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Grünparteien bei insgesamt 21 Prozent, Rechte verlieren. Grüne entern Schweiz

Die „Grüne Welle“ hat nun auch die Schweiz erreicht. Bei den Nationalratswahlen am Sonntag kamen die Grünen auf 13,2 Prozent und konnten damit ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Wahl fast verdoppeln. Die bürgerlichen „Grünliberalen“ (GLP) kamen auf 7,8 Prozent. Aus einer historischen Sitzverschiebung im Parlament könnte nun eine historische Regierungsumbildung entstehen. Doch gerade die GLP zögert – noch.

Bern/Wien, 21. Oktober 2019 / Bei den Schweizer Nationalratswahlen am vergangenen Sonntag gab es eine historische Verschiebung der politischen Landschaft. Die über Jahre hinweg dominierende rechtspopulistische SVP verlor 3,8 Punkte und erreicht diesmal „nur“ 25,6 Prozent der Stimmen. Für die immer noch stärkste Partei des Landes eine empfindliche Einbuße! Auch die anderen Großparteien – Sozialdemokraten wie liberale FDP und gemäßigt-konservative CVP – sind die Verlierer der Wahl. Die zwei grünen Parteien hingegen sind die großen Gewinner.

Vorläufiges Endergebnis der Schweizer Wahl. Grafik: NZZ/ZackZack.at

Grüne Welle über alle Milieus hinweg, Etablierte unglaubwürdig

Die klassisch Grüne Partei mit ihrer Spitzenkandidatin Regula Rytz konnte fast ein identes Ergebnis zur Schwesterpartei in Österreich erzielen. Über den gesamten Wahlkampf hinweg dominierte das Thema Klimawandel die Debatte und löste damit das Asylthema ab. Bemerkenswert ist der neben dem Wahlsieg der Grünen Partei gleichzeitige Aufschwung ihres bürgerlichen Pendants, den „Grünliberalen“ (GLP). Die erstaunlichen 7,8 Prozent – knapp 3,2 Punkte mehr als bei den vorigen Wahlen – zeigen, wie sehr das Thema Klimawandel schon über die Milieus hinweg an Wichtigkeit gewonnen hat. Das machte vor allem den „Großen Vier“ SVP, SP, FDP und CVP zu schaffen. Die Zürcher Co-Chefin der Sozialdemokraten, Priska Seiler-Graf, sieht vor allem in der Farbe einen Grund: „Wir haben von der grünen Welle nicht profitiert, obwohl wir davon hätten profitieren müssen.“ Man hätte in Klimafragen nahezu idente Positionen mit den Grünen, allerdings werde den Großparteien das ökologische Engagement nicht ausreichend abgenommen.

Grünliberale zögern noch bei Bundesratssitz

Nun könnte die altehrwürdige „Zauberformel“, wonach die Regierung der Schweiz mit Vertretern der vier Großparteien zusammengesetzt ist, ins Wanken geraten. Traditionell ist der Bundesrat auf Stabilität ausgerichtet und seit Jahrzehnten praktisch unverändert, was seine parteipolitische Zusammensetzung betrifft. Grünen-Chefin Rytz hat dazu eine klare Meinung: „Der Bundesrat, wie er heute zusammengesetzt ist, passt nicht mehr zu den Mehrheiten im Parlament“. Fraglich ist allerdings, ob die GLP die Grünen für einen Bundesratssitz unterstützen würden. Laut Experten müssten sich beide zusammenschließen, um einen amtierenden Bundesrat „anzugreifen“ und einen grünen zu installieren. GLP-Chef Jürg Grossen ließ die Frage am Wahlabend offen. Da sich das Parlament insgesamt grüner und progressiver präsentiere, müssten sich diese neuen Kräfteverhältnisse auch im Bundesrat spiegeln, so Grossen. „Deswegen geht es sicher nicht darum, den Sitz der CVP durch einen Bundesrat der Grünen zu besetzen.“ Ziel der Grünen hingegen ist eher der FDP-Sitz. Alle anderen Parteien pochen derweil auf den Status Quo.

Links-grün oder grünliberal?

Allerdings scheint es, eine neue grüne Frage zu geben: Links-grün oder doch eher grünliberal? Dass spätestens seit diesem „Greta-Sommer“ Klimapolitik voll in der innenpolitischen Debatte angekommen ist, wirkt unumkehrbar. Doch wie umgehen mit dem Klimawandel? Da scheinen sich die beiden Wahlgewinner uneins. Als grünliberale Alternative zu Verboten und Subventionen werden immer wieder marktwirtschaftliche Lenkungsinstrumente ins Spiel gebracht. Die klassisch grüne Politik bekommt also Konkurrenz von bürgerlicher Seite. Es bleibt abzuwarten, ob es eine intensive grüne Zusammenarbeit geben wird. Oder ob das alte Links-Rechts-Schema am Ende stärker ist als neue Konfliktlinien.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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