Die Kinderarmut in Österreich steigt. Dabei offenbart sich ein Regierungsversagen, wie Experten ZackZack versichern.
Heimat bist du großer Töchter und Söhne, heißt es in der Bundeshymne. Doch bei mehr und mehr Kindern sind nur noch die finanziellen Probleme der Eltern groß. Denn dem Innocenti Report der UNICEF, einer Teilorganisation der Vereinten Nationen, zufolge nimmt die Kinderarmut in Österreich seit einigen Jahren zu. Nur in fünf von insgesamt 40 Ländern der Studie, die im Dezember 2023 veröffentlicht wurde, steigt die Kinderarmut noch stärker als in Österreich.
Jedes fünfte Kind gefährdet
Kinderarmut ist kein Randphänomen, sondern betrifft in Österreich jedes fünfte Kind. Dass die Zahl im Zeitraum von 2012-2014 bis 2019-2021 sogar um 5,3 Prozent zunimmt, anstatt zu sinken, hat mit schlechten sozialen Rahmenbedingungen in Österreich zu tun.
Wir haben Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) gefragt, warum die Kinderarmut gerade in Österreich zunimmt und welche Maßnahmen die Regierung dagegen geplant hat. Doch der Minister antwortete bis Ablauf der Frist nicht.
Update 13.12., 09:10.: Wir erhielten nach Veröffentlichung des Artikels nun doch eine Antwort aus dem Sozialministerium.
Man wies auf die zuletzt leicht verbesserte Situation für armutsgefährdete Kinder hin und betonte die Hilfen gegen die Teuerung, sowie Maßnahmen für Bezieher:innen von Sozialhilfe: “Bezieher:innen von Sozialhilfe und Mindestsicherung erhalten pro Kind künftig zweimal jährlich vor jedem Semesterstart Gutscheine im Wert von 150 Euro. Vergangenes Jahr wurden den Familien vor dem Schulstart im Herbst Gutscheine im Wert von 120 Euro bereitgestellt.“
“Erst vor dem Sommer wurde zudem ein Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut auf den Weg gebracht: Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe und Ausgleichszulage sowie Alleinverdiener:innen mit einem Monatseinkommen bis 2000 Euro brutto erhalten bis Ende 2024 pro Kind und Monat 60 Euro. Auch Bezieher:innen der Sozialhilfe erhalten bis Ende 2023 zusätzlich 60 Euro pro Monat. Dafür stellt die Bundesregierung insgesamt rund 500 Millionen Euro zur Verfügung.”
Regierungsversagen
Die Volkshilfe nennt Gründe für die Problematik: „Im Koalitionsabkommen hat sich die Regierung vorgenommen, Armut in Österreich zu halbieren. Von diesem Ziel sind wir weit entfernt.“ Teuerung und Krisen seien keine Ausreden, im Gegenteil: „Die Krisen der vergangenen Jahre wurden leider nicht für strukturelle armutsbekämpfende Maßnahmen genutzt, vielmehr konnten viele Konzerne ihre Gewinne ausbauen. Die Regierung scheut sich scheinbar, Probleme an der Wurzel zu packen und schüttet deshalb Steuergelder kreuz und quer aus ohne Maß und Ziel.“
Sie wies auch auf mangelnde Transferleistungen hin: Mindestsicherung, Notstand oder Sozialhilfe seien „nicht armutsfest“. Zudem würde es an ausreichend Kinderbetreuungsleistungen fehlen.
Alleinerziehende in der Armutsfalle
Besonders von Kinderarmut betroffen sind alleinerziehende Mütter, die nach Einschätzung von Experten zu wenig Unterstützung vom Staat bekommen. Sowohl die schlechtere Bezahlung von Frauen, die durch Betreuungsarbeit aufgezwungene hohe Teilzeitquote und zu niedrige Sozialleistungen sorgen dafür, dass Kinder keinen Weg aus der Armutsfalle finden. „In der schlechten Sozialhilfe jetzt werden Kinder noch ärmer als sie es schon sind, mit einem zu niedrigen Arbeitslosengeld verschärft sich die soziale Situation betroffener Kinder“, schreibt die Armutskonferenz.
Die Volkshilfe betont die katastrophale Situation, in der sich viele alleinerziehende Mütter befinden: „Besonders dramatisch ist die Situation für Alleinerziehende. Hier gab es von 2021 auf 2022 einen Anstieg der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung um fünf Prozent“, heißt es auf ZackZack-Anfrage.
Europäische Empfehlungen für eine sogenannte „Kindergarantie“ sehen den effektiven und kostenlosen Zugang zu wichtigen Betreuungsleistungen und guter Bildung vor. Bislang sind sie in Österreich noch mangelhaft ausgeprägt.
Kanzler Karl Nehammer hat jedenfalls die Lösung parat: Ein Hamburger und Pommes bei McDonalds.
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