dante Labs sequenzieren und analysieren lassen. Anscheinend ererbte ich vom Neandertaler die Eigenschaft nicht zu nießen, wenn ich Schokolade esse. Das verstehe ich nicht! Denn der Neandertaler hat ganz sicher keine Schokolade gekannt. In Europa wachsen keine Kakaobäume. Dieser Sache werde ich noch nachgehen.

Die Forschung über unsere Verwandtschaft zum Neandertaler ist in vollem Gange und wird es noch viele Überraschungen geben. Ich werde weiterhin darüber berichten, sobald es etwas Neues gibt.

Wie könnte die Wiederauferstehung des Neandertalers funktionieren?

Analog zum Colossal Projekt (Episode 13), den Wollmammut wieder zum Leben zu erwecken, könnten wir gleichermaßen vorgehen und den Neandertaler rekonstruieren. Die DNA des Neandertalers müsste Stück für Stück in das Genom des Sapiens eingeführt werden und danach in einer Stammzelle zur Vermehrung und Entwicklung aktiviert werden. Danach müsste eine Sapiens-Leihmutter dieses Neandertaler Baby austragen. Nicht so einfach, und deshalb erst einmal ein Gedankenexperiment!

Gedankenexperiment als ethische Übung

Bis dahin ist das Experiment zur Wiederauferstehung des Neandertalers eben nur eine Idee, über die wir nachdenken sollten, vor allem über dessen ethische Komponente. Sollte der Neandertaler, oder ein anderer Hominid, die Erde wieder bewohnen, stellt sich die Frage wie wir miteinander umgehen würden. Gelten dann unsere Gesetze? Oder lassen wir zu, dass die Neandertaler ihre eigenen Gesetze haben? Wir wissen nicht, wie der Neandertaler dachte. Würden wir uns im Falle seiner Auferstehung zu einer neuen Gattung entwickeln, oder würden wir auseinanderdriften? Auf jeden Fall wäre es von Vorteil für die Evolution, denn Vielfalt ist ein Vorteil.

Während eines Vortrages stellte jemand die Frage, wo die Neandertaler wohnen sollten, und schlug daraufhin einen eigenen Zoo vor. Mehr ist zu unseren ethischen Visionen nicht zu sagen.

Den Neandertaler wieder auferstehen zu lassen, ist für viele keine gute Idee. Aus technischen, medizinischen und sozialen Gründen. Neben allen anderen Bedenken, könnten wir nicht sicher sein, ob der wiederauferstandene Neandertaler dem Alten gleich wäre. Denn um eine neue Generation von Neandertalern hervorzubringen, bedarf es einer Homo Sapiens Leihmutter, die andere epigenetische Eigenschaften (Episode 11) hinterlassen würde.


Titelbild: Pixabay

Mehr dazu in der kontroversiellen Diskussion aus Standford:

On Not De-Extincting Homo neanderthalensis

Renée Schroeder
Renée Schroeder
Renée Schroeder ist eine der führenden Biochemikerinnen Europas. Als Wittgenstein-Preisträgerin lehrte sie an der Universität Wien. Heute lebt sie auf dem Salzburger Leierhof und beschäftigt sich mit wilden Kräutern, die sie verarbeitet. Für ZackZack beschreibt sie die ebenso folgenreichen wie weitgehend unbekannten Entwicklungen der technischen Eingriffe in die Grundlagen unseres Lebens - bis hin zur Abschaffung des Alterns.
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6 Kommentare

  1. Es soll ja mindestens noch zwei weitere menschliche Rassen gegeben haben, welche noch länger her ausgestorben sind?
    Eine Rasse waren angeblich ganz kleine Menschen?

  2. Die Forschung zur Geschichte der Menschheit ist so unendlich interessant!

    Ich wünschte nur, die GenTech Industrie würd nicht dauernd alles für sich vereinnahmen. Wir tun uns keinen Gefallen mit ethisch fragwürdigen Gen-Experimenten!

    • Österreichs politische, demokratische Zukunft wird von der Gen Technik abhängen.
      Denken sie an Sangamo Therapeutics. Mittels Zinc Finger Technologie könnten sie bei zukünftigen Parlamentariern das Korruptionsgen dauerhaft ausschalten und sehr wahrscheinlich notwendig, ein Ethik Gen überhaupt erst implementieren!

  3. Die wieder auferstandenen Neandertaler und Tirolerinnen dürften natürlich nicht von Mammuts sozialisiert werden, dann sollte die Integration in die Gesellschaft problemlos möglich sein. Also nicht im Zoo, denn die Problematik eines Ethnischen Ghettos würde bei den freiheitsliebenden Jägern und Sammlerinnen zu Depression und Nikotinsucht führen.
    Die Mammuts hingegen könnten mit Schokolade dahingehend konditioniert werden, daß bei der wöchentlichen Schokolade Fütterung auch ihr Pelz geschoren werden müßte. Unter Zuhilfenahme von Schokolade könnte also, angesichts der globalen Erderwärmung, das neuerliche Aussterben erfolgreich verhindert werden. Es lebe das Lila Mammut!

  4. Im ÖSV Kollegen der Klimaschützer Julian Schütter androhte ihm die Fresse einzuschlagen wenn dieser noch einmal versucht ihn zum Veganismus zu bekehren, dürft auch so einiges vom Neandertaler stecken. 😉

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