Freitag, April 26, 2024

Jährlich 745.000 Tote – WHO will Überarbeitung bekämpfen

WHO will Überarbeitung bekämpfen

Weil sie zu viel arbeiten mussten, starben im Jahr 2016 weltweit 745.000 Menschen. Das ist das Ergebnis einer von der UNO veröffentlichten Studie.

Genf, 19. Mai 2021 | Ein paar Überstunden hier, ein paar Nachtschichten da: In vielen Unternehmen gehört die Mehrarbeit einfach dazu. Doch lange Arbeitszeiten kosten einer UNO-Studie zufolge jährlich Hunderttausende Menschenleben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) gehen davon aus, dass im Jahr 2016 weltweit rund 398.000 Menschen an Schlaganfällen und etwa 347.000 an Herzerkrankung starben, weil sie 55 Wochenstunden oder mehr gearbeitet hatten.

23 Millionen verlorene Lebensjahre

Kein Job sei dieses Risiko wert, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.

“Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich gemeinsam auf Limits zum Schutz der arbeitenden Menschen einigen”,

betonte Ghebreyesus. Durch Überarbeitung gingen 2016 der Analyse zufolge weltweit rund 23 Millionen gesunde Lebensjahre verloren – mehr als durch Verletzungen oder Fehlbelastungen, die bisher als die größten Verursacher von Gesundheitsschäden am Arbeitsplatz gesehen wurden. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt demnach ab 55 Stunden Wochenarbeitszeit stark an. Einerseits verursache die körperliche und psychische Belastung diese Krankheiten, erklärte Studien-Mitautor Jian Li von der Universität von Kalifornien in Los Angeles. Andererseits gebe es indirekte Faktoren wie Rauchen, Alkohol, zu wenig Bewegung und Schlafmangel.

Ein globales Problem

Im Japanischen gibt es ein eigenes Wort für Tod durch Überarbeitung: “Karoshi”.

“Karoshi wurde in vergangenen Jahren als einzigartiges ostasiatisches Phänomen gesehen, doch durch unsere systematischen Untersuchungen und globalen Schätzungen wissen wir, dass es sich um ein globales Problem handelt”, so Li. Im Auftrag von WHO und ILO wurden Umfragen zu Arbeitszeiten aus 154 Ländern ausgewertet. Die Daten wurden mit Studien über Schlaganfälle und Herzkrankheiten mit insgesamt 1,6 Millionen Teilnehmern abgeglichen.

Laut den Forschern arbeiten fast neun Prozent der Weltbevölkerung 55 Stunden oder mehr pro Woche. Ostasien, Südostasien und der indische Subkontinent sind demnach besonders stark durch arbeitsbedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen belastet, ebenso einige Länder in Afrika und Südamerika. In diesen Regionen gebe es viele Menschen ohne geregelte Arbeitsverträge und -zeiten. Die geringste Belastung gebe es in Nordamerika und Europa, wo der Arbeitnehmerschutz stärker sei. “Diese Maßnahmen scheinen also wirklich zu funktionieren”, sagte WHO-Experte und Hauptautor Frank Pega.

Verschmelzung von Arbeit und Freizeit in der Pandemie

Laut der Studie nahmen tödliche Herzerkrankungen und Schlaganfälle mit Arbeitsbezug zwischen 2000 und 2016 stark zu. Die Corona-Krise könnte diese Entwicklung noch verstärken, warnte WHO-Chef Tedros: Im Homeoffice würden Arbeit und Freizeit verschwimmen. Stellenkürzungen erhöhten die Belastung für verbliebene Mitarbeiter.

Die WHO hatte 2019 zudem Burn-Out klar als Syndrom definiert, das im Zusammenhang mit Belastungen bei der Arbeit steht. Als Syndrom bezeichnet die Medizin eine Kombination mehrerer Krankheitszeichen, die wahrscheinlich auf die gleiche Ursache zurückzuführen sind.

WHO und ILO fordern deshalb, bestehende Arbeitszeitregeln umzusetzen und fehlende Gesetze einzuführen.

(jz/Agenturen)

Titelbild: APA Picturedesk

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6 Kommentare

  1. Wie die Faust aufs Auge zu diesem Thema passt dieses Lied: https://www.youtube.com/watch?v=2INV2hYUFR8

    Falls jemand Zeit hat, nehmt euch die vier Minuten um euch die Message anzuhören. Während im Radio sinnbefreiter Pop läuft riskieren diese Musiker ihr Leben für die Wahrheit.

    In Zeiten der universellen Täuschung wird das Aussprechen der Wahrheit zu einem revolutionären Akt. – Gesagt von einem sehr weisen Menschen

  2. Wir sollten uns mal fragen ob es wirklich Jobs geben sollte von denen man bei 40 Stunden pro Woche nicht leben kann

  3. Seit Beginn der Industriellen Revolution wurden Arbeitszeiten regelmässig bei vollem Lohnausgleich verkürzt.
    Bis 1985.
    Was sich seit 1994 aber geändert hat, ist das Verhältnis von Arbeits-/Haushaltseinkommen und Unternehmen-/Vermögenserträgen am gesamtgesellschaftlichen Volkseinkommen.

    Zuungunsten von Arbeitnehmer*innen.
    1930 schrieb John Maynard Keynes, dass die Menschen in 100 Jahren nur noch drei Stunden am Tag arbeiten müssen. Davon sind wir weit entfernt.
    Warum?
    Die notwendige Länge der Arbeitszeit hängt nicht mit der Produktivität zusammen, sondern auch mit der Höhe des Einkommens. Und genau da lag Keynes Irrtum.

    Arbeitszeitverkürzung war schon immer eine Verteilungsfrage und ist normalerweise eine Massnahme zur Umverteilung der gemeinsam erwirtschafteten Gewinne.
    Und diese Verteilung erfolgt neoliberalen Wünschen zufolge gegen die Interessen der lohnabhängigen Menschen.

    https://www.hagerhard.at/blog/2020/01/die-kalte-arbeitszeitverkuerzung/

  4. Wie wär’s mal mit einer Rechnung der verlorenen Lebensjahre aufgrund der evidenzfreien Coronamaßnahmen?

    • Und bitte nicht zu vergessen, die Spaltung d Gesellschaft, die für Jahre ihren Schatten werfen wird, wegen einem Genmanipulierten Wirkstoff!

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