Sonntag, September 22, 2024

Agenten zwischen Fäkalhumor, Tod und Schleudertrauma

Agententhriller gehören nicht nur in Hollywood zum gängigen Repertoire, sondern es gibt auch in England eine lange Tradition im Film- und Fernsehgeschäft dafür. 007 ist nicht nur wegen seines exorbitanten Konsums geschüttelter Martinis zur Kultfigur geraten. Der gefühlt immer nach Perfektion strebende Apple TV+-Streamingdienst hat also die klassische englische Tradition bemüht und im Mutterland der Queen schreiben und produzieren lassen. 

Wien, 07. Mai 2022 | Slow Horses heißt die aktuelle Serie auf Apple TV, und sie tut das, was sie tun soll, unterhalten und das spannend und zeitweise humorvoll. Der Titelsong „Strange Game“, ein typischer Stones Blues, anspruchsvoll und modern produziert, stammt aus der Feder von Mick Jagger und wurde extra für die Serie komponiert.

Die langsamen Pferde aus dem Sumpfloch

Der bekannt wandlungsfähige Charakterdarsteller Gary Oldman spielt Jackson Lamb, den griesgrämigen und unmanierlichen Chef einer schwer abgehalfterten und total nerdigen Agententruppe. Die sitzt im Slough House – dem Sumpfloch – einer völlig heruntergekommenen Außenstelle des britischen Geheimdienstes MI5. Es ist eine Endstation für Versager ohne Rückkehrmöglichkeit. So weit, so unaufregend.

Im Regent’s Park, dem MI5 Hauptquartier, wird, wie in jedem guten Agententhriller, große Politik gemacht. Die fiesen Machenschaften dazu sind zwar gründlich geplant, aber gehen, man kann es sich denken, völlig in die Hose. Und wie immer in so einem Fall üblich, versuchen die Verursacher, in diesem Fall die MI5-Vize Diana Taverner, gespielt von der kühl bis kalten Kristin Scott Thomas, alles ganz weit von sich wegzuschieben. Dorthin, wo Versagen naturgemäß erwartbar und wenig verwunderlich ist – ins Slough House.

Eigentlich geht immer alles völlig daneben – eigentlich?

Doch auch das geht zumindest bis Episode 6 völlig daneben. Die Slow Horses haben vielleicht keine Zukunft mehr, träumen aber immer noch den Traum vom Leben als erfolgreiche Agenten und leben das irgendwie auch. Doch auch der zerknautschte Chef Lamb lässt sich auch nicht so leicht abservieren. Gefühlt war Lamb vermutlich mal ein verdammt guter Agent.

Die Serie ist nicht nur in Apple TV-Manier technisch perfekt produziert, sondern auch Drehbuch und Inszenierung sind durchdacht und auf Spannung sowie (englischen) Humor getrimmt. Die Handlung biegt alle paar Minuten irgendwohin ab, wohin es der Großteil des Publikums am wenigsten erwartet. Das macht die Episoden sehr unterhaltsam, kurzweilig und natürlich spannend. Kritikpunkte sind meiner Meinung nach ein gewisser Hang zur Blutrünstigkeit, die (zu) vielen Schauplatzwechsel und der zu oft eingesetzte Fäkalhumor von Lamb.

Wer spannende Thriller, gewürzt mit englischem Humor und abrupte Wendungen in einem perfekt produzierten Agentenfilmkontext mag, der sollte Slow Horses auf seine Watchlist setzen.

(tn)

Titelbild: Apple TV+ Presseservice

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