Samstag, April 27, 2024

Japaner casht mit Nichtstun ab: »Müssen nicht nützlich sein«

»Müssen nicht nützlich sein«

In Japan verdient ein Mann Geld damit, nichts zu tun. Das Geschäft floriert.

 

Tokio, 6. September 2022 | „Von Nix kommt nix“, heißt es sprichwörtlich. Doch genau diese alte Weisheit straft Shoji Morimoto, ein junger Japaner aus Tokio, nun Lügen. Er hat ein Geschäftsmodell entwickelt, in dem er Geld fürs Nichtstun bekommt. Sein Einkommen reiche für ihn und seine Familie.

Sich selbst vermietet

Morimoto vermietet sich selbst, um anderen passiv Gesellschaft zu leisten. Zu anregend dürfen die Gespräche allerdings nicht sein. Kürzlich etwa hätte er in einem Park ein Gespräch über Tee und Kuchensorten geführt. Seine Gesprächspartnerin wollte sich mit einem indischen Kleidungsstück in der Öffentlichkeit zeigen, befürchtete aber, dass das ihren Freundinnen peinlich sein könnte. „Mit meinen Freunden, habe ich das Gefühl, sie unterhalten zu müssen, mit dem Miettypen muss ich nicht so gesprächig sein“, gibt die junge Frau gegenüber “Reuters” zu Protokoll. Ein anderer Mann wollte, dass ihm jemand bei der Abfahrt durch das Zugfenster winkt. Die logische Wahl fiel auf Morimote. Dieser sieht nach Eigenangaben in etwa zwei bis drei Kunden pro Tag und verlangt pro Treffen rund 70 Euro.

Schon in Werbeagentur untätig

Seine Berufung fürs Nichtstun ist Morimoto nicht neu. In seinem letzten Job bei einer Werbeagentur sei er mehrmals auffällig geworden, weil er nichts getan habe. „Ich habe mich gefragt, was passieren würde, wenn ich meine Fähigkeit, nichts zu tun, Kunden zur Verfügung stellen würde“, sagt Morimoto der Nachrichtenagentur „Reuters“.

Philosophische Schlagseite

Da die ruhige Kugel in der japanischen Gesellschaft besonders misstrauisch beäugt wird, kann der junge Japaner seiner (Un)Tätigkeit auch etwas Philosophisches abgewinnen. Sein Geschäftsmodell stehe in krassem Widerspruch zur gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit der obligatorischen Produktivität und der Ablehnung von unnützen Tätigkeiten. Denn in Wahrheit sei sein Nichtstun für andere nützlich. „Es ist okay wirklich nichts zu tun. Menschen müssen nicht nützlich sein“, schließt Morimoto.

(dp/reuters)

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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8 Kommentare

  1. Was hat das mit nichts tun zu tun…
    Er verlangte 70 Euro pro treffen, muss rumfahren oder führt Gespräche ..
    ER tut was für sein Geld.

  2. Also bei allem Respekt: DIESES Geschäftsmodell ist hierzulande schon über Generationen hinweg (sehr oft in dynastischer Erbpacht) so etwas wie ein Stück Volkskultur -> Politiker:innen und Lobbyist:innen zB verdienen dabei ein unglaublich Vielfaches mehr, als sie zum Erhalt ihrer Familien bräuchten… (Stw: “Wos woa mei Leistung für diese Rechnung?” – “Ich kann mich nicht mehr erinnern” – “Ich habe keinerlei Wahrnehmung” – “Ich war nur dabei und nicht zuständig” – “Ich habe es nur unterschrieben, verantwortlich dafür waren andere”…) Wenn sich DAS bis nach Japan durchspräche…!? (sie könnten diesen puren Luxus, den wir uns hierzulande in anerzogener Kulanz leisten, vermutlich gar nicht fassen)

  3. Er könnte alternativ auch als Leuchtturmwärter tätig sein, wenngleich bei geringerem Lohn.

  4. Das Nichts ist nicht Nichts. Vielleicht hat das Nichts sogar Schöpferkraft, so dass das Nichts nicht Nichts ist, sondern Alles? – doitashimashite

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