Mittwoch, Dezember 11, 2024

Umstrittenes Lohndumpinggesetz verabschiedet

Die gesetzlichen Maßnahmen zu Lohn- und Sozialdumping sollen noch dieses Jahr geändert werden. Von der SPÖ und der AK kommt Kritik. Sie sehen dabei Vorteile für organisierte Sozialbetrüger.

Wien, 7. Juli 2021 | Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen wurde im Nationalrat für eine Regierungsnovelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz gestimmt. Die Kritik der Arbeiterkammer (AK) bezieht sich vor allem auf die Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Verwaltungsstrafen für Unternehmen, die gegen die Bestimmungen des Gesetzes verstoßen. So könnten Unternehmen zu Sozialdumping erst recht animiert werden.

Die Novellierung war auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zurückgeführt worden.

Kumulationsprinzip gestrichen

Bisher galt bei Lohndumping das Kumulationsprinzip, wonach die Mindeststrafe mit der Anzahl an Arbeitnehmern, die Lohndumping erfahren haben, multipliziert wurde. So müsste ein Arbeitgeber, der bei 10 Arbeitnehmern die Löhne „dumpt“, die 10-fache Strafe zahlen. Die Pro-Kopf-Strafe lag je nach Schwere des Vergehens zwischen 2.000 und 20.000 Euro.

Die Neuregelung von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht bei nachgewiesener Unterentlohnung eine gestaffelte Strafe bis zu einer Höchststrafe von 400.000 Euro vor. Dafür muss aber der Arbeitgeber den Kollektivvertrags-Mindestlohn um 40 Prozent verletzt haben. Zu hoch, wie die AK meint. „Aus unserer Sicht rechtfertigt auch ein 30-prozentiger Lohnraub die mögliche Anwendung des Höchstrahmens“, heißt es vonseiten des AK-Direktors Christoph Klein in einer Aussendung.

Nachteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Die Abschaffung des Kumulationsprinzips sei gar nicht notwendig gewesen, denn die soll laut AK EU-rechtskonform gewesen sein. Die Unverhältnismäßigkeit, die die EU sah, soll sich auf Arbeitgeber mit mehreren Arbeitnehmern bezogen haben, die Strafen in Millionenhöhe bekommen haben. Die AK hatte bereits vor zwei Jahren mit Sozialpartnern einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet, wobei unverhältnismäßig hohe Mindeststrafen auf eine verhältnismäßige Summe gesenkt werden konnten.

Mit der jetzigen Novellierung hätten sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einen Nachteil. Arbeitgeber, die keine kollektivverträglichen Löhne zahlen und daher billigere Aufträge anbieten, würden die Aufträge bekommen und nicht die, die sich an die gesetzlichen Vorgaben halten.

Schlupflöcher für Sozialbetrüger

Der Strafrahmen für Lohndumping kann je nach Schadenshöhe um eine Stufe gesenkt werden, wenn der Arbeitgeber im Strafverfahren umfassend zur Aufklärung beiträgt. Problem für die Hackler: Den vorenthaltenen Lohn muss er dabei nicht zurückzahlen. Damit erlaubt die Novellierung eine Ausbeutung von Arbeitnehmern.

Außerdem lassen sich die Strafmaßnahmen bei Lohndumping vermeiden, indem der Kontrollbehörde der Zutritt zur Betriebsstätte verwehrt oder die Lieferung von Lohnunterlagen verweigert wird. Die maximale Strafe für eine Kontrollverweigerung beträgt 40.000 Euro statt potenzieller 400.000 Euro. Die AK fordert Beugestrafen bei Durchsuchungsvereitelungen.

(nb/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

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