Freitag, April 26, 2024

Dein Auto weiß alles

Was wissen Sie über Ihr Auto? Wahrscheinlich weniger, als Ihr Auto über Sie. Was moderne Fahrzeuge alles speichern und warum Datenschützer alarmiert sind.

Wien | Einfach spontan ins Grüne oder in die Berge fahren und dem Spinnennetz der modernen Kommunikation und personalisierten Werbung kurz entkommen? Das eigene Auto steht nicht nur für viele Fahrer für persönliche Freiheit, sondern wird auch von Herstellern bewusst mit idyllischen Vorstellungen verknüpft. Wir alle kennen die Werbungen in denen ein fabrikneues Auto sich über Serpentinen schwingt oder über verlassen wirkende Landstraßen gleitet. Doch wie privat sind die eigenen vier Türen wirklich? Jüngste Recherchen legen nahe, dass wir auch während der Fahrt zum Wochenendhaus am Land nicht unbeobachtet sind. Denn unser Auto weiß fast alles über uns.

Datenklau im Auto: Kontakte, Bilder und Nachrichten

Heute überrascht es die wenigsten, dass Tech-Konzerne oft mehr über uns wissen, als uns lieb ist. Wer sich im Internet bewegt und verschiedenste Apps nutzt, bekommt schnell personalisierte Werbung angezeigt oder muss feststellen, dass Google und Co. auch ohne unser Zutun genau wissen, wo wir gerade sind.

Doch der permanente Mitschnitt unseres Privatlebens bleibt nicht auf Handy oder Computer beschränkt. Denn auch moderne Autos wissen meist deutlich mehr über uns, als wir glauben.

Schon 2019 untersuchte die „Washington Post“, welche Daten moderne Autos über ihre Nutzer eigentlich speichern und kam zu erstaunlichen Ergebnissen. Mittels Hacking des sogenannten „Infotainment Systems“ gelang es Spezialisten, den ungebremsten Datenfluss aus dem privaten Auto offenzulegen. Neben naheliegenden Dingen, wie dem Aufzeichnen des Fahrverhaltens, speicherte der im Fahrzeug eingebaute Computer auch bei ausgeschaltetem Navigationssystem permanent den Standort des Autos. Doch nicht nur das: Neben Daten, die aufs Auto beschränkt bleiben, speicherte das Infotainment System auch intimere Details, wie Kontakte und Bilder vom Mobiltelefon des Fahrers. So konnten die IT-Spezialisten etwa bei einem ihnen wildfremden Mann nachvollziehen, mit wem er in einer Beziehung war, welche Nachrichten er verschickte und wo er gerne essen ging. Sogar ein Foto seiner Freundin fand sich auf dem Autocomputer.

In den USA gelang es 2015 zwei Hackern laut „Washington Post“ zudem, aus der Ferne die Kontrolle über einen Jeep Cherokee zu übernehmen. Sie schalteten die Bremsen ab und wechselten den Radiosender. Über einen ähnlichen Fall berichtete 2020 „NBC“. Einem Australier war es über die Nutzung einer App gelungen, die Kontrolle über den Land Rover seiner Ex-Freundin zu übernehmen und deren Bewegungen zu verfolgen. Er konnte das Auto sogar aus der Ferne starten und stoppen.

Fahrverhalten überwacht

Neben persönlichen Daten, die von verknüpften Smartphones gespeichert werden, zeichnen moderne Fahrzeuge mithilfe zahlreicher Sensoren außerdem praktisch jede Bewegung der Personen im Auto auf. Über die Weitergabe von Gurtdaten und Beschleunigung weiß der Autohersteller so beispielsweise über das Fahrverhalten Bescheid. Er kennt aber unter Umständen auch das Gewicht der Autoinsassen und weiß, welche Songs sie besonders gerne hören.

Datenschutz ist Kundensache

Welche Daten erfasst werden und welche im Infotainment System gespeicherten Daten genau weitergegeben werden, bleibt für Fahrzeugnutzer bislang weitgehend intransparent. Über die Verarbeitung von Daten heißt es in den Datenschutzrichtlinien von BMW beispielsweise: „Diese Verarbeitung beruht auf dem berechtigten Interesse von BMW Austria GmbH, die Sicherheit von BMW Produkten sicherzustellen. Grundrechte und –freiheiten von Kunden wurden gegen das Interesse von BMW Austria GmbH abgewogen, um die Daten der Kunden für den angegebenen Zweck zu verarbeiten.“

ZackZack wollte von unterschiedlichen Autoherstellern per Anfrage wissen, welche Daten über deren Kunden gesammelt werden, wem diese gehören und wie das mit dem euopäischen Datenschutz vereinbar sei. Die Antworten fielen sehr allgemein aus. Bei BMW bekannte man sich zu „Vertraulichkeit und Integrität von personenbezogenen Daten” und verwies auf die Datenschutzgrundverordnung der EU. Für den Datenschutz müssten Kunden selbst aktiv werden und mittels Privatsphäre-Einstellungen ihres Autos das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung” wahren.

Selbstbestimmung unterstrich auch VW. Der Volkswagen-Konzern betonte auf ZackZack-Anfrage, dass man Zugang zum weltweit größten „Fahrzeugdatenpool“ hat. Im Zentrum des Interesses von VW stünden bei der Datensammlung sowohl verbesserte Verkehrssicherheit, als auch „Komfortfunktionen und personalisierte Dienste“. Die Speicherung persönlicher Daten würden der DSGVO unterliegen und könnten vom Kunden jederzeit selbst unterbunden werden, so VW. Ein Teil der Daten sei zudem anonymisiert.

Datenschützer alarmiert

Die Datenschutz-Organisation „Epicenter Works“ zeigt sich nun angesichts der Datensammelwut von Autokonzernen besorgt. Denn Kunden wüssten oft schlichtweg nicht, welche Daten überhaupt gesammelt werden und was mit diesen passiert. Dass Automobilkonzerne auf die Eigenverantwortung des Kunden verweisen, hält Epicenter Works für problematisch: „nur wer weiß, welche Informationen potenziell verarbeitet werden, kann dieser möglichen Verarbeitung und Weiterleitung an den Hersteller oder seine Partner zustimmen oder eben nicht.“ Aus Sicht der Datenschutzorganisation sei die Rechtslage zum Datenschutz im Auto in Europa noch mangelhaft. Besserungen erhofft man sich vom 2024 in Kraft tretenden „EU Data Act“. Bis dahin könnte das eigene Auto ein intransparentes Datenzentrum bleiben – eines, das uns ständig ausspioniert.

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Daniel Pilz
Daniel Pilz
Taucht gerne in komplexere Themengebiete ein und ist trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm stecken geblieben.
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24 Kommentare

  1. Welches Auto?
    Bin doch kein Töffler!
    Das Klimaticket wird übrigens nur in der Westbahn erfasst (Strecke), anonym reist man mit den ÖBB 😉
    Insgesamt ein PAL(Problem anderer Leute)😀

  2. Danke!

    Wie schon viele sagten, höchste Zeit!
    Es muss doch die Möglichkeit geben dass man in-output stopt. Zb: smart Stromzähler (
    Kfz-Sim Karte rein für Notfall, wenn der kunde so will. Zu viel gadged lenkt nur ab und führt zu Unfall.

  3. Überrascht mich jetzt nicht wirklich. Irgendwie naheliegend wenn man das Handy an den Bordcomputer hängt….stellt sich die Frage, ist es nötig das zu tun?

      • @Dealer
        Richtig. Aber ist doch wurscht, finden Sie nicht? Beim Corona- Deppen- Nasenbohren und Müll- App hat es auch keinen gestört.
        Selbst wenn zB Gewessler höchstpersönlich plötzlich aus der Kloschüssel dumm grinsend auftaucht um zu sehen ob nicht zu viel Klopapier beim persönlichen Geschäft verbraucht wurde wäre es deren Klientel egal.
        Bloß wenn Kickl angeritten kommt, um Verbrecher dingfest zu machen, geht das unüberhörbare Geplärre in der Empörungsszene los.

        • Interessanter Fetisch(aber auch leicht bedenklich 😀! )
          Erinnert mich an den Häuselspeuch”Wie Jörg Kickl sitz’ ich hier,
          Die braune Sch***e unter mir!”

  4. Sehr geehrter Herr DP! – Ein wirklich ganz wichtiger Beitrag, welchen sie da vor den Vorhang des öffentlichen Scheinwerfers gezogen haben.
    Die meisten Menschen wissen vermutlich noch immer nicht, was das bedeutet und was hier alles möglich ist.
    Ich kenne Menschen und einen investigativ tätigen Journalisten, welche sich wegen ihres gefährlichen Berufs extra analoge Autos gekauft haben, welche auf Grund der nunmehrigen Spezialfertigung gar nicht billig waren, obwohl sie eigentlich billiger sein müssten?
    Auch kenne ich Menschen, welche man in einem Tunnel plötzlich das Auto einfach auf Null heruntergebremst hatte und welche mit Glück diesen Vorfall ohne weitere Schäden überleben konnten. Die Autofirma welche dazu kontaktiert wurde, konnte keine Aussagen dazu machen und natürlich auch nichts am Fahrzeug finden. Die Anzeigen wurden gar nicht beachtet, wie so viele in unserer heutigen Zeit, vor allem wenn sie solche Themen betreffen. Der berühmte Satz, “kein Anfangsverdacht vorhanden…” – Bei anderen funktionierten plötzlich die Bremsen nicht mehr als sie zu einer Kreuzung kamen…
    Aber auch kenne ich Menschen, welche über Jahre Abgasangriffen während ihrer Mountainbiketouren ausgesetzt waren. In Kombination mit dem Abgasskandal den Handys und kriminellen Organisationen ist mit diesem Beispiel alles möglich. So waren es fast immer bergwärts fahrende Fahrzeuge, damit man die Nummernschilder meist nicht mehr lesen konnte, als man diese Angriffe bemerkte. Aber auch wenn man diese Nummernschilder hatte, nützte es nichts, da die Autofahrer hier ja nur ohne ihr Mitwissen benutzt wurden. Aber auch diese Anzeigen gingen ins Leere. So hatten diese aber die Automobilhersteller hier schon über solche Möglichkeiten angefragt, da war der Abgasskandal noch nicht einmal ein Thema.
    Nun noch die KI dazu, dann ist hier wirklich ALLES und für die meisten noch völlig Unverstollbares möglich.
    Das alles aber weiß der Staat und unser Innenministerium, aber tut weiter absolut nichts dagegen und habe ich auch von Beamten gehört, welche hier mit ihrem Wissen, entsprechend tätig sein sollen?
    Auch soll es sogenannten “Sicherheitsvereine” geben, welche meist auch noch geförderte werden und wo neben zahlreichen Behörden auch noch Private involviert sind. Allein, dass solche Vereine gegründet und gefördert werden, ohne dass es hier zu entsrpechenden Überwachungen kommt ist für mich zumindest nicht nachvollziehbar.
    Aber auch Dedektive, haben schon lange dies Möglichkeiten fix in ihrem Repertoire…

      • Der ach so böse Überbringer von unliebsamenr nicht wissen wollenden Informationen?
        Genau auf das wurde und wird und vor allem kann hier weiter sehr erfolgreich gebaut werden – Aber warum posten sie hier überhaupt zu diesem Thema?

        Bitte bleiben sie und vor allem werden sie glücklich in ihrer Welt…

      • @dymm
        Also ich finde es voll cool wenn wirklich alles überwacht wird und Kickl Bundesinnenkanzlsr einst von seinem PC aus früh morgens schon weiss, welch erfolgloses Epos Sie sich am morgentlichen Frühstückstisch ihnen über die Finger ging.
        Dass einzige Problem daran wird Ihr entsetzliches Jaulen und Geschrei sein, da Sie sich hier offenkundig zur Empörungsszene zählen.
        Das würde ich jetzt find sooo schlimm empfinden wenn Empörlinge wie Sie es sind, nicht andauernd bloß Rechte einfordern, jedoch im Gegenzug diese niemand anderem zugestehen. Deshalb ist es wichtig dass Faschisten sofort bekämpft und geläuteert werden. Ich brauch keine Zustände wie bei den Nazis im 3. Reich. Nicht umsonst hat die massive Bekämpfung totalitärer Ideologien oberste Priorität. Solche Leute sind einfach nicht normal. Aufgrund dessen dass ich eh der einzig Normale bin auf dieser Welt werde ich mir die Entwicklungen dazu genauestens beobachten…

      • Ja die Panama Papers und noch so Papers gibt es, wie nur beispielsweise auch die Agrar Papers!
        Aber bisher hat sich hier noch immer nichts getan, obwohl angeblich mehrere sogar weltweit tätige Medien mit hunderten Journalisten hier schon viele Jahre am Zusammentragen und Werken sind.
        Kenne Jemanden, welcher sogar ihm bekanntgewesene Offshore Bankkoten österr. Banken über österr Medien dorthin transferiert hat…

      • Das wußte ich nicht und kommt mir auch nicht sehr realistisch vor?
        Aber wo kann man hier weiter nachlesen?
        So kenne ich auch nicht die Substanzen in Chemtrails und wurden meines Wissens nach hier auch nie die Fragen bis heute beantwortet, welche dazu sogar im Parlament gestellt worden sein sollen?

  5. Lieber Daniel.
    Wie so oft kann ich die Aufregung überhaupt nicht nachvollziehen, denn Transparenz ist doch voll en vogue, oder bloß dann wenn es den eigene Interessen dienlich ist?
    Ich kann mich nicht erinnern dass sich hier schon einmal jemand über die geplante Bargeld- Obergrenze echauffiert hat. Wichtig ist ja dass das Finanzamt und sämtliche Geldinstitute über alles und jeden genauestens informiert sind.
    Nicht nur dass der böse, rechtsradikale und hochkorrupte Handwerker kein “Schwarzgeld” mehr erhält, das er sich nach Feierabend mühsam dazuverdienen muss, weil dank schlauster Regierung aller Zeiten und Hofburg- Wirtschaftswunder, die Lebensunterhaltskosten expoldieren, sondern jeder Schritt des Konsumverhaltens genauestens beobachtet und analysiert wird.
    Aber das ist euch ja wurscht. Das hat natürlich üüüberhaupt nichts mit Überwachung zu tun.
    Auch bei Corona und der ganzen Idiotie die darum veranstaltet wurde, waren die alamierenden Warnrufe von Datenschützern völlig ausser Mode.
    Ich kann nur dringenst empfehlen überall mit gleichem Maße zu messen, sonst ist das nicht nur eine Doppelmoral sondern ganz einfach politisch motiviert…und das wollen wir ja nicht, oder?

  6. Danke, Daniel Pilz, ein guter und wichtiger Artikel. Die Totalüberwachung schreitet im vollen Tempo voran, die meisten merken es gar nicht. Bauen Sie dieses Thema ruhig weiter aus, es ist von grösster Bedeutung auch für die Demokratie.

    • In der allgemeinen komatösen Medienbrache dürften Sie sich schon das Prädikat “verhaltensauffällig” erarbeitet haben👍😃 Interessante, gut recherchierte und ebenso aufbereitete Artikel! Ein wohltuender Unterschied zu angefütterten Branchenkollegen. Bitte dranbleiben! Da Kurzen’s Schredderboy im BM für LV gelandet ist bzw der Exex immer wieder mit Spionagesoftware in Verbindung gebracht wird, könnte Datenspeicherung bei Fahrzeugen noch eine gefährlichere Rolle spielen…

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