Freitag, April 26, 2024

Antikorruptionspartei in Bulgarien kurz vor Regierungsbildung

Kiril Petkow ist fast am Ziel. Der designierte Ministerpräsident Bulgariens soll am Montag gewählt werden und damit Kurz-Freund Boiko Borissow vergessen machen. Borissow sieht sich schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt.

Wien, 11. Dezember 2021 | Bulgariens Präsident Rumen Radew hat am Samstag der neugegründeten Partei “Wandel fortgesetzt” (PP) den Regierungsauftrag erteilt. Designierter Ministerpräsident ist Parteichef Kiril Petkow. Der kündigte an, die neue Regierung in Sofia noch am Montag vom Parlament wählen zu lassen. Petkow erklärte auch, dass schwierige Aufgaben zwar bevorstehen würden, aber zu lösen seien. Man wolle die Hoffnungen der Bulgaren nicht enttäuschen. So soll auch Generalstaatsanwalt Iwan Geschew abgelöst werden. Er gilt als Hauptursache dafür, dass Ermittlungen zu politischen Korruptionsvorwürfen bislang oft im Sande verlaufen sind. “Solange wir keine funktionierende Generalstaatsanwaltschaft haben, können wir keinen einzigen Dieb fassen“, so Petkow.

Tiefgreifende Reformen gefordert

“Sie haben die Verantwortung, tiefgreifende Reformen in Bulgarien voranzutreiben, die Korruption und die Gesetzlosigkeit zu bekämpfen und die Hinterzimmerpolitik zu beenden”, wandte sich Präsident Radew an den designierten Regierungschef Petkow. Bulgarien gilt laut Transparency International zu den korruptesten Staaten der EU. Sollte die von Petkow angeführte Regierung nicht gleich in ihren ersten 100 Amtstagen entschiedene Veränderungen vorweisen können, werde sie den Kampf um den Rechtsstaat Bulgarien verlieren, warnte Radew. Zudem betonte er, dass die Überwindung der Armut und die Durchsetzung der nationalen Interessen Bulgariens im Ausland weitere Ziele der Regierungsarbeit sein sollten.

Nach der Annahme des Regierungsauftrags erklärte Petkow, dass sein Kabinett zwei schwierige Aufgaben unmittelbar zu lösen habe – die Coronakrise im Land mit der niedrigsten Impfquote in der EU und die Folgen der steigenden Energiepreise. “32 Jahre nach der Wende ist die Zeit gekommen, dass die Bulgaren endlich Gerechtigkeit erfahren müssen”, so Petkow. Diese Hoffnung der Bürger wolle die nächste Regierung nicht enttäuschen, fügte er hinzu.

Wahlsieg nach Korruptionsskandal um Kurz-Freund

Erst im September hatte Petkow (41) gemeinsam mit seinem Studienkollegen von der US-Eliteuniversität Harvard, Assen Wassilew (44), die Antikorruptionspartei “Wandel fortgesetzt” (PP) gegründet. Am 14. November gewann die Partei dann überraschend deutlich die dritte Parlamentswahl in diesem Jahr. Die postideologische PP geht eine breite Regierungskoalition mit drei weiteren Parteien ein: der postkommunistischen Sozialistischen Partei (BSP), der Populistischen Formation (ITN) und der antikommunistischen Koalition Demokratisches Bulgarien.

Der kleinste gemeinsame Nenner für die vier künftigen Regierungsparteien ist die politische Isolation der Mitte-Rechts-Partei GERB von Langzeitpremier Boiko Borissow. Der ehemals enge Vertraute von Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat ebenso mit schweren Korruptionsvorwürfen zu tun – die Ursache für die politische Neuordnung im armen Balkanland. Außerdem wird Borissow eine Nähe zur Mafia nachgesagt. Anders als in Österreich kommt es jetzt wohl zu einer breiten Regierungsallianz in Bulgarien. Das erinnert an Israel, wo acht Parteien von links bis rechts regieren, um Benjamin Netanjahus Macht zu brechen. Auch der sieht sich schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt.

(wb/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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6 Kommentare

  1. werden. Auch wurden jetzt einige korrupte Protagonisten ausgewechselt, am System hat sich rein gar nichts geändert…
    Gute Nacht Österreich!

  2. Seit geraumer Zeit ist Bulgarien als failed state zu bezeichnen. Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus wurden ganze Berufsgruppen, Sportvereine und ehemalige Parteiangestellte in die Wüste geschickt. Selbige Akteure fanden sich zu Gemeinschaften in der Unterwelt zusammen, die von ehemaligen Geheimdienstprofis gelenkt und angeführt wurden. Über die Jahre wurden diese Vereinigungen reich und mächtig und sickerten langsam in staatliche Strukturen, bis zu deren völliger Übernahme ein. Borissow war ein Kind dieser Strukturen und natürlich seinen Herren verpflichtet. Dass Petkow jetzt der Erlöser und Erneuerer gegen ein etabliert korruptes System werden wird, darf mehr als bezweifelt werden. Wie uns die Geschichte gelehrt hat, wechseln Systeme bei Bedarf ihre Marionetten (die im Rampenlicht stehen dürfen) aus-am System ändert sich rein gar nichts und der Pöbel wird weiter belogen und betrogen. Österreich steht kurz davor, ein (wenn auch in anderer Form) ebenso mafiös strukturierter Staat zu

    • Siehe den “Korruptions-Bekämpfer” Klitschko, BM von Kiew. Auch der hat sich in Lichtgeschwindigkeit “angepasst”…..

      • Lieber siegmund.berghammer, hätte er das aus opportunistischen Gründen nicht getan, wäre er vom System schon längst entsorgt worden. Die Ukraine wird de Facto von fünf Mafiafamilien beherrscht, die das Land unter sich aufgeteilt haben, also ein klassischer failed state…
        Trotzdem muss es heller werden Österreich!

  3. Dass Boiko Borissow, ein “Vorbild” für unseren Kurz, die “Rute ins Fenster” gestell bekam ist jedenfalls ein sehr hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass wir (Europäer*Innen?) uns nicht in die rechte Ecke drängen lassen. Vorsicht ist geboten!! Schon einmal hal Europa eine “kleine, unbedeutende Partei” 1921 nicht ernst genommen und belächelt. Die Folgen sind bekannt. Wir haben immer noch Kickl und seine hetzerischen Freunde denen es offensichtlich Spaß macht Menschen zu verführen und mit dummer Hetze jeden sozialen Wert mit Füßen zu treten. Zu wünschen bleibt dass sich die neuen Führungskräfte nicht korrumpieren lassen und sich schnell im “alten Fahrwasser” des Kapitalismus wiederfinden.

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