»Müssen nicht nützlich sein«
In Japan verdient ein Mann Geld damit, nichts zu tun. Das Geschäft floriert.
Tokio, 6. September 2022 | „Von Nix kommt nix“, heißt es sprichwörtlich. Doch genau diese alte Weisheit straft Shoji Morimoto, ein junger Japaner aus Tokio, nun Lügen. Er hat ein Geschäftsmodell entwickelt, in dem er Geld fürs Nichtstun bekommt. Sein Einkommen reiche für ihn und seine Familie.
Sich selbst vermietet
Morimoto vermietet sich selbst, um anderen passiv Gesellschaft zu leisten. Zu anregend dürfen die Gespräche allerdings nicht sein. Kürzlich etwa hätte er in einem Park ein Gespräch über Tee und Kuchensorten geführt. Seine Gesprächspartnerin wollte sich mit einem indischen Kleidungsstück in der Öffentlichkeit zeigen, befürchtete aber, dass das ihren Freundinnen peinlich sein könnte. „Mit meinen Freunden, habe ich das Gefühl, sie unterhalten zu müssen, mit dem Miettypen muss ich nicht so gesprächig sein“, gibt die junge Frau gegenüber “Reuters” zu Protokoll. Ein anderer Mann wollte, dass ihm jemand bei der Abfahrt durch das Zugfenster winkt. Die logische Wahl fiel auf Morimote. Dieser sieht nach Eigenangaben in etwa zwei bis drei Kunden pro Tag und verlangt pro Treffen rund 70 Euro.
Schon in Werbeagentur untätig
Seine Berufung fürs Nichtstun ist Morimoto nicht neu. In seinem letzten Job bei einer Werbeagentur sei er mehrmals auffällig geworden, weil er nichts getan habe. „Ich habe mich gefragt, was passieren würde, wenn ich meine Fähigkeit, nichts zu tun, Kunden zur Verfügung stellen würde“, sagt Morimoto der Nachrichtenagentur „Reuters“.
Philosophische Schlagseite
Da die ruhige Kugel in der japanischen Gesellschaft besonders misstrauisch beäugt wird, kann der junge Japaner seiner (Un)Tätigkeit auch etwas Philosophisches abgewinnen. Sein Geschäftsmodell stehe in krassem Widerspruch zur gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit der obligatorischen Produktivität und der Ablehnung von unnützen Tätigkeiten. Denn in Wahrheit sei sein Nichtstun für andere nützlich. „Es ist okay wirklich nichts zu tun. Menschen müssen nicht nützlich sein“, schließt Morimoto.
(dp/reuters)
Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl