Montag, April 29, 2024

Bye-Bye Budapest: Orban verliert Hauptstadt

Die gestrigen Kommunalwahlen in Ungarn waren eine herbe Niederlage für den Ministerpräsidenten Viktor Orban. Seine rechtskonservative Fidesz-Partei verlor die Hauptstadt Budapest. Neuer Oberbürgermeister der 1,7-Millionen-Stadt ist der gemeinsame Kandidat der Opposition, Gergely Karascony. Neben Budapest erreichten die Oppositionskandidaten auch in anderen Großstädten den Sturz der Orban-Partei. Der Skandalbürgermeister Borkai darf hingegen im Amt bleiben. Der unabhängige Wahlbeobachter Mihaly Szabo analysiert das Ergebnis.

Wien, 14. Oktober 2019 / Seit 2010 war István Tarlós Oberbürgermeister der ungarischen Hauptstadt Budapest. Der Fidesz-Politiker musste gestern eine empfindliche Niederlage gegen den Oppositionspolitiker Gergely Karscony einstecken. Karscony trat als Kandidat eines breiten Bündnisses der Opposition an. So unterstützten seine Kandidatur sowohl die sozialistische MSZP, die Grünen (Párbeszéd) als auch die rechtsextreme Jobbik. Mit 50,6 Prozent der Stimmen übertrumpfte er Tarlós, der auf 44,3 Prozent kam, deutlich.

Auch bei der Wahl der Bezirksbürgermeister sicherte die Opposition 13 der 23 Bezirke für sich. Vor der Wahl stellte die Fidesz-Partei noch 17 Bürgermeister der Hauptstadt. Auch im nicht direkt gewählten Stadtrat konnte die Opposition die Mehrheit von Fidesz sprengen.

Weitere Orban-Hochburgen fallen

Orbans Gefolgsleute drohten der Opposition im Vorfeld der Wahl, dass es keine Gelder der Regierung für Städte geben sollte, die an die Opposition fallen würden. Ob die Drohung der Rechtskonservativen Partei nur ein bloßes Zurschaustellen der Muskeln an die Opposition war, muss Fidesz in nun mehreren Städten beweisen. Neben Budapest fielen auch weitere Städte Ungarns an die Mitte-links-Opposition. In den einstigen Orban-Hochburgen Hódmezővásárhely, Miskolc, Pécs und Dunaújváros verloren die Fidesz-Bürgermeister ihr Amt an ihre Kontrahenten.

Ein Grund für den überraschenden Erfolg des Oppositionsbündnis in den Städten dürfte die Wegnahme der Schul- und Gesundheitseinrichtungen aus der Gemeindeverwaltung und der damit verbundenen Unterstellung der Staatsverwaltung sein. Einzig bei der Landbevölkerung und in kleineren Gemeinden konnten die Anhänger Orbans ihre Mehrheit halten.

Skandalbürgermeister bleibt im Amt

In der vom Sexvideo-Skandal erschütterten Stadt Győr konnte der Fidesz-Kandidat Laszlo Borkai hingegen sein Amt verteidigen – mit einem denkbar knappen Vorsprung von nur rund 700 Stimmen. ZackZack.at berichtete bereits letzte Woche über das „Ibiza Ungarns“. Über Borkai wurde vorletzte Woche ein Video publik, in dem er beim Geschlechtsverkehr mit Prostituierten auf einer Jacht gefilmt wurde. Seine maritime Eskapade soll demnach vom Steuerzahler bezahlt worden sein, auch Korruption und Drogenmissbrauch könnten dabei im Spiel gewesen sein. Der Sieg der Opposition ist besonders überraschend, da Skandale wie in etwa der rund um Borkai von den Medien vor der Bevölkerung größtenteils kleingehalten wurden.

„Die Kommunalwahlen in Ungarn können als erster Riss im System Orban gesehen werden. Seit 2006 hat Orbans Fidesz-Partei keine Wahl mehr verloren. Dies kam einigermaßen unerwartet, da die meisten Umfragen der Opposition außerhalb von Budapest nur geringe Gewinne prognostizierten. Am Ende gewann die Opposition in 10 von 23 Städten Ungarns. Die Negativkampagne der Fidesz-Partei gegen den oppositionellen Karácsony in Budapest verfing offenbar nicht. Tarlos und die Fidesz-Partei wurden durch einen Sex-Skandal, an dem der Fidesz-Bürgermeister der Stadt Győr beteiligt war, wurden schwer beschädigt. Dies hat höchstwahrscheinlich nicht nur die Ergebnisse in Győr und Budapest beeinflusst, sondern auch in allen anderen Städten. Diese Wahlen zeigen, dass die neue Strategie der oppositionellen Zusammenarbeit funktioniert und einen Weg ebnen könnte, der Orbán bei den nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2022 ernsthaft herausfordern könnte.“

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk / ZackZack

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