Donnerstag, April 25, 2024

Falle Arbeitsvertrag! GPA-Spezialistin erklärt, was wichtig ist

GPA-Spezialistin erklärt, was wichtig ist

Oft ist man froh, einen Job gefunden zu haben. Den Arbeitsvertrag schaut man dann gar nicht so genau an. Das sollte man aber unbedingt tun, sagt die Leiterin der GPA-Rechtsabteilung, Andrea Komar, im Interview. Was sind die gefährlichsten Fallen?

Was sind die häufigsten Probleme mit Arbeitsverträgen?

Wonach besonders oft gefragt wird, sind Klauseln, die eine Versetzung für den Arbeitgeber sehr leicht machen. Das betrifft zwei Bereiche: Erstens die örtliche Versetzung. Da geht es um Verträge, in denen nicht ein bestimmtes Geschäft oder ein bestimmter Ort als Arbeitsstätte festgeschrieben sind, sondern in denen steht: „Der Dienstort ist Österreich.“ Zweitens die inhaltliche Versetzung. In vielen Verträgen steht: „Der Arbeitgeber behält sich vor, den Dienstnehmer auch in anderen Bereichen einzusetzen“, ohne, dass es einen klar umschriebenen Tätigkeitsbereich gibt.

Wenn ich das als Arbeitnehmer nicht will, wird es schwierig, wenn ich solche Klauseln im Vertrag habe. Darauf sollte man auf jeden Fall achten. Denn wenn der Arbeitnehmer so eine Klausel unterschrieben hat, wird der Schutz vor Versetzung sehr schwierig.

Legal sind solche Klauseln also?

Ja. Es gibt aber Zumutbarkeitsgrenzen. Man wird von jemandem, der seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, nicht verlangen können, sich nach Innsbruck versetzen zu lassen. Aber auch eine zumutbare Versetzung kann sehr unangenehm sein: Wenn ich jeden Tag eine Stunde länger unterwegs bin oder die Infrastruktur nicht so gut ist. Je besser ich mich da schütze, je konkreter ich Dienstort und Verwendung im Vertrag stehen habe, desto besser für mich als Arbeitnehmer.

Was sind die heiklen Punkte, die man sich als Arbeitnehmer auf jeden Fall anschauen sollte?

Das Ganze fängt schon mit der Vorbereitung an. Es kommt viel zu oft vor, dass Menschen sich vom Arbeitgeber einen Vertrag vorlegen lassen und hören, dieses und jenes sei eben so üblich. Das unterschreiben sie dann erst einmal und kommen im Nachhinein drauf, dass es vielleicht noch Verhandlungsspielraum gegeben hätte.

Wenn ich mich für einen Job bewerbe, sollte ich mich vorbereiten. Vieles kann man bei uns erfragen: Welcher Kollektivvertrag gilt? Gibt es in der Branche eine übliche Überzahlung? Gehe ich mit diesen Informationen ausgestattet in die Vertragsverhandlung, tue ich mir leichter, finanziell etwas für mich herauszuschlagen oder wenigstens das Angebot des Arbeitgebers besser beurteilen zu können.

Bei All in-Vereinbarungen ist das oft sehr schwierig. Man hat eine Gesamtsumme, die auf den ersten Blick wunderbar aussieht. Oft kommt man dann im Lauf des ersten Arbeitsjahres drauf: Ich leiste so viele Überstunden, dass ich in Wahrheit nur das Mindest-KV-Gehalt bekomme.

All in-Verträge waren früher einmal ein Werkzeug, um die Mehrarbeit von Managern pauschal abzugleichen. Wie verbreitet sind solche Verträge heute bei ganz normalen Arbeitnehmern?

Das ist ziemlich üblich geworden. All in-Vereinbarungen findet man in vielen Bereichen. Ein Problem daran ist die mangelnde Transparenz. In der Vereinbarung sind oft nicht nur Mehr- und Überstunden enthalten, sondern auch Prämien, Provisionen, Reisekostenersatz und dergleichen mehr. Dann ist es sehr schwierig einzuschätzen, ob das ein gutes oder ein schlechtes Angebot ist.

Seit 2016 ist immerhin gesetzlich geregelt, dass das Grundgehalt betragsmäßig ausgewiesen sein muss. Das war ein erster guter Schritt.

Was müsste getan werden, um für mehr Transparenz zu sorgen?

Zumindest müsste ausgewiesen sein, wie viele Mehr- und Überstunden zu welchem Stundensatz mit einer Pauschale abgedeckt sind. Dann kann man als Arbeitnehmer leichter beurteilen: Leiste ich das, oder nicht – oder mehr? Man sollte auch mit einem All in-Vertrag jedenfalls selbst Aufzeichnungen über Mehrarbeit führen und vom Arbeitgeber jährlich eine Abrechnung verlangen: Was hätte ich ohne All in eigentlich bekommen?

Vielen Arbeitssuchenden ist klar, dass ein Vertrag nicht zu ihren Gunsten ist, haben aber das Gefühl, dass ihnen nichts anderes bleibt, als ihn anzunehmen. Soll man dennoch versuchen, zu verhandeln? Oder schauen sich die Arbeitgeber dann erfahrungsgemäß nach jemand anderem um?

Ich würde mir wünschen, dass Arbeitnehmer keinen Vertrag unterschreiben, den sie nicht zuvor genau geprüft haben. Wenn jemand mit einem Vertragsentwurf zu uns kommt, können wir uns das gemeinsam anschauen und vielleicht sagen: Da oder dort hast du eine Chance, etwas zu ändern, oder: Diese oder jene Regelung ist unzulässig. Wir können auch sagen, ob das Gehalt für die Branche gut ist oder gar nicht geht.

Aktuell gibt es in manchen Branchen recht viel Verhandlungsspielraum, weil mehr Personal gesucht wird, als es Bewerber gibt. Wir sehen das gerade im Handel oder im Gesundheitsbereich – Folgen der Coronakrise. Es zahlt sich auf jeden Fall aus, vorher den Vertrag überprüfen zu lassen. Wenn man weiß, woran man ist, tritt man bei der Verhandlung gleich ganz anders auf.

Wie kann man sich denn an die GPA wenden, wenn man einen Vertrag prüfen lassen möchte?

Da kann man sich telefonisch in der jeweiligen Landesgeschäftsstelle einen Termin vereinbaren. Es gibt aber auch die Möglichkeit, für eine Erstbegutachtung einfach ohne Termin zu kommen. Je nachdem, wie viel los ist, muss man dann vielleicht ein bisschen warten. Eine erste Begutachtung können auch nicht-Mitglieder bekommen.

Gerade in Coronazeiten gab es natürlich mehr Anfragen per Telefon oder Email, aber mittlerweile kommen wieder mehr Leute ohne Termin vorbei, um ihre Situation zu schildern.

Ganz neu ist der Online-Vertragscheck auf unserer Website. Wir hoffen, dass der fleißig genutzt wird.

Es gibt seit Jahren politischen Druck für Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen zugunsten der Arbeitgeber – etwa bei Zumutbarkeitsgrenzen oder Arbeitszeit. Schlägt sich das im Arbeitsalltag nieder?

Meiner Einschätzung nach schon. Wir sind momentan in einer Situation wo von Wirtschaftsseite sehr viel gefordert werden kann und durchsetzbar ist. Gerade die Arbeitszeitflexibilisierung ist ein Riesenthema – egal in welcher Branche.

Fast überall wird Personal reduziert oder jedenfalls nicht aufgestockt, während immer mehr Arbeit anfällt. In manchen Verträgen sehen wir Klauseln, die besagen: „Der Arbeitgeber kann den Dienstplan jederzeit ändern.“ Das geht natürlich arbeitsrechtlich gar nicht.

Aber in diese Richtung geht der Wunsch der Wirtschaft: Dass ich über meine Arbeitnehmer stets verfügen kann, wenn ich sie gerade brauche, und wenn ich sie nicht brauche, sollen sie Zeitausgleich nehmen. Das bedeutet nichts anderes, als das unternehmerische Risiko, etwa durch eine Flaute, auf die Arbeitnehmer abzuwälzen.

Digitalisierung und ständige Erreichbarkeit spielen da eine wichtige Rolle. In manchen Unternehmen wird wie selbstverständlich erwartet, dass ich über Diensthandy oder -Laptop außerhalb der Arbeitszeit erreichbar bin. Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen dadurch immer mehr. Da muss man wirklich aufpassen, denn da wird Raubbau getrieben an der Gesundheit der Menschen.

In welchem Ausmaß ist es denn zulässig, dass der Arbeitgeber außerhalb der Arbeitszeit anruft?

Im Grunde gar nicht. Wenn es nicht eine vereinbarte Rufbereitschaft gibt, gibt es das Recht des Arbeitnehmers, nicht erreichbar zu sein.

Auch wenn man sich vertraglich zu Überstunden verpflichtet hat, kann man konkrete Überstunden aus persönlichen Gründen ablehnen; etwa, wenn ich mein Kind versorgen muss, oder Theaterkarten habe. Dann kann ich sagen: „Tut mir leid, diesmal geht es nicht, weil…“

Manche Klauseln im Arbeitsvertrag wirken noch, obwohl man für das Unternehmen gar nicht mehr arbeitet. Worauf muss man da aufpassen?

Das betrifft vor allem Konkurrenzklauseln, also, dass man für einen bestimmten Zeitraum nicht bei der Konkurrenz arbeiten darf. Gerade im Rahmen einer einvernehmlichen Auflösung sollte man darauf achten, so etwas herauszuverhandeln. Das gilt auch für die Übernahme von Ausbildungskosten durch den Arbeitgeber – da muss man sich vor bösen Überraschungen schützen.

Titelbild: M. Mazohl

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8 Kommentare

  1. “Den Arbeitsvertrag schaut man dann gar nicht so genau an.” – Wer so dumm ist, der soll dann auch mit den Folgen leben.

    • Je mehr Menschen das so handhaben umso mehr fällt das mit der Zeit allen anderen auch aufn Schädel …

  2. Da heißt es ferner

    ‘[…] Hauptsächlich durch diese (Sondergesetze des Arbeitsrechts, Kollektivverträge) wurde die im ABGB bestehende Vertragsfreiheit eingeschränkt und die wirtschaftliche Unterlegenheit des Dienstnehmers als Vertragspartner gegenüber dem Dienstgeber weitestgehend ausgeglichen.’

    Dass ich nicht lache.
    Was ist da also mit der Zeit passiert (da konnten sich dubiose Klauseln ihren Weg in die Dienstvertragsgestaltung erschleichen und darüber hinaus ihre Existenz dort konsolidieren, sodass man heute sagt ‘alles korrekt’; zB. ein Geflecht aus Konkurrenzklauseln und Konventionalstrafen, welche man vergeblich versucht ‘wegzuverhandeln’) und mitunter schiefgegangen – keine Spur von Ausgeglichenheit in Sachen Unterlegenheit des AN als Vertragspartner ggü. einem AG.

    Was schiefgegangen ist liegt durchaus auf der Hand, die sogenannten ‘Schutzrechte’ und Kollektivverträge sind mit der Zeit ausgehöhlt worden und die Rechte des AN sind massiv erodiert.

  3. Bitte auch Arbeit und KV Einstufung vergleichen. Oft hat man einer höherwertige Arbeit zu tun, wird aber einige Stufen darunter eingestuft !
    Differenz spart sich der AG !

    • Egal welcher Job, Firmen wollen heutzutage nur noch zw 1.600 und 1.800 brutto bezahlen. Vordienstzeiten und Berufserfahrung werden grundsätzlich nicht mehr einbezogen. Wenn man einen “Schieber” hat, so wie Frau Sachsehner zb, geht es umgekehrt: Null Erfahrung, keine Ausbildung, strohdumm, überdimensional bezahlt.

  4. Die nächste Falle -speziell bei Frauen- und in der unteren hierarchischen Ebene: Die meisten Verträge schließen eine weitere Erwerbstätigkeit aus. In der Managementebene sind mehrere Jobs kein Problem, die dürfen sowieso alles (3 Stunden Mittagessen, Kleidung aus der Putzerei abholen etc.) ! Eh schon genug Kohle, aber sie können den Hals halt nicht voll genug bekommen. Ich spreche hier nicht nur von der Privatwirtschaft. Nein, nein. Dann wird ein neuer männlicher Kollege in einer Firma aufgenommen und siehe da, er ist auch noch selbständig. Beim männlichen Geschlecht überhaupt kein Thema !! Sollten nicht alle Mitarbeiter gleich behandelt werden !?? Nein, wozu auch! Ein Drittel mehr Gehalt für die männlichen Kollegen – machen wir! Überhaupt kein Thema !!! Der Pfeil der Gerechtigkeit soll euch alle treffen !!!! Früher oder später…

  5. Steht in den Verträgen der Fellner-Sklavenarbeiter auch, dass die Zeitungsausträger von “Österreich” um ca. 1 Uhr früh ein Beweisfoto für die Zentrale machen müssen, dass sie die Ständer aufgefüllt haben? Ist dieses Überwachungsprocedere bei Mitarbeitern kollektivvertraglich geregelt oder wurden hier Studien eines Meinungsforschungsinstituts eingebaut?

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