Mittwoch, Mai 8, 2024

Inklusion: Noch lange nicht alles getan – 14. Diversity-Ball

14. Diversity Ball

Ballmutter Monika Haider im ZackZack-Interview über die Stärke von Vielfalt, den Diversity Ball und den österreichischen Aufholbedarf beim Thema Inklusion. 

Wien, 19. April 2022 | Der Diversity Ball steht für Vielfalt, Akzeptanz, Gleichstellung und Barrierefreiheit und macht sich stark für die Inklusion aller Menschen. Am Samstag, dem 7. Mai, steigt er zum 14. Mal und zwar im Wiener Kursalon. Gäste, egal welchen Geschlechts und Alters, welcher sexueller Orientierung, Behinderung, Herkunft oder Religion feiern gemeinsam den Respekt vor der Diversität. Heuer lautet das Motto: “Be Our Ally” also “Sei Verbündete_r”. Der Reinerlös wird zur Gänze für Projekte zur Inklusion gehörloser Menschen verwendet.

Monika Haider, ist Ballmutter und die Gründerin des Bildungs- und Beratungsunternehmens Equalizent für Gehörlosigkeit, Gebärdensprache, Schwerhörigkeit und Diversity Management. Diversity Management bedeutet, vor der Verschiedenheit der Menschen Respekt zu haben und diese Verschiedenheit positiv zu nutzen.

ZackZack: Ist das diesjährige Motto nicht eigentlich das Motto jedes Diversity Balls?

Monika Haider: Ja, auch wenn wir jedes Jahr ein eigenes Motto haben. Das Motto “Be Our Ally” entstand lange vor dem Krieg in der Ukraine, das Motto hat auch mit Corona zu tun, mit der allgemeinen Situation in der Gesellschaft, die von Fronten geprägt ist. Wir wollen die Botschaft vermitteln: Seid Verbündete, auch wenn ihr nicht Teil dieser Community seid!

Der Diversity Ball verbindet unsere Gesellschaft, er ist kein Ball der Eitelkeiten. Er soll bewirken, dass wir miteinander umgehen lernen und gemeinsam etwas bewegen. Denn Minderheiten alleine haben es schwer, etwas zu ändern. Es macht mehr Sinn, wenn wir uns zusammenschließen, einander verstehen lernen und Diversität leben. Es ist kein kämpferisches Motto, sondern eines, das mit Leichtigkeit inspirieren soll.

Der Diversity Ball verbindet unsere Gesellschaft, er ist kein Ball der Eitelkeiten. Er soll bewirken, dass wir miteinander umgehen lernen und gemeinsam etwas bewegen.

ZZ: Wie beurteilen sie die derzeitige Situation in Österreich? Wie groß ist unser Aufholbedarf, wenn es um Inklusion geht?

Haider: Wir haben in den letzten Jahren schon ein paar Schritte gemacht. Als ich Equalizent gegründet habe, musste ich mir amerikanische Literatur besorgen, weil es nichts Deutschsprachiges zum Thema Diversity Management gab.

Wir mussten anfangs erklären: Nein, wir machen keinen Ball nur für behinderte Menschen, oder nur für Ältere oder LGBTQ. Wir arbeiten beim Diversity Ball mit über 70 Organisationen zusammen, um alle Sparten von Diversität abzubilden. Es war schwierig, dieses Schubladendenken aufzubrechen, aber es hat sich einiges getan. In der Tiefe ist jedoch noch sehr viel zu tun und zwar in allen Inklusions-Bereichen.

ZZ: Der Bereich Ihrer Expertise ist die Gebärdensprache. Wie sieht es da aus?

Haider: Als ich damals eine Schule für Gehörlose gegründet habe, wollte ich Gebärdensprache sichtbar machen. Ich wollte zeigen, dass wir alles ausdrücken können. Vor 15 Jahren hat noch niemand darüber gesprochen, jetzt ist viel passiert, aber es gibt zum Beispiel noch immer so gut wie keine TV-Sendungen mit Gebärdensprache.

Viele Informationen – nicht mal bei Ämtern – sind nicht barrierefrei zugänglich. Es gibt Gebärdensprache immer noch nicht als Unterrichtsfach, der Großteil der Lehrpersonen kann keine Gebärdensprache. Es herrscht immer noch das Denken, Gebärdensprache nur für die anzubieten, “die es brauchen”. In einer inklusiven Gesellschaft brauchen wir sie alle.

ZZ: Wo sehen Sie positive Entwicklungen?

Haider: Beim Thema Menschen mit Behinderungen ist die USA viel weiter als Österreich. In vielen anderen Bereichen nicht, aber  durch den American Disability Act und das Einklagerecht sind zum Beispiel alle öffentlichen Gebäude barrierefrei. Die Gebärdensprache kann man in der Schule lernen, wenn es einen interessiert. Es ist die am drittmeisten gesprochene Sprache.

Wir haben in Österreich Aufholbedarf, aber ich glaube, da ändert sich gesellschaftlich etwas. Ich merke das bei Unternehmen, die sich mehr mit Diversität auseinandersetzen. Es gibt mittlerweile Diversity Manager und die Charta der Vielfalt. Selbst die Polizei geht mehr in die Richtung, dass sie Migrationshintergrund als Ressource erkennt. Es ändert sich etwas, aber das heißt noch lange nicht, dass alles getan ist. Ein wichtiger Beitrag zur Inklusion wäre zum Beispiel, Informationen in einfacherer Sprache anzubieten, auch in Richtung Digitalisierung könnte viel mehr getan werden, um Menschen zu unterstützen.

Es ändert sich etwas, aber das heißt noch lange nicht, dass alles getan ist.

ZZ: Auf welche Ball-Highlights dürfen sich die Gäste freuen? 

Haider: Die Eröffnungsshow mit über 50 Künstlerinnen bildet mit ironischem Zwinkern alles ab, was Diversität sein kann und drückt alles aus, was wir sind. Dann gibt es noch Auftritte, zum Beispiel von Conchita Wurst. Die Mitternachtseinlage ist als Gebärdensprach-Quadrille angelegt. Alle Besucher und Besucherinnen des Balles werden mitmachen können. Es ist ein Tanzen mit den Händen.

ZZ: Worin liegt die Stärke von Vielfalt?

Haider: Die Stärke von Diversität ist, dass wir damit gesellschaftliche Wirklichkeit abbilden können. Jeder denkt ein bisschen anders, um das annehmen und verstehen zu wollen, braucht es ein gewisses Mindset.

Das Interview führte Stefanie Marek. ZackZack freut sich, dieses Jahr als Medienpartner Teil des Diversity Balls zu sein. 

Titelbild: Diversity Ball

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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12 Kommentare

  1. Achtung! H.u.m.o.r. (Vom Anton Ym) 😉

    Franzi-ska
    (oder „Dandy meets Panty Candy“)

    Toll gestylt, geschminkt, sehr fraulich
    stand gut gebaut dort sie „erbaulich“…
    (schien knackig scharf mir leicht verdaulich)

    Wohl an! Gespannt zum Sprunge war bereit!

    … und ein paar Drinks und Blicke später
    erschien es mir zur rechten Zeit
    stand ich bei ihr – und dann gesteht er:
    “My horny dear, from 8 `till 20
    I’m just simply upright called as Franky
    but I’d love to move with you in panty dance
    tonight in being here your candy trans…”

    (Wenig sprachbegabten sei hier jetzt
    vielleicht noch kurz und gerne übersetzt:
    „Mein lieber Freund, von 8°° – 20°°
    bin ich bieder artig gern der „Franzi“.
    Ich lad’ dich ein zum heißen Tanze
    denn vor dir steht ’ne scharfe Transe…“)

  2. Hab vor der Pandemie die Gay Pride in Amsterdam gesehen, am Kanal… da käme mir der Kursalon wie eine Puppenküche vor. Aber Amsterdam spielt in jeder Weise in einer anderen Liga…

  3. Gelegentlich verstehe ich diese Diskussion über Inklusion nicht. Vor einigen Jahrzehnten was es völlig normal, dass in einer Dorfgemeinschaft auch Leute mit Behinderungen oder Psychischen Erkrankungen gelebt haben. Diese Menschen waren ebenso wie die Alten präsent und überall dabei, gingen sogar zur Wahl und besachwaltet war damals auch kaum jemand. Auch den Stempel “behindert” gabs damals nicht so wirklich. Ich habe irgendwie das Gefühl, die Sache ging dann in die falsche Richtung als man anfing sich speziell dieser Leute anzunehmen statt sie in ihrer Dorfgemeinschaft zu belassen.

    • Naja, in manchen Dörfern gab’s einfach mehr Inzucht weil der Genpool nicht so groß war. Ich hab einmal den Spruch gehört das in jedem 2. Haus ein Dodel am Ofenbankerl gesessen ist. Daher war der Umgang mit Behinderten alltäglich und einfach Teil des Dorfleben und sie waren integriert.

      • Ah, so. Sie scheinen nicht für Inklusion zu sein, so weit ich das verstehe. Meine Tante ist übrigens nicht durch “Inzucht” wie sie es nennen, geistig beeinträchtigt worden sondern durch eine Erkrankung, oder genauer gesagt durch eine Meningitis. Und Dodeln gibts auch unter den nicht beeinträchtigten Menschen. Mir scheint sogar da findet man die größten Deppen.

        • Auch ich kenne noch ‘Inzucht’ in kleinen Gemeinden am Land.
          Den Spruch kenne ich auch mit ‘in jedem 2en Haus ein Dodel am Hausbankerl’.

          Die meisten ‘Behinderten’ lehnen solche Veranstaltungen wie den oben genannten Ball ab.

    • Wenn Förderung und der Rahmen für elebtes Empowerment adäquat umgesetzt wird, sind Institutionen als sicherer wie agogischer Ort für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, unabdingbar. Viel zu oft sind behinderte Menschen in Familien und Dorfgemeinschaften unter ihrem Wert gehandelt worden, um es einmal harmlos auszudrücken. OÖ hat lange Zeit eine Vorbildhaltung, bezüglich finanzieller Unterstützung und Betreuungsangebot im Sozialbereich eingenommen, bis eben vor ca. 15 Jahren die Saat, ausgestreut von Wolfgang Schüssel mit seiner neoliberal und asozial schwarz/blauen Politik, vollends zur Ernte führte. Profitiert davon haben ausschließlich Wirtschaftsjongleure und abzockende Privilegienmenschen in den sogenannten Qualitätsmanagements. Die große Wirtschaftskrise Ende der ersten Dekade nach der Jahrtausendwende hat einen empfindlichen Kahlschlag im Sozialsektor hinterlassen, galt es ja die Wirtschaft zu sanieren. Übrig blieben eben die lobbyarmen und wehrlosen Außenseiter unserer Gesellschaft. Und so schlimm wie nun unter Schwarz Blau war es noch nie. Das Sozialdumping blüht und die Arbeitsbedingungen und Entlohnung der Mitarbeiter sind zu einem schlechten Wirz verkommen. Ob da solche Schickimickievents helfen? Ich wage es zu bezweifeln.

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