Montag, April 29, 2024

Filmreifer Krimi: Jagd auf den »Kokainpaten von Wien«

Filmreifer Krimi

Martin S. soll im Wiener Rotlichtmilieu und jahrelang via Darknet mit Kokain gedealt haben. Als die Polizei endlich seine Komplizen erwischte, gelang ihm die Flucht. Jetzt ist er weltweit zur Fahndung ausgeschrieben.  

Wien, 13. Juni 2022 | Seit Jahrzehnten soll “Mr. Blow” das Wiener Rotlichtmilieu mit Drogen versorgt haben. Hinter dem Alias steckt laut Ermittlern ein 50-jähriger Wiener namens Martin S.. Wegen Drogenhandels wurde er niemals verurteilt, stand aber mehrfach wegen Gewaltdelikten vor Gericht.

Drogen sind es aber, weswegen jetzt weltweit nach ihm gefahndet wird. Über die Internetplattform “Mr. Blow” sollen er und andere innerhalb von zwei Jahren rund 11.500 Bestellungen abgewickelt und dabei rund 60 Kilogramm Kokain und andere Suchtmittel verkauft haben. Ziegelweise soll das “weiße Gold” dort angeboten worden sein – 75 Euro das Gramm, bezahlbar in Bitcoin. Zwischen 2,5 und 5,5 Millionen Euro soll die Bande so umgesetzt haben, wie ein anonymer Ermittler der APA mitteilte.

Razzia und Flucht nach Lignano

Dann, im Herbst 2020, war die Seite plötzlich dicht. “Mr. Blow” schien von den Ermittlungen gegen ihn Wind bekommen zu haben. Die Drogen verschwanden und mit Hilfe eines Komplizen verschwand auch S.

Kurz danach – im April 2021 – schnappten die Behörden bei einer groß angelegten Razzia mit Cobra und Wega schließlich die Tätergruppe rund um S. in Wien und der Steiermark. Sie stellten Geld, Waffen, Verpackungsmaterial und über 250 IT-Geräte sicher.

Mittlerweile wurden acht Männer und eine Frau verhaftet.  Martin S., der sich zuerst nach Lignano abgesetzt hatte, erfuhr von der Razzia und seine Spur verlor sich.

Austria’s Most Wanted

Am Wochenende tauchte dann sein Gesicht auf – auf Fahndungsfotos über das Bundeskriminalamt und über Europol. Der Mann sei gewaltbereit und bewaffnet, ist dort zu lesen. Neben Tibor F. – der unter Mordverdacht steht und nach dem seit seinem Gefängnisausbruch 1995 gefahndet wird – ist S. nun der meistgesuchte Österreicher.

Seit seiner Flucht dürfte S. sein Aussehen verändert und eine neue Identität angenommen haben. Er hat allerdings Tattoos: Die “Betenden Hände” auf der linken Brust, ein Männerkopf am rechten Rücken und ein Hundekopf am linken Unterschenkel.

Die Polizei vermutet ihn mittlerweile in Begleitung einer jungen Frau in Spanien. Hinweise zu seinem Aufenthalt werden an jeder Polizeidienststelle europaweit entgegengenommen.

Angst vor dem Fleischhauer

Schon im Jahr 2018 geriet der Darknet-Shop “Mr. Blow” ins Visier der Ermittler, als bei der Post Kuverts mit Suchtgift entdeckt wurden. Innerhalb weniger Tage wurden auch beim Zoll 250 Sendungen des Shops abgefangen. Doch die Überwachung der Verdächtigen war schwierig. Sie verwendeten Störtechniken, um die Polizei zu behindern. Und S.’ Komplizen hatten Angst. “Sie meinten etwa, dass, wenn sie nicht tun, was er sagt, sie im Koffer spazieren gehen”, berichtete ein Ermittler der APA.

Der 50-Jährige, der gelernter Fleischhauer ist, ist seit seiner Jugend Teil des Wiener Gürtelmilieus. Er soll im Hintergrund agiert und öffentliche Orte gemieden haben. Ein “Phantom”, so der Ermittler.

Scheinfirmen in NÖ und Steiermark, Gras aus dem Burgenland

Eine der tatverdächtigen, eine 69-jährige Frau, arbeitete früher im Rotlichtmilieu und verdiente sich mit Verpacken und Versenden der Drogen etwas dazu. Ebenso ihr Ex-Ehemann, der auch in einer Rotlichtbar tätig war. Er lieferte ihr das Suchtgift, sie verpackte. Und wie kam man an die Unmengen an Verpackungsmaterial?

Das wurde über Scheinfirmen in der Steiermark und in Niederösterreich gekauft. Über diese Unternehmen wurden auch die Autos angemeldet, um deren Besitzerschaft zu verschleiern. Ein 52-jähriger Steirer fungierte dabei als Buchhalter und Logistiker der Truppe. Ein weiterer Bekannter von S. stellte die ganze IT auf die Beine. Er kümmerte sich um die Shop-Seite, programmierte und servicierte sie. Der frühere Barmann hat sogar einen eigenen Mobiltelefon-Anbieterdienst betrieben. Die restlichen vier Verdächtigen dürften als Transporteure des Suchtgifts agiert haben. So wurde etwa im Burgenland eine Cannabisplantage mit 2.000 Pflanzen betrieben.

(sm/apa)

Titelbild: Bundeskriminalamt

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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3 Kommentare

  1. Also Austria’s Most Wanted ist hoffentlich noch immer Jan Marsalek!

    Zum Aufenthalt des Paten würd ich mal unseren HC oder Ho befragen, die haben da sicher ihre Nasen drinnen..

    • Lieber milpool_, Strache war (ist) lediglich Konsument, das ist die unterste Stufe. Gegen Ho allerdings ist der gesuchte Herr Schnabel ein kleiner Fisch…
      Es sollte auch hier heller werden!

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