Mittwoch, Mai 1, 2024

ÖVP fliegt bei Faktencheck durch

In der Flüchtlingsfrage gerät die ÖVP zunehmend unter Druck. Um der lauter werdenden Kritik zu begegnen, hat die türkise PR-Maschinerie jetzt ein Schreiben verfasst. Die Diakonie hat das ÖVP-Schreiben einem Faktencheck unterzogen.

 

Wien, 30. Dezember 2020| Schickt man ÖVP-Politkern eine Aufforderung, eine Lösung für die Menschen in Lesbos zu finden, erhält man seit Weihnachten meist einen PR-Text als Antwort, der bewusst Halbwahrheiten verbreitet und unliebsame Details ausblendet. ZackZack fasst den Faktencheck der Diakonie ergänzend zusammen:

ÖVP-Info 1: Allein 2020 hat Österreich mehr als 5.200 Minderjährigen einen Schutzstatus erteilt – das sind über 100 Kinder pro Woche!

Fakt: Das ist zwar teilweise richtig, transportiert aber ein falsches Bild. Denn die meisten der 5.200 Menschen sind schon seit Jahren in Österreich und warten auf ein Ergebnis in ihrem Asylverfahren. Dieses wurde im Jahr 2020 in 5.200 Fällen mit einem positiven Bescheid zu den Akten gelegt. Mit den Menschen, die derzeit auf Lesbos festsitzen, hat das also nichts zu tun. Die österreichische Regierung hat sich bisher geweigert, auch nur einem einzigen Menschen in Moria oder Kara Tepe zu helfen.

Bei den „Minderjährigen“ handelt es sich in den meisten Fällen nicht um „unbegleitete Minderjährige“ – dem oft bemühten Schreckgespenst.

ÖVP-Info 2: Österreich leistet mit Gütern Hilfe vor Ort. Darunter befinden sich unter anderem 181 Wohn- und Sanitärcontainer zur Unterbringung und 400 voll ausgestattete Familienzelte inklusive Heizung.

Fakt: Die 181 Container sind nie in Griechenland angekommen. Sie stehen an der Grenze zu Bulgarien.

Von den 400 Zelten wurden mehr als hundert Tage nach dem Brand nur 25 aufgebaut. Die darin enthaltene Heizung kann nicht in Betrieb genommen werden, weil der Strom dazu fehlt.

ÖVP-Info 3: Österreich hat den Beitrag für den Auslandskatastrophenfonds von 25 auf 50 Millionen verdoppelt. Bis Ende der Legislaturperiode soll er sich auf 60 Millionen Euro erhöhen.

Fakt: Das stimmt zwar, verschweigt aber gleichzeitig etwas Wesentliches. Erstens kommt der Auslandskatastrophenfonds in Griechenland nur wenig zum Einsatz. Außerdem hinkt Österreich bei wichtigen Beiträgen weit hinterher. Die Entwicklungshilfe, die Österreich leistet, ist seit Jahren viel zu niedrig. Von den vereinbarten 0,7% des BIP ist Österreich mit 0,28% weit entfernt. Markant ist auch die beschämende Bilanz der UNHCR-Beiträge. Die UNHCR ist jene UNO-Organisation, die den Löwenanteil der Hilfeleistungen auf Lesbos übernimmt. Ein Vergleich mit Dänemark, das wirtschaftlich mit Österreich vergleichbar ist, sagt alles: Während das skandinavische Land 2019 63 Millionen Euro für Entwicklungshilfe übrig hatte, war sie Österreich nur 2,5 Millionen Euro wert. „Hilfe vor Ort“ und „Fluchtursachenbekämpfung“ sieht anders aus.

(dp)

Titelbild: APA Picturedesk

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