Donnerstag, September 12, 2024

Staat hilft bei Energiekosten-Schulden

„Es ist keine Schande, sich helfen zu lassen!“, so Sozialminister Rauch. Alle, die ihre Energiekosten alleine nicht mehr stemmen können, werden künftig staatlich unterstützt.

Wien, 16. Jänner 2023 | Der Wohnschirm des Sozialministeriums hilft nun auch jenen, die die Energiekosten nicht mehr alleine stemmen können. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montagmorgen haben Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und Vertreter der in die Entwicklung involvierten NGOs Volkshilfe, Diakonie, Caritas Österreich und Rotes Kreuz das neue Instrument vorgestellt. Der Wohnschirm ergänze die bisherigen Maßnahmen der Regierung perfekt, meinte Rauch: „Er ist zielgerichtet, punktgenau und treffsicher.“

500.000 Menschen in Österreich hätten aktuell Schwierigkeiten, die Wohnung angemessen warm zu halten, so Rauch. Die Dunkelziffer dürfte allerdings viel höher sein, weil das Thema Armut sehr schambehaftet ist, wie die Anwesenden feststellten. Dass jemand wegen Zahlungsschwierigkeiten aus der Wohnung fliege oder Strom oder Heizung abgedreht bekäme, könne in einem Staat wie Österreich nicht sein. Der Sozialminister appellierte an die Menschen, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen: „Es ist keine Schande, sich helfen zu lassen!“

NGOs loben Niedrigschwelligkeit …

Die NGO-Vertreter zeigten sich gegenüber Rauch zufrieden über die Zusammenarbeit und betonten den niederschwelligen Zugang zum Hilfsangebot. Das Ziel sei, eine „solidarische Gesellschaft, die die Schwächsten nicht vergisst, in guten Zeiten wie auch in Krisenzeiten“, sagte Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes.

Die Einmalzahlungen der Regierung hätten „temporär gut geholfen“, so Opriesnig. Aus Sicht der NGOs braucht es aber weitere Maßnahmen. Erich Fenninger dankte Rauch für dessen Arbeit und lobte, dieser setze sich in der Regierung für zielgerichtete Maßnahmen ein.

… fordern aber weitere Maßnahmen

Die Inflation ist so hoch wie seit 1974 nicht mehr. Die steigenden Lebenshaltungskosten in den vergangenen Monaten hätten dazu geführt, dass auch Menschen im unteren Einkommensdrittel von Armut bedroht seien, berichteten die NGO-Vertreter. In den vergangenen Monaten seien die Hilfsanfragen gestiegen und die Schlangen vor den Lebensmittelausgaben länger geworden. Opriesnig appellierte an alle Energieunternehmen, Ombudsstellen einzurichten, sofern sie das noch nicht gemacht hätten. Damit hätte es bisher gute Erfahrungen gegeben.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser forderte, die derzeitigen Maßnahmen in Richtung einer Energiegrundversorgung weiterzuentwickeln. Man dürfe nicht den Denkfehler machen, nur Lücken zu füllen und nicht auch die generelle Armutsprävention mitzudenken, so Moser. Sie forderte auch eine Reform der Sozialhilfe, etwa dahingehend, dass die Wohnbeihilfe nicht mehr auf diese angerechnet wird.

Sozialminister Rauch gestand ein, dass man bei den Regierungsverhandlungen zur Anpassung von Sozialleistungen ein paar wichtige Punkte noch nicht ausverhandelt worden seien. Das sei zugegebenermaßen ein Handicap, so Rauch.

Großer Alleinerzieherinnen-Anteil

Der Wohnschirm war im März 2022 eingerichtet worden, um Menschen zu unterstützen, die ihre Mietschulden nicht bewältigen können. Laut Sozialminister Rauch sind damit 5.200 Menschen abgefangen worden. Ursprüngliche waren für den Wohnschirm 24 Millionen Euro eingeplant, letztlich der Betrag auf 34 Millionen aufgestockt worden.

Eine Einschätzung, wie viele Menschen Hilfe mit den Energiekosten in Anspruch nehmen wird, wollte Rauch nicht geben: „Es ist spekulativ, jetzt Einschätzungen abzugeben.“ Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger berichtete, dass besonders Alleinerzieherinnen einen großen Anteil der Hilfesuchenden ausmachen.

Schulden bis 2021 berücksichtigt

Die Unterstützung bei den Energiekosten kann nur für Hauptwohnsitze beantragt werden und nur, wenn man nachweislich ein geringes Einkommen hat. Sie wird, wie auch schon der Energiebonus, unabhängig von der Staatsbürgerschaft ausbezahlt. Rückstände können bis zum 1. Juli 2021 berücksichtigt werden, auch Schulden, die man zur Bewältigung angehäuft hat, etwa Kredite. Aber nicht bei Energiekostenrückständen, auch Vorauszahlungen kann um Hilfe gebeten werden. Es werden allerdings alle bereits bezogenen Hilfsleistungen gegengerechnet.

Zahlung direkt an Energieversorger

Die Zahlung ergeht dann direkt an den Energieversorger und nur, wenn das nicht möglich ist, an die Person, die sie beantragt hat. Es können übrigens auch Kosten für Pellets oder Holz eingereicht werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie selbst verwendet worden sind. Auf der Wohnschirm-Website werden einige grundlegende Fragen bereits beantwortet. Über ein Suchfeld findet man die nächste zuständige Beratungsstelle und kann dort einen kostenlosen Beratungstermin vereinbaren.

(pma)

Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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