14. Diversity Ball
Ballmutter Monika Haider im ZackZack-Interview über die Stärke von Vielfalt, den Diversity Ball und den österreichischen Aufholbedarf beim Thema Inklusion.
Wien, 19. April 2022 | Der Diversity Ball steht für Vielfalt, Akzeptanz, Gleichstellung und Barrierefreiheit und macht sich stark für die Inklusion aller Menschen. Am Samstag, dem 7. Mai, steigt er zum 14. Mal und zwar im Wiener Kursalon. Gäste, egal welchen Geschlechts und Alters, welcher sexueller Orientierung, Behinderung, Herkunft oder Religion feiern gemeinsam den Respekt vor der Diversität. Heuer lautet das Motto: “Be Our Ally” also “Sei Verbündete_r”. Der Reinerlös wird zur Gänze für Projekte zur Inklusion gehörloser Menschen verwendet.
Monika Haider, ist Ballmutter und die Gründerin des Bildungs- und Beratungsunternehmens Equalizent für Gehörlosigkeit, Gebärdensprache, Schwerhörigkeit und Diversity Management. Diversity Management bedeutet, vor der Verschiedenheit der Menschen Respekt zu haben und diese Verschiedenheit positiv zu nutzen.
ZackZack: Ist das diesjährige Motto nicht eigentlich das Motto jedes Diversity Balls?
Monika Haider: Ja, auch wenn wir jedes Jahr ein eigenes Motto haben. Das Motto “Be Our Ally” entstand lange vor dem Krieg in der Ukraine, das Motto hat auch mit Corona zu tun, mit der allgemeinen Situation in der Gesellschaft, die von Fronten geprägt ist. Wir wollen die Botschaft vermitteln: Seid Verbündete, auch wenn ihr nicht Teil dieser Community seid!
Der Diversity Ball verbindet unsere Gesellschaft, er ist kein Ball der Eitelkeiten. Er soll bewirken, dass wir miteinander umgehen lernen und gemeinsam etwas bewegen. Denn Minderheiten alleine haben es schwer, etwas zu ändern. Es macht mehr Sinn, wenn wir uns zusammenschließen, einander verstehen lernen und Diversität leben. Es ist kein kämpferisches Motto, sondern eines, das mit Leichtigkeit inspirieren soll.
Der Diversity Ball verbindet unsere Gesellschaft, er ist kein Ball der Eitelkeiten. Er soll bewirken, dass wir miteinander umgehen lernen und gemeinsam etwas bewegen.
ZZ: Wie beurteilen sie die derzeitige Situation in Österreich? Wie groß ist unser Aufholbedarf, wenn es um Inklusion geht?
Haider: Wir haben in den letzten Jahren schon ein paar Schritte gemacht. Als ich Equalizent gegründet habe, musste ich mir amerikanische Literatur besorgen, weil es nichts Deutschsprachiges zum Thema Diversity Management gab.
Wir mussten anfangs erklären: Nein, wir machen keinen Ball nur für behinderte Menschen, oder nur für Ältere oder LGBTQ. Wir arbeiten beim Diversity Ball mit über 70 Organisationen zusammen, um alle Sparten von Diversität abzubilden. Es war schwierig, dieses Schubladendenken aufzubrechen, aber es hat sich einiges getan. In der Tiefe ist jedoch noch sehr viel zu tun und zwar in allen Inklusions-Bereichen.
ZZ: Der Bereich Ihrer Expertise ist die Gebärdensprache. Wie sieht es da aus?
Haider: Als ich damals eine Schule für Gehörlose gegründet habe, wollte ich Gebärdensprache sichtbar machen. Ich wollte zeigen, dass wir alles ausdrücken können. Vor 15 Jahren hat noch niemand darüber gesprochen, jetzt ist viel passiert, aber es gibt zum Beispiel noch immer so gut wie keine TV-Sendungen mit Gebärdensprache.
Viele Informationen – nicht mal bei Ämtern – sind nicht barrierefrei zugänglich. Es gibt Gebärdensprache immer noch nicht als Unterrichtsfach, der Großteil der Lehrpersonen kann keine Gebärdensprache. Es herrscht immer noch das Denken, Gebärdensprache nur für die anzubieten, “die es brauchen”. In einer inklusiven Gesellschaft brauchen wir sie alle.
ZZ: Wo sehen Sie positive Entwicklungen?
Haider: Beim Thema Menschen mit Behinderungen ist die USA viel weiter als Österreich. In vielen anderen Bereichen nicht, aber durch den American Disability Act und das Einklagerecht sind zum Beispiel alle öffentlichen Gebäude barrierefrei. Die Gebärdensprache kann man in der Schule lernen, wenn es einen interessiert. Es ist die am drittmeisten gesprochene Sprache.
Wir haben in Österreich Aufholbedarf, aber ich glaube, da ändert sich gesellschaftlich etwas. Ich merke das bei Unternehmen, die sich mehr mit Diversität auseinandersetzen. Es gibt mittlerweile Diversity Manager und die Charta der Vielfalt. Selbst die Polizei geht mehr in die Richtung, dass sie Migrationshintergrund als Ressource erkennt. Es ändert sich etwas, aber das heißt noch lange nicht, dass alles getan ist. Ein wichtiger Beitrag zur Inklusion wäre zum Beispiel, Informationen in einfacherer Sprache anzubieten, auch in Richtung Digitalisierung könnte viel mehr getan werden, um Menschen zu unterstützen.
Es ändert sich etwas, aber das heißt noch lange nicht, dass alles getan ist.
ZZ: Auf welche Ball-Highlights dürfen sich die Gäste freuen?
Haider: Die Eröffnungsshow mit über 50 Künstlerinnen bildet mit ironischem Zwinkern alles ab, was Diversität sein kann und drückt alles aus, was wir sind. Dann gibt es noch Auftritte, zum Beispiel von Conchita Wurst. Die Mitternachtseinlage ist als Gebärdensprach-Quadrille angelegt. Alle Besucher und Besucherinnen des Balles werden mitmachen können. Es ist ein Tanzen mit den Händen.
ZZ: Worin liegt die Stärke von Vielfalt?
Haider: Die Stärke von Diversität ist, dass wir damit gesellschaftliche Wirklichkeit abbilden können. Jeder denkt ein bisschen anders, um das annehmen und verstehen zu wollen, braucht es ein gewisses Mindset.
Das Interview führte Stefanie Marek. ZackZack freut sich, dieses Jahr als Medienpartner Teil des Diversity Balls zu sein.
Titelbild: Diversity Ball