Donnerstag, April 25, 2024

Kurz-Freund Orbán bekommt Gegenwind

Die autoritären Regierungen in Ungarn und Polen blockieren weiterhin das EU-Budget. Der Geduldsfaden in den restlichen EU-Ländern droht bald zu reißen. Erste Stimmen bringen den Ausschluss Ungarns und Polens aus der EU offensiv ins Spiel.

 

Wien, 09. Dezember 2020 | Weiterhin blockieren die EU-Problemkinder Ungarn und Polen das EU-Budget. Damit wollen sie eine Regelung verhindern, die das Auszahlen von EU-Geldern in Zukunft an die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit knüpft. Nun mehren sich jedoch in der EU die Stimmen, die ein härteres Vorgehen gegen die “EU-Tyrannen” fordern. Stimmen aus Medien und Politik von London bis nach Wien:

“Aftonbladet” (Stockholm):

“Die EU wurde als eine Union liberaler Demokratien gebildet, in der freie und rechtmäßige Wahlen, eine freie Presse, rechtsstaatliche Prinzipien und Menschenrechte grundlegende Werte waren. Staaten wie Francos Spanien, das Griechenland der Militärjunta und Honeckers DDR waren als Mitglieder niemals aktuell. Das sollte das heutige Ungarn auch nicht sein. In der Zukunft vielleicht auch Polen nicht. Die Staaten halten den gesamten Corona-Wiederaufbaufonds als Geisel, um der Forderung nach der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien zu entgehen. Ungarn ist heute praktisch abermals ein Einparteienstaat. In Polen ist man noch nicht ganz so weit, auch wenn die regierende PiS es so gut sie kann versucht. Hätten Polen und Ungarn heute die EU-Mitgliedschaft beantragt, würden sie die kalte Schulter gezeigt bekommen. Wenn Ungarn nicht wieder die Demokratie einführt, müssen wir viel deutlicher werden, wo sich die Tür befindet.”

“Nepszava” (Budapest):

“Wir sind jetzt beim letzten, alles entscheidenden Spiel angekommen. Viktor Orban, der als echter Hasardeur noch nie mit geringem Einsatz spielen wollte, weiß offensichtlich, dass er vor der Niederlage steht und dass er seine Chancen nur dann auf mehr als 50 Prozent (bei den nächsten Wahlen) erhöhen kann, wenn er anstatt seiner selbst einen anderen Schuldigen findet. Den muss er finden, deswegen kann er in der von vorne herein falsch begründeten Veto-Frage nicht nachgeben.

Je mehr er die EU lähmt, je weniger Geld in den nächsten Jahren aus den EU-Töpfen (nach Ungarn) kommt, desto leichter wird es seiner Meinung nach für ihn, glaubhaft zu machen, dass nicht er, sondern Brüssel an allem schuld sei. Wenn es nach ihm geht, geht er bis zur Wand. Mehr noch, voll durch die Wand, wobei es ihn nicht kümmert, dass er in diesem Kampf schon lange keine Mehrheit mehr hinter sich hat. Dies gilt auch dann, wenn klar ist, dass dies ein Gefecht ist, dass er nicht gewinnen kann, wenn er in der EU bleibt.”

“Financial Times” (London):

“Warschau und Budapest genießen die Illusion von Stärke, während sie die Entscheidungsfindung der EU in den Würgegriff nehmen. Tatsächlich ist ihre Position jedoch schwach und selbstzerstörerisch. Die Verlierer werden genau jene Menschen sein, die diese beiden nationalistischen Regierungen angeblich gegen eine vermeintlich herrische liberale EU-Elite verteidigen wollen. (…)

Aber die Führer Polens und Ungarns haben ihre autoritäre Wende auf dem wirtschaftlichen Erfolg aufgebaut, der aus EU-Geld und der Marktintegration resultiert. Ein ständiges Entgegenkommen für diese beiden Länder hat nur dazu geführt, dass die Risse größer geworden sind. Die EU muss einen festen Standpunkt einnehmen, und die Kanzlerin (Merkel) muss sich für eine Seite entscheiden.”

Auch die SPÖ-Delegation im Europaparlament fordert einen harten Kurs gegen Ungarn und Polen. Andreas Schieder: “Wir müssen hart bleiben.” Polen und Ungarn hätten “zu hoch gepokert”, beide Länder würden besonders stark vom EU-Budget profitieren und würden sich mit dem Veto “ins eigene Knie schießen”. Auch die SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath nannte den vereinbarten Rechtsstaats-Mechanismus “nicht verhandelbar, sonst gefährden wir das gesamte europäische Projekt”.

Sollten Orbán und Co. das Corona-Hilfsbudget weiterhin blockieren, können sich NEOS und SPÖ eine Umgehung der beiden Länder vorstellen. Grüne und ÖVP sprechen sich dagegen aus.

(apa/dp)

Titelbild: APA Picturedesk

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