Wirtschaftspaket, aber keine Eurobonds
Die Finanzminister der EU-Staaten einigten sich auf ein 500 Milliarden Euro schweres Wirtschaftspaket. Man zeigt sich mit dem Deal äußerst zufrieden, Kritiker sehen dagegen neue Sparmaßnahmen für Südeuropa.
Wien, 10. April 2020 | Jetzt also doch: Nach langwierigen Verhandlungen einigten sich die EU-Finanzminister auf ein wirtschaftliches Hilfspaket. Keine Einigung wäre eine gefährliche Blamage für die EU gewesen, es hätte wohl sogar ihr Ende bedeutet.
Fünf Finanzminister einigen sich ohne Blümel
Geeinigt haben sich letztlich die großen EU-Volkswirtschaften: Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland und die Niederlande verhandelten ohne den Rest, erst nach einem Konsens in dieser Gesprächsrunde wurde unter den 27 Finanzministern weiterverhandelt. Während Italien und Spanien auf sogenannte „Eurobonds“ bestand, waren es vor allem Deutschland, Niederlande und Österreich, die sich gegen diese Maßnahme stellten. ÖVP-Finanzminister Blümel war allerdings bei der Kernverhandlung nicht beteiligt.
Die Eurobonds gibt es nun nicht. Sie hätten bedeutet, dass die reichen Staaten wie Deutschland, Österreich, Frankreich oder Niederlande Schulden der Südstaaten wie Spanien, Griechenland oder Italien übernehmen würden. Hintergrund: Der Reichtum der exportorientieren Volkswirtschaften von Deutschland und Österreich beruht auf Importstaaten wie Italien oder Spanien. Können diese Staaten unsere Waren nicht mehr kaufen, war es das auch mit dem österreichischen Reichtum.
Frankreichs Finanzminister begeistert
Am Tag zuvor verhandelten die Finanzminister 16 Stunden. Es soll vor allem der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra gewesen sein, der eine Einigung blockierte. Tags darauf klappte es dann aber. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sprach von einem exzellenten Deal. Es war vor allem Frankreich bzw. Macron, der im Vorfeld der Verhandlungen mehr Aufwand aus Brüssel forderte.
Die Einigung ist für Le Maire ein „wichtiger Schritt in Richtung mehr europäische Solidarität“, und ein „Zeichen von europäischer Einheit.“ Das 500-Milliarden-Paket soll laut EU-Finanzminister Arbeitnehmer, Betriebe und Staaten unterstützen. Für verschuldete Staaten ist der Eurorettungsschirm ESM mit 240 Milliarden vorgesehen. Die Europäische Investitionsbank legt ein Kreditprogramm von 200 Milliarden Euro für Unternehmen vor, das EU-Kurzarbeitsmodell „Sure“ hat ein Volumen von 100 Milliarden.
Varoufakis sieht Südeuropa an der Leine
Yanis Varoufakis, ehemaliger Finanzminister von Griechenland und Mitgründer der linken Bewegung „DiEM25“, sieht im Deal eher eine Katastrophe statt eines Aktes der Solidarität. Auf Twitter schreibt er, dass die südeuropäischen Staaten nun „gefesselt“ seien. Mit den „ESM-Krediten werden strenge Sparmaßnahmen“ kommen. Für dauerhafte wirtschaftliche Depression gäbe es „erbämliche EIB-Kredite und ein pseudo-föderales Rückversicherungssystem für Arbeitslose.“
And here you have it: Italy et al buckled. They accepted ESM loans that will lead to stringent austerity next year, pitiful EIB business loans, a pseudo-federal unemployment re-insurance scheme, plus a few crumbs of philanthropy. In return they committed to permanent depression
— Yanis Varoufakis (@yanisvaroufakis) April 9, 2020
Die Finanzminister beklatschten dagegen die Einigung. Diesmal sei man, anders als bei der Finanzkrise 2008, früh genug dran, so der Tenor. Italien hatte lange auf Eurobonds bestanden, nahm diese Forderung aber zurück. Genauso beharrten die Niederlande nicht mehr auf ihrer Forderung nach Strukturreformen, bevor der ESM aktiviert werden soll.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk