Wichtige Parteitreffen der japanischen Regierungspartei finden künftig in der Anwesenheit von fünf Frauen statt. Zu sagen haben diese aber nichts.
Wien, 17. Februar 2021 | Japans Regierungspartei reagierte auf einen Sexismus-Streit, den der Chef der Olympischen Spiele in Tokio ausgelöst hatte. Er hatte gesagt, dass Frauen bei Sitzungen zu viel reden würden. Nun wolle Japans liberaldemokratische Regierungspartei Frauen bei wichtigen Treffen dabei haben – aber nur, wenn sie nicht reden.
Fünf Beobachterinnen zum „Anschauen“
Toshihiro Nikai, der 82-jährige Generalsekretär der Partei, sagte am Dienstag, er habe die Kritik gehört, dass der Vorstand der Partei von Männern dominiert werde, fügte aber hinzu, dass die Vorstandsmitglieder gewählt würden. Es sei wichtig für die weiblichen Mitglieder der Partei, sich den Entscheidungsprozess der Partei “anzuschauen”, sagte er. Deshalb werden in Zukunft fünf Frauen bei wichtigen Sitzungen der Partei anwesend sein.
“Es ist wichtig, zu verstehen, welche Art von Diskussionen stattfinden. Schauen Sie sich das an, darum geht es”, sagte Nikai auf einer Pressekonferenz am späten Dienstag. Die Beobachterinnen dürfen während der Sitzungen nicht sprechen, können aber ihre Meinung separat beim Sekretariat einreichen, berichtete die Tageszeitung “Nikkei”.
Yoshiro Mori, der Chef des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio, war vergangene Woche zurückgetreten, nachdem abfällige Bemerkungen über Frauen, die bei Sitzungen zu viel sprechen und diese zu lang machen, im In- und Ausland Gegenreaktionen ausgelöst hatten.
Frauen in Japan weit abgehängt
Die Äußerungen des 83-jährigen ehemaligen Premierministers sind eines der Beispiele, die zeigen, wie tief der Sexismus in der japanischen Gesellschaft verwurzelt ist. Auf dem Global Gender Gap Index 2020 des Weltwirtschaftsforums liegt Japan auf Platz 121 von 153 Ländern – der schlechteste Wert unter den fortgeschrittenen Ländern – und schneidet bei der wirtschaftlichen Teilhabe und der politischen Mitbestimmung von Frauen schlecht ab.
Diese Woche forderte eine Gruppe weiblicher Abgeordneter der Liberaldemokratischen Partei Nikai auf, den Anteil von Frauen in Schlüsselpositionen der Partei zu erhöhen. Auch dass die Frauen im Gremium zum Schweigen verdammt werden, brachte einen Shitstorm ein.
Erst meint es die Regierung mit der Maßnahme nicht, so Kritiker. “Die Leute werden die Frauen einfach als eine Art PR-Übung hinstellen”, sagte Belinda Wheaton, eine Kultursoziologin an der Universität von Waikato in Neuseeland, zu Reuters. “Ich denke, es ist wahrscheinlich an der Zeit, Fragen zu stellen, warum wir das Gefühl haben, dass Männer in ihren 70ern oder 80ern diese Rollen besser erfüllen können als ein Mann in ihren 40ern oder 50ern oder eine Frau”, sagte Wheaton.
(dp/apa)
Titelbild: APA Picturedesk