Montag, April 29, 2024

Ex-OMV-Chef Roiss: »Pipelines sind immer politisch«

Ex-OMV-Chef Roiss:

Die OMV-Woche im U-Ausschuss startete für die Opposition ernüchternd. Sie hatte sich neue Informationen zu Russland-Verbindungen der OMV erhofft, musste sich aber mit altbekannter Kritik an der Strategie des Konzerns zufriedengeben.

Wien, 06. September 2022 | Die Ladung von Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss auf Betreiben der NEOS hin hatte hohe Erwartungen heraufbeschworen, brachte dem U-Ausschuss aber wenig Neues. Dass Roiss schon 2015 aus der OMV ausgeschieden war, bot der ÖVP von Anfang an reichlich Raum, Fragen nach damaligen Vorgängen im Unternehmen mit Verweis auf den Untersuchungszeitraum (Dezember 2017 bis Oktober 2021) zu beanstanden – häufig auch mit Erfolg.

Von der Opposition vermutete parteipolitische Einflussnahmen konnte Roiss nicht bestätigen. Er hatte entweder gar keine Wahrnehmungen dazu oder lediglich Eindrücke aus den Medien gewonnen, gab er an. Argumente, die rund um den Bau der Pipeline “Nordstream 2” immer wieder verbreitet worden waren, wonach es sich dabei um ein rein wirtschaftliches Projekt handle, wollte Roiss allerdings nicht gelten lassen. „Pipelines sind immer politisch“, hielt er fest. Erst in zweiter Linie sei “Nordstream 2”, an der auch die OMV beteiligt war, ein wirtschaftliches Projekt gewesen.

Wenig Neues

Zu Russland-Verbindungen der OMV kam dagegen nichts Neues ans Licht, auch nicht über mutmaßliche parteipolitische Einflüsse auf die Entwicklung der OMV. Vieles sei schon bekannt gewesen, heißt es nach Roiss‘ Befragung durch die NEOS auf ZackZack-Nachfrage. Roiss selbst hatte keinerlei Wahrnehmungen zu parteipolitischem Einfluss, gab er an.

Roiss kritisierte aber einmal mehr die Ausrichtung der OMV: Seiner Ansicht nach fehle dem Unternehmen eine Strategie für die Gas-Versorgungssicherheit. „Wenn man keine eigene klare Strategie hat, läuft man Gefahr, Teil der Strategie eines anderen zu werden“, sagte er und fügte hinzu: „In diesem Fall von Gazprom.“ Wladimir Putin und Gazprom hätten für sich genommen daher alles richtig gemacht, so Roiss.

Hoffnung auf Seele-Infos enttäuscht

Rainer Seele, Roiss Nachfolger an der OMV-Spitze, konnte mangels Hauptwohnsitz in Wien keine Ladung zugestellt werden. Wäre es nach den NEOS gegangen, die die derzeitige OMV-Woche federführend geplant haben, hätte er vor Roiss Auskunft geben sollen.

Die Opposition hatte die Hoffnung gehegt, nun zumindest über mehrere Ecken mehr über Seeles Russland-Verbindungen zu erfahren. Diese wurde enttäuscht. Er habe keinen Konflikt und kein Verhältnis zu Seele, sagte Roiss. „Es war wichtig zu sehen, dass Roiss seine Kritik am dem Seele-Kurz-Kurs in die Abhängigkeit von Putin auch unter Wahrheitspflicht aufrechthält“, so das Fazit der NEOS.

Gezerre um die Geschäftsordnung

Roiss‘ Befragung wurde immer wieder durch Meldungen zur Geschäftsordnung unterbrochen, viele Fragen mit Verweis des Verfahrensrichters auf den Verfahrensgegenstand abgewiesen. Eine Verbindung dazu oder zum Untersuchungszeitraum herzustellen, die den Richter zufriedenstellten, gelang Grünen, SPÖ, NEOS und FPÖ häufig nicht.

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger wollte gleich eingangs festgehalten wissen, dass die Beschäftigung des U-Ausschusses mit der OMV aus Sicht der ÖVP keinerlei Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand habe. Nachdem Roiss die OMV bereits 2015 verlassen habe, ersuche er den Verfahrensrichter, bei allen Fragen auf den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu achten. Dass es nur drei Stehungen gab, grenzte unter diesen Umständen an ein Wunder.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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13 Kommentare

  1. Sigmar Gabriel war letzte Woche bei maisberger zu Gast und besprach dieses Thema. Zu Nordstream2 legte er offen, dass Nordstream2 die Mänövriermasse war, um nach der Krim-Annexion RU dazu zu bringen, die UA nicht weiter anzugreifen (Minsker Abkommen). “Man muss dem Gegenüber etwas anbieten, man kann nicht nur fordern.” Dass Nordstream2 überhaupt gebaut wurde, war also als Friedenssicherung geplant. Das ist politisch, niemals wirtschaftlich. “Erst bauen wir Nordstream2, dann knallen wir die UA ab!”, schrie eine rus TV-Kommentatorin ins Volk danach. Auch von der anderen Seite war es also immer politisch.

    RU war also bereits 2014 territorial so aggressiv, dass man ihm das Stillhalten abgelten musste. Und was die OMV beigetragen hatte, gehört aufgeklärt. Gabs politischen Druck, das rumänische Gasfeld aufzugeben und sich an Nordstream2 zu beteiligen?

    • Es waren russische Ukrainer im Osten und Süden, die seit dem Putsch 2014 in Kiew mit Waffengewalt angegriffen wurden. Das wird bei Maischberger und Co. regelmäßig übersehen. Ein Bürgerkrieg brach aus mit einer fünfstelligen Zahl an Opfern, um diesen zu beenden wurden die Minsker Abkommen ins Leben gerufen. Die Erfüllung dieser Abkommen und die damit verbundene Beendigung dieses Bürgerkriegs waren übrigens Teil von Zelenskys Wahlprogramm. Nun von einer Aggression Russlands oder einem Angriffskrieg zu sprechen ist daher grundsätzlich falsch, ohne wenn und aber.

      • Genau. Und der Kreml hat niemals getreue Präsidenten in der UA installiert, die einen “Bürgerkrieg” herbeigeführt haben. Der Kreml hat es auch nie versucht. Der Kreml hat sich geuldig wartend beklagt, dass der “dekadente Westen” die UA demokratisieren wolle und dabei die Füße still gehalten. Der Kreml hat keine rus Einheiten unter “false flag” auf die Krim geschickt, obwohl dies Putin nach der Annexion zugab/erklärte. Der Kreml hat auch keinen Mafiapaten als Gouverneur auf der Krim installiert, all das passierte zufällig oder vom “Westen” gesteuert. Im Donbasz haben niemals rus Einheiten eingegriffen und die rus “Separatisten” waren immer nur UAer:innen, die es unerträglich fanden, nicht einer Diktatur leben zu dürfen.

        • Sie laufen da gegen “eine Betonwand”, geschätzter Mitforist, Sich “dissident” hier zu bemänteln, um ideologisch getrimmte RT-Propaganda (vermutl. nicht umsonst) Troll-ig perpetual zu lancieren, geziehlt und kompromislos exekutiert gegen unsere verteidigte Wertehaltung gerichtet, ist systematisch konzipiert. Der völkerrechtliche Wahnsinn und die gegen Europa impliziert gerichtete hybride Kriegsform werden damit nicht erträglicher / kleiner / ungeschehen, im geheimdienstlichen Duktus aber multiperspektivisch relativiert. Solche digitalen Nick-Instrumente werden uns vermutlich auch nach Kriegsende weiter begleiten, weltweit. Weil das politische Endziel der Niedergang des dekandenten Westens ist – und auch bleiben wird. Offen ausgesprochen, argumentiert und in der DNA derzeitiger Machthaber / Weltenlenker verankert…

          • Ganz sicher laufe ich gegen eine Betonwand. So wie wir von der kremlschen Propaganda instrumentalisiert werden, instrumentalisiere ich umgekehrt. Dissi Dent nehme ich quasi als Lokator der rus Propagandalogik und spiele mich damit. Propaganalogik weist in sich eklatante Widersprüche auf und kann nur durch diese Widersprüche als falsch und unwahr dem Verstand zugänglich gemacht werden.

            Wo diese Widersprüche auftauchen und sich wiederholen, können wir Rückschlüsse ziehen, aus welcher Ecke Meldungen kommen. Ich finde, dass Diss Dent ein hilfreicher Akteur ist, um die Aussparungen und Widersprüche offen zu legen. Ich gehe nicht von Überzeugung aus, ich gehe davon aus, dass die Widersprüche und Auslassungen für sich selbst sprechen, wenn sie kenntlich gemacht sind. Geneigte Leser:innen mögen sich ihr Bild selbst machen. Insofern ist mir die Betonwand wurscht, weil ich nicht die Absicht habe jemanden zu überzeugen.

          • Trefflich beschrieben, danke. Dass Sie das genau so “checken” war ja aufgelegt glasklar. Ich schreibe hier “antwortend” aber zumeist auch für Mit-Leser:innen… (weil’s ja ein Meinungs-Forum ist) 😉

  2. Nun wird versucht, die alte Abhängigkeit durch neue zu ersetzen, selbstverständlich mit neuen Preisen. Letztes Jahr bogen die LNG-Schiffe aus Amerika kurzfristig nach Asien ab, da dort ein höherer Preis zu erzielen war, heuer ist Gas in der EU wegen dem Sanktionsregime zwar wieder teurer, ersetzen lassen sich die dort benötigten Mengen, nachdem man Nordstream II absichtlich brach liegen lässt, allerdings nicht.

    • Die Zeit der Ereuerbaren ist lange angebrochen. Sie sind die einzige Möglichkeit, aus allen möglichen Energieabhängigkeiten zu kommen. Begraben wir die fossilen Energieträger tief in der Erde.

      • Die erneuerbaren Energiequellen sind seit dem von den USA losgetretenen Wirtschaftskrieg leider kein Thema mehr, seit Bidens Verbot von Nordstream II sollen Kohle- und Atomkraftwerke als Substitution dienen und Nein, Russland ist nicht daran schuld.

        • Tja, Pech gehabt Russland. So ist das, wenn man strategische Fehler begeht. Und der Einmarsch in die Ukraine war ein strategischer Fehler globalen Ausmaßes. Man hat den Kreml gewarnt, dass man das nicht hinnehmen werde. Jetzt lebts mit den Folgen.

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