Samstag, Dezember 7, 2024

Linkswende in Kolumbien: Ex-Guerillo beerbt Wirtschaftsliberalen

Ex-Guerillo beerbt Wirtschaftsliberalen

Erstmals in Kolumbiens Geschichte regiert ein linksgerichteter Präsident das Land im Norden Südamerikas. Er kündigte Frieden und den Schutz des Amazonas an.

Bogotá, 8. August 2022 | Kolumbien hat einen neuen Präsidenten. Der linke Kandidat Gustavo Petro, im Juni bei der Stichwahl erfolgreich, wurde gestern als neuer Präsident vereidigt. Er will sich gegen die Zerstörung des Amazonas und für die Beibehaltung des kolumbianischen Friedensprozesses mit Guerillagruppen engagieren. Petro war selbst ehemaliger Guerillakämpfer bei der Bewegung M-19.

Sozialer Frieden

Kolumbien befindet sich seit Jahrzehnten in einem bewaffneten Konflikt mit Guerillabewegungen wie etwa der Farc oder der M-19. Gustavo Petro möchte dem Morden in Kolumbien nun ein Ende setzen. Anstatt auf Gewalt und Repression möchte er auf Dialog setzen. Seine Vergangenheit als Guerillakämpfer könnte ihm dabei hilfreich sein. Kolumbien ist bis heute eines der gefährlichsten Länder der Welt. Die Mordrate ist nach Venezuela und Brasilien die dritthöchste in Südamerika und gehört damit nach einigen Karibikinseln zu den weltweit höchsten.

Wie viele Südamerikanische Länder wurde Kolumbien lange von der weißen Klasse ehemaliger Sklavenhalter beherrscht. Mit Petro könnte nun erstmals eine schwarze Vizepräsidentin, Francia Marquez, ein bedeutendes Amt ausüben und soziale Klüfte entlang ökonomischer und rassistisch motivierter Ausgrenzung zu überwinden versuchen.

Kampf gegen Ungleichheit

Zu den zentralen Herausforderungen der Regierung wird auch die Bekämpfung der grassierenden Ungleichheit gehören. Das traditionell von rechten und wirtschaftsliberalen Kräften geführte Land gehört zu den ökonomisch ungleichsten Ländern in Lateinamerika. Von den großen Staaten liegen nur Peru und Brasilien hinter Kolumbien. Für Venezuela liegen derzeit keine verlässlichen Daten vor.

Petros Vorgänger Iván Duque, der von 2018 bis 2022 Präsident war, wollte Steuererleichterungen für große Unternehmen und Steuererhöhungen auf Lebensmittel einführen. Auch die Privatisierungen von Energiekonzernen standen auf seiner Agenda. Die Pläne machten ihn unpopulär und ebneten Petro den Weg ins Präsidentenamt. Dieser will nun mit Reformprojekten die Ungleichheit bekämpfen und ein „starkes, gerechtes und geeintes Kolumbien“ schaffen, sagte er bei seiner Antrittsrede am gestrigen Sonntag in Bogotá. Großverdiener sollen höher besteuert und Reformen im Bildungs- und Gesundheitsbereich finanziert werden. Derzeit leben rund 50 Prozent des 50-Millionen-Einwohner Landes in Armut.

Schutz des Amazonas

„Wo ist der Welt-Fonds zum Schutz des Amazonas-Waldes? Wir können die gesamte Bevölkerung des kolumbianischen Amazonasgebiets zu Waldschützern machen, aber wir brauchen Finanzhilfe aus der ganzen Welt, um das zu tun“, rief Petro in Richtung Internationalen Währungsfonds (IWF). Kolumbien hat hohe Auslandsschulden. Petro möchte, dass die internationale Gemeinschaft die Schulden des Landes reduziert, um Gelder stattdessen für die Erhaltung des Regenwaldes zu mobilisieren.

Wenn der Internationale Währungsfonds „hilft, die Schulden in konkrete Aktionen gegen den Klimawandel umzuwandeln, schaffen wir eine neue blühende Wirtschaft und ein neues Leben für die Menschheit“, sagte Petro, der im Wahlkampf den Ausbau erneuerbarer Energien und den Kampf gegen die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes versprochen hatte. Umweltorganisationen zufolge wurden während der Amtszeit von Petros Vorgänger Iván Duque mindestens 7.018 Quadratkilometer kolumbianischen Regenwalds vernichtet.

(dp/apa)

Titelbild: Juan Barreto/AFP/picturedesk.com

 

Autor

  • DanielPilz

    Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.

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