Samstag, April 27, 2024

Rechte, Frauen, Frauenrechte

In Vorarlberg geht der letzte Arzt, der Abtreibungen durchführt bald in den Ruhestand. Inmitten erzkonservativer Agitationen gegen Schwangerschaftsabbrüche findet sich bislang kein Nachfolger.

Wo man als Frau landet, wenn man darauf vertraut, dass Staat und Kirche getrennte Bereiche sind und keine osmotisch kommunizierenden Gefäße: in Vorarlberg derzeit vor der Tatsache, dass kirchlicher Protest und jener von selbsternannten Lebensschützern dazu geführt hat, dass die Nachfolge für jenen siebzigjährigen Arzt, der Schwangerschaftsabbrüche durchführt und gleichzeitig letzter Mohikaner und gallisches Dorf im Ländle ist (und der auch Morddrohungen erhielt), wieder ungeklärt ist.

„Lebensschützer“ potenzielle Todesengel


Eine Lösung gab es ja schon. Eine Variante: Privatordination neben Spital. Eine andere: private Ärzte im Spital. Aber nach anfänglicher Absegnung des ersten Projektes musste die zuständige Landesrätin wieder zurückrudern und die Angelegenheit wurde schnell wieder bereinigt.  Insofern herrscht nun tabula rasa: das Projekt ist vom Tisch und der Tisch wieder rein. Spitäler seien in erster Linie dazu da, Leben zu retten und Gesundheit zu fördern, sagt ihre Parteikollegin Barbara Schöbi-Fink. Es scheint leider an ihr vorübergegangen zu sein, dass in Polen mehrere Frauen gestorben sind, weil sie keinen Schwangerschaftsabbruch erhalten durften.
Das Krankenhaus sei eben ein Lebensort, sagen selbsternannte Lebensschützer. Es soll also lieber die Illegalität einer Engelmacherin ein möglicher Todesort für betroffene Frauen werden. Mitten im Europa des Jahres 2023 müssen wir erneut durchdiskutieren, warum fehlende Abtreibungsmöglichkeiten für Frauen lebensgefährlich sind.

Ins Hinüber gehen

Wohin diese Diskussion führt, kann man dort sehen, wo die politischen Entscheidungen auf religiöser Basis bereits einigen Frauen das Leben kosteten. Der Frauenkörper war immer schon Schlachtfeld politischer und religiöser Begehrlichkeiten, schon Eva hat der Menschheit die Erbsünde eingebrockt und jetzt wollen die Weiber auch noch entscheiden, was mit ihren Körpern nicht oder doch geschieht. Doch zurück zum Ursprung: Der einzige Arzt, der in Vorarlberg Schwangerschaftsabbrüche durchführt, will mit 71 Jahren verdient in Pension gehen, er wird sogar bei Aufschieben dieses Pensionsantritts nicht ewig ordinieren (können). Die Nachfolgenden sind noch nicht angetreten, man wüsste auch noch gar nicht, wohin genau. Und die Vorarlberger Frauen? Wenn sie keine Behandlung erhalten können, sollen sie eben in die Schweiz gehen. Ist ja auch schön, die Schweiz! Da bekommt die politisch sattsam bekannte Aufforderung “Geh doch rüber!” eine völlig neue Bedeutung.

Titelbild: Miriam Moné / ZackZack

Julya Rabinowich
Julya Rabinowich
Julya Rabinowich ist eine der bedeutendsten österreichischen Autorinnen. Bei uns blickt sie in die Abgründe der Republik.
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8 Kommentare

  1. In einem kleinen, international isoliert neutralen Land, in dem mEn die römisch. kathol. Kirche +/- 20% Anteil an Besitzungen, Beteiligungen, sozialgesellschaftl. Institutionen u.a. zur politischen Einflussnahme in maßgeblichen Umfang hält, wird !auch feministisch eingeforderter Sekularismus ein biblisch geheucheltes Feigenblatt. (Anm. Die Kirche bezieht zB immer noch jährl. dutzende Millionen an “Schadenswiedergutmachungen aus erlittenem Unrecht” im WKII, auch Steuerprivilegien aus den Erträgen gewinnorientierter Konzernkultur…) Aus welchem Milieu stammt denn das konservativ gebürstete Establishment überwiegend? Wo wurde es reaktionär geprägt, ausgebildet und vernetzt? Warum tat sich Österreich zB so schwer, als einer der letzten Staaten in der westlichen Hämisphäre sich aus einer kathol. absolutistischen Monarchie in eine Republik zu wandeln? Es bedurfte eines WKI, um es hier in Erinnerung zu rufen… Ist’s gar urtypisch österr- DNA, die unsere Kulturnation so schlecht vom Fleck kommen lässt? Immer noch scheint es nicht nur selbstverständlich, sondern hierzulande “Part of the Game”, dass Bonelli’s & Co in den Opus Dei zugeordneten Elite-Unis für spätere politische Funktionen aufgegleist werden. Wenn wundern restauratorische, partriachalisch orientierte Tendenzen? Abstruse öffentliche Segnungen, die vorgenommen werden, ein diffuser Glaube kampagnisiert, Gebetsfeiern im Parlament abgehalten und Frauenrechte wieder beschnitten werden? Was kommt heraus, wenn sich das konservative Patriachat hinter verdeckt religiösen Dogmatismus in einem “letzten Rückzugsgefecht” versteckt?

    https://kontrast.at/vermoegen-katholische-kirche-oesterreich/

    “Herr sei bei uns”, wenn diese reaktionäre Bande, eine angestrebte Mehrheit ausbauen kann… Wenn wundert’s, wenn Generalsekretär Christian Stocker gestern das Volk über die ZIB2 wissen lässt, dass überfällige Reformen, verfassungsmäßig verankert zu besetzende Top-Verwaltungspositionen so lange nicht umgesetzt werden (mit illegalen Konjunktionen verhindert werden), bis feststeht, dass sie wieder in eine Regierungsverantwortung kommen? Eine auf die Verfassung beeidete Bringschuld einer demokratisch gewählten Amtsfunktion für’s verantwortet übergeordnete Staatswohl wird beinhart eine Holschuld gezimmert: “Mia san mia. Wenn Österreich zeitgemäße Reformen will, dann werden !mia entscheiden, wann und wie – und bis dahin werdet’s uns immer wieder in eine Verantwortung wählen müssen!” -> Ich nenne das eiskalte, knallharte Erpressung…)

  2. Man würde es nicht glauben, daß fast 50 Jahre nach der Einführung der Fristenlösung solche Zustände noch möglich sind. Im Jahr 2023 nimmt man noch immer Frauen bzw. Leuten mit einer anderen Orientierung, das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper. Und ohne die SPÖ gäbe es auch die Fristenlösung nicht. Hätte die SPÖ nicht die Absolute gehabt, würde Österreich noch immer im Mittelalter und bei der Inquisition herumtümpeln.
    Diese reaktionäre, bigotte

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